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23 Lügen, die sie uns über den Kapitalismus erzählen (German Edition)

23 Lügen, die sie uns über den Kapitalismus erzählen (German Edition)

Titel: 23 Lügen, die sie uns über den Kapitalismus erzählen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ha-Joon Chang
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indirekter Beweis für diese These. Darüber hinaus taten sich in den Sechzigern und Siebzigern nicht einmal die afrikanischen Länder selbst sonderlich schwer mit ihrem Wirtschaftswachstum. Und das, obwohl die oben beschriebenen Bedingungen dort häufig noch wesentlich ausgeprägter waren. Die jüngste Stagnation der afrikanischen Wirtschaft hat in erster Linie politische Ursachen. Schuld ist ebenjene Politik zugunsten eines freien Marktes, die dem Kontinent durch die Strukturanpassungsprogramme aufgezwungen wurde. Natur und Geschichte verdammen ein Land nicht zu einer bestimmten Zukunft. Wenn die Politik die Wurzel allen Übels ist, dann lässt sich diese Zukunft sogar noch leichter gestalten. Die Tatsache, dass wir all das übersehen haben, ist die wahre Tragödie Afrikas – und nicht irgendwelche chronischen Störungen des Wirtschaftswachstums.

Zwölf: Regierungen können auf Gewinner setzen.

Was sie uns erzählen

    Regierungen verfügen nicht über das notwendige Wissen und die Expertise, um fundierte wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen und bestimmte Gruppierungen zu Gewinnern einer gezielten Wirtschaftspolitik zu machen. Die Entscheidungsträger innerhalb einer Regierung sorgen allenfalls dafür, dass es ein paar spektakuläre Verlierer gibt – immer vorausgesetzt, dass sie mehr durch Machthunger als durch Profitgier motiviert sind und die finanziellen Konsequenzen ihrer Entscheidungen nicht selbst zu tragen haben. Insbesondere wenn eine Regierung versucht, den Gesetzen des Marktes zuwiderzuhandeln, und Industrien fördert, die Ressourcen und Kapazitäten eines Landes weit überschreiten, sind die Ergebnisse meist katastrophal. Dies beweisen nicht zuletzt die zahlreichen Fehlinvestitionen in der Entwicklungshilfe.

Was sie uns verschweigen

    Regierungen können potenzielle Gewinner sehr wohl erkennen, und das bisweilen sogar erstaunlich gut. Wenn wir mit offenen Augen durch die Welt gehen, finden sich überall Beispiele dafür, wie Regierungen erfolgreich Gewinner hervorbringen. Das Argument, wirtschaftspolitische Regierungsentscheidungen seien zwangsläufig schlechter als entsprechende Entscheidungen der Industrie selbst, ist ungerechtfertigt. Ein größeres Detailwissen ist noch lange keine Garantie für bessere Entscheidungen. Tatsächlich kann es eine Entscheidung sogar erschweren, wenn man sich selbst »mitten im Getümmel« befindet. Außerdem verfügt eine Regierung immer über Mittel und Wege, sich umfassende Informationen zu beschaffen und die Qualität ihrer Entscheidungen zu verbessern. Zudem müssen Entscheidungen, die für einzelne Industriezweige gut sind, nicht unbedingt auch für die nationale Volkswirtschaft als Ganzes gut sein. Deshalb kann es für die Gesamtwirtschaft eines Landes zuträglich sein, wenn die Regierung entgegen den Signalen des Marktes bestimmte Wirtschaftszweige bevorzugt, vor allem wenn dies in enger (aber nicht zu enger) Zusammenarbeit mit dem privaten Sektor geschieht.

Die schlechteste Geschäftsidee der Welt

    Eugene Black, der am längsten amtierende Präsident in der Geschichte der Weltbank (1949 bis 1963), soll die Entwicklungsländer kritisiert haben, auf drei »Totems« fixiert zu sein: die Schnellstraße, die Stahlproduktion und das Denkmal des Staatschefs.
    Mr. Blacks Bemerkung mag hinsichtlich des Denkmals ein wenig unfair gewesen sein (viele politische Führer in den Entwicklungsländern betrieben zu dieser Zeit noch keinen Personenkult). Zu Recht Sorge bereitete ihm jedoch die damals weitverbreitete Tendenz, ungeachtet der wirtschaftlichen Notwendigkeit vor allem Prestigeobjekten den Vorzug zu geben. Viel zu viele Entwicklungsländer bauten damals ihr Fernstraßennetz und ihre Stahlproduktion aus. Die Straßen blieben jedoch leer, und die Stahlwerke überlebten nur durch staatliche Subventionen und hohe Einfuhrzölle. Während dieser Zeit wurden Begriffe wie »Weißer Elefant« und »Schloss in der Wüste« erfunden, um solche Projekte zu beschreiben.
    Das haarsträubendste all dieser potenziellen Wüstenschlösser aber war der Plan für ein Stahlwerk, den Südkorea 1965 ausbrütete.
    Damals war Korea eines der ärmsten Länder der Welt, dessen Wirtschaft sich vornehmlich auf Exporte von Ressourcen wie Fisch und Wolframerz oder arbeitsintensiven Industrieerzeugnissen (etwa Echthaarperücken oder billigen Textilien) stützte. Nach der herrschenden internationalen Wirtschaftslehre, der »Theorie des komparativen Kostenvorteils«, sollte ein Land wie

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