23 Uhr, York Avenue
daß der Chef mich bat, 'ne Nachtschicht zu machen. Ich bin Bäckermeister, und ich arbeite in der Bäckerei Leibnitz in der East End Avenue eins-neun-sieben-vier-null. Das ist an der Ecke Einhundertfünfzehnte Straße. Meine Frau erwartete ihr Siebentes, und meine zweitjüngste Tochter… für die lag 'ne fette Zahnarztrechnung hinterm Spiegel. Also hab' ich das Geld gebraucht, Sie verstehen, und so hab' ich gesagt, daß ich arbeiten will. Die Gewerkschaft sagt, wir kriegen dreifachen Lohn, wenn wir an 'nem Feiertag Nachtschicht machen, und der Chef hatte außerdem noch gesagt, er würd' mir 'nen Extrazwanziger zustecken. Deshalb hab' ich also von vier Uhr nachmittag am einunddreißigsten August bis vier Uhr früh am nächsten Tag gearbeitet.
Autor: Sie sind Bäckermeister, sagen Sie. Was backen Sie denn?
Zeuge: Hörnchen, Brötchen, Zwiebelkuchen - so Sachen eben.
Autor: Und was taten Sie, als Sie am ersten September um vier Uhr früh mit der Arbeit aufhörten?
Zeuge: Ich wusch mich und zog meine Straßenkleider an. Im Umkleideraum hab' ich noch schnell 'n Bier mit den Jungs getrunken. Zu der Zeit hat keine Kneipe mehr auf, wissen Sie, aber wir haben 'nen Kühlschrank, und da ist immer Bier drin. Im Umkleideraum. Pro Kopf und Nase zahlen wir jeder 'nen wöchentlichen Dollar in den Biertopf. Der Chef weiß davon, aber das macht ihm nichts aus, solang sich niemand einen andudelt. Und das tut keiner. Wir trinken nur ein, zwei Bier, bevor wir nach Haus losziehen. Um uns 'n bißchen zu entspannen oder so. Sie verstehen? Also trank ich damals noch schnell 'n Bier und stieg in meinen Wagen und schaffte mich über die East End Avenue nach dem Süden. Meistens fahr' ich durch die Erste Avenue, wenn ich 'rauf in die Stadt zur Arbeit will, und dann durch die East End, wenn ich nach der Arbeit 'runterfahr'.
Autor: Und was geschah am Morgen des ersten September um annähernd fünf Uhr?
Zeuge: Ich hielt an der Ecke Vierundsiebzigste Straße vor 'ner roten Ampel an. Ich wollt' mir 'ne Zigarre anzünden. Dann ging plötzlich die Tür auf der Beifahrerseite auf, und so 'n Kerl stand da. Er hatte 'ne Kanone, und die Kanone zeigte genau auf mich. Die Kanone hielt er in der rechten Hand, und den linken Arm hatte er so quer vor sich hin, als würd' er sich den Bauch halten.
Autor: Können Sie diesen Mann beschreiben?
Zeuge: Vielleicht eins achtzig groß. Mager. Keinen Hut. Seine Haare waren kurz - wie 'ne Soldatenfrisur. Scharfe Gesichtszüge. Sah niederträchtig drein. Verstehen Sie?
Autor: Wie war er gekleidet?
Zeuge: In der Hauptsache schwarz, 'ne schwarze Jacke, 'nen schwarzen Rollkragenpullover, schwarze Hosen, schwarze Schuhe. Aber 's war 'n weißer Mann. Sie verstehen?
Autor: Und er öffnete die vordere Tür, die Tür neben dem Beifahrersitz, und richtete eine Schußwaffe auf Sie?
Zeuge: Genau.
Autor: Das geschah an der Kreuzung Vierundsiebzigste Straße und East End Avenue, während Sie vor einer Ampel hielten?
Zeuge: Genau. Ich war eben dabei, mir 'ne Zigarre anzuzünden.
Autor: Und worin bestand Ihre Reaktion?
Zeuge: Meine Reaktion? Na, ich hielt das Ganze augenblicklich für 'nen Raubüberfall. Wieso reißt sonst wohl so 'n Knabe die Tür von meinem Wagen auf und hält mir 'ne Knarre unter die Nase?
Autor: Und wie haben Sie reagiert?
Zeuge: Wie hab' ich wohl reagiert? Mir war speiübel. Ich hatte eben mein Geld gekriegt. Mit dem dreifachen Lohn und der Zulage vom Chef hatte ich beinah vierhundert Piepen eingesteckt. Ich hatte den Kies bitter nötig. Der war ja schon ausgegeben. Und ich dachte, dieser Kerl würd' mir 'n wegnehmen.
Autor: Hätten Sie ihm das Geld gegeben? Wenn er danach verlangt hätte?
Zeuge: Na klar hätt' ich's ihm gegeben. Was sonst?
Autor: Aber er wollte Ihr Geld nicht haben?
Zeuge: Nein. Er stieg ein, setzte sich neben mich und rammte mir die Kanone in die Rippen. Mit seiner linken Hand knallte er die Tür auf seiner Seite zu, und dann legte er sie wieder über seinen Bauch oder Magen oder sonstwas.
Autor: Was hat er gesagt?
Zeuge: Er hat gesagt: »Wenn's grün wird, fährst du einfach weiter nach Süden - so, wie du ohnehin gefahren bist. Fahr nicht zu schnell und bleib vor den roten Ampeln schön brav stehen. Ich sag dir dann, wo du abbiegen sollst.« Das hat er gesagt.
Autor: Und was sagten Sie darauf?
Zeuge: Ich hab' gesagt: »Sie wollen mein Geld? Sie wollen meinen Wagen? Nehmen Sie sich beides und lassen Sie mich laufen.« Und er sagte: »Nein, du mußt fahren. Ich kann
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