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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Erst waren sie zornig über den Empfang, den sie im Duar gefunden hatten; dann wurden sie immer freundlicher und zutraulicher, um von mir so viel wie möglich zu erfahren, was ihnen aber natürlich nicht gelang, und zuletzt bot mir Ben Hidr die Hilfe seines ganzen Stammes an, die ich aber sehr höflich ablehnte, weil ich an die Feinde, von denen er gesprochen habe, unmöglich glauben könne. Noch am Schluß behauptete ich mit aller Bestimmtheit, daß es ganz gewiß keinen einzigen Menschen gebe, der die Absicht habe, uns hier zu belästigen oder gar zu überfallen. So sind sie also in der festen Überzeugung fortgeritten, daß wir von der Gefahr, die sich in diesen Tagen um uns zusammenziehen soll, nicht das geringste ahnen. Aber ich habe ihnen die goldene Karte des Schah-in-Schah gezeigt und sie dann noch viel Wichtigeres ahnen lassen. Nun haben sie Angst!“
    Wir unterhielten uns noch einige Zeit, besonders über Assil Ben Rih, für den er ganz begeistert war. Dann kam Schakara, um mir die Grüße des Mir Alai zu bringen. Er ließ mir sagen, er sehe nun ein, daß es nichts Herrlicheres gebe als so einen Glauben und so ein unerschütterliches Gottvertrauen, dem nichts auf Erden widerstehen könne.
    Sehr erfreulich war es mir, daß der Ustad sich über mein Befinden höchst befriedigend äußerte, doch behauptete er, mich erst Freitag, also übermorgen, aus seiner Behandlung entlassen zu können. Ich hatte mich zu fügen und tat es gern.
    Als es dunkel werden wollte, nahm ich mein Abendessen ein und sank dann dem auch in Kurdistan und Persien sehr wohlbekannten Morpheus in die Arme. Er hielt mich möglichst fest, konnte es aber doch nicht verhindern, daß ich, grad wie gestern in der Nacht einmal für kurze Zeit erwachte. Das geschah auf eine ganz eigentümliche Weise. Ich träumte nämlich nicht, und doch war es, als flüstere mir jemand leise in das Ohr, aber nicht in das äußere, sondern in das innere:
    „Wache auf! Ich komme nur für einige Augenblicke wieder, um dir etwas zu zeigen, worüber du dich herzlich freuen wirst!“
    Das hörte ich ganz deutlich. Da schlug ich die Augen auf. Die Sterne leuchteten hell. Ich schaute hinüber, wo Schakara gesessen hatte. Da kniete einer im Gebet. Er hatte die gefalteten Hände auf die Ballustrade gelegt und das Gesicht emporgehoben. Ich erkannte ihn. Ich sah sogar, daß er die Lippen bewegte. Es war der Aschyk. Ich wußte genau, daß ich wach sei, und doch hörte ich die leise Stimme in meinem Ohre weitersprechen:
    „Er betet für dich! Das ist der beste Dank, den wir in Euerm Erdenleben kennen. Schlaf wieder ein!“
    Weiter vernahm ich nichts. Die Lider wurden mir plötzlich so schwer, daß sie niedersanken. Dann wußte ich nichts mehr, weder von mir noch von sonst etwas. Man nennt das ‚Schlaf‘. Das richtige Wort hierfür hat sich erst noch zu finden!
    Dann war es, grad auch wie gestern, gegen Mittag, als ich wieder erwachte. Jetzt saß Schakara da. Sie sah mich an, nickte mir lächelnd zu und sagte:
    „Noch eine solche Nacht, Effendi, dann ist die Gefahr vollständig überstanden.“
    „Hast denn auch du dich ausgeruht?“ fragte ich.
    „Ich wollte nicht. Dschanneh wacht gern für dich. Ich saß schon hier. Da kam der Aschyk vom Glockenweg herüber. Er hatte einiges für dich aufgeschrieben und wollte es dir in das Zimmer legen. Er bat so nachhaltig und so rührend, meine Stelle hier einnehmen zu dürfen, daß ich es ihm erlaubte. Bist du mir bös darüber?“
    „O nein! Ich wachte auf und sah ihn beten. Dann schlief ich sogleich wieder ein.“
    „Und ich kam gegen Morgen wieder, als er fort mußte. Da sagte er mir, daß er für dich gebetet habe. Es sei dann ein Gefühl des Glücks über ihn gekommen, wie fast noch nie in seinem ganzen Leben.“
    „Wo ist das, was er für mich aufgeschrieben hat?“
    „Ich trug es dem Ustad hinunter, weil du mit solchen Dingen jetzt noch nicht behelligt werden sollst. Horch! Was ist das für ein Rufen im Hof? Es kommt jemand, den man begrüßt.“
    Sie stand auf und schaute hinab.
    „Kara Ben Halef!“ fuhr sie fort. „Aber der Reitknecht des Mirza ist nicht bei ihm, sondern ein anderer. Man sieht ihm an, daß er kein Diener, sondern ein Herr ist, und zwar ein vornehmer. Kara ist stehend abgesprungen; das andere Hedschihn aber muß sich legen, damit der Fremde bequem herunter kann. Jetzt kommt der Ustad. Er staunt, doch ist sein Erstaunen ein freudiges. Sie kennen einander. Ihre Begrüßung ist eine herzliche. Jetzt

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