Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
23 Uhr, York Avenue

23 Uhr, York Avenue

Titel: 23 Uhr, York Avenue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
Vom Netzwerk:
sollt' dahier.
    Gimhle: Wer, Parelli? Wer hat's getan?
    Parelli: Ein Vogel singt mit gleichen Schwingen, das Mädchen selber soll nie singen.
    Nathan: Schwester?
    Paget: Kein Puls.
    Nathan: Brisling?
    [Pause von neun Sekunden.]
    Nathan: Er ist tot.
    Lefferts: Scheiße.

92
    1. September 1968, ungefähr 5.45 Uhr. Wohnung der Ingrid Macht, Vierundzwanzigste Straße West 627, New York. Tonband SEC-1 Sep 68-IM-5.45 AM-196L.
    [Eine Türglocke schellt.]
    [Pause von elf Sekunden.]
    [Eine Türglocke schellt.]
    [Pause von acht Sekunden.]
    Ingrid: Ja?
    Anderson: Duke.
    Ingrid: Duke, ich schlafe. Ich bin sehr müde. Du kannst mich heut' ja besuchen, aber bitte später.
    Anderson: Soll ich das Türschloß abschießen?
    Ingrid: Was? Was sagst du da, Duke?
    [Pause von sechs Sekunden.]
    Ingrid: Oh, mein Gott.
    Anderson: Jawohl. Mach die Tür zu und schließ ab. Häng die Kette vor. Sind die Jalousien unten?
    Ingrid: Ja.
    Anderson: Hol mir was - 'n paar Handtücher. Ich möcht' dir deinen weißen Teppich nicht bekleckern.
    Ingrid: Och, Schatzi, Schatzi…
    [Pause von neun Sekunden.]
    Ingrid: Mein Gott, das viele Blut. Du bist ja ganz klitschnaß. Hier… laß mich …
    Anderson: Nicht mehr so schlimm. Jetzt ist's tief drinnen …
    Ingrid: Kanone oder Messer?
    Anderson: Kanone.
    Ingrid: Wie viele?
    Anderson: Zwei. Eine sitzt hoch oben, genau unter meinem Brustbein. Die andere hat mich da unten erwischt, auf der Seite.
    Ingrid: Sind sie 'rausgekommen?
    Anderson: Was? Die Kugeln? Nein, glaub' ich nicht.
    Kognak. Hol' mir Kognak oder Brandy.
    Ingrid: Ja… warte, ich helf dir auf den Stuhl. So ist's recht. Beweg dich nicht.
    [Pause von vierzehn Sekunden.]
    Ingrid: Hier. Soll ich das Glas halten?
    Anderson: Ich schaff's schon. Ah … Jesus… das tut gut.
    Ingrid: Ist es sehr schlimm?
    Anderson: Erst war's schlimm. Ich wollt' schreien. Jetzt ist's nur mehr 'n dumpfer Schmerz. Da drin ist alles so groß und so schwarz, so weit. Ich blute da drin. Ich spür', wie alles 'rausfließt, 'raus aus mir… sich ausbreitet…
    Ingrid: Ich kenn' einen Arzt…
    Anderson: Vergiß ihn. Sinnlos. Ich werd' 'rausgeholt…
    Ingrid: Und da mußtest du hierherkommen…
    Anderson: Ja. Ah… Gott! Ja, wie 'nräudiger Hund, der sich daherschleppt, um daheim zu verrecken.
    Ingrid: Du mußtest hierherkommen. Warum? Um mir heimzuzahlen, was ich dir mal getan hab'?
    Anderson: Was du mir angetan hast? Oh. Nein, das hab' ich schon längst vergessen. Das war nichts.
    Ingrid: Aber du mußtest ausgerechnet zu mir kommen …
    Anderson: Ja. Ich bin gekommen, um dich zu töten. Gesehen, was ich einstecken hab'? Hier… sieh mal… zwei sind noch übrig. Ich hab' dir ja gesagt, eines Tages werd' ich dich 'rausholen. Ich hab' dir's versprochen…
    Ingrid: Duke, du redest wirres Zeug.
    Anderson: Oh, ja. Oh, ja. Wenn ich sag'… Ah, Jesus … die Schwärze da drin… Ich kann den Wind hören.
    Möchtest du schreien? Möchtest du ins andere Zimmer laufen, vielleicht sogar aus 'm Fenster springen?
    Ingrid: Och, Schatzi, Schatzi… du müßtest mich besser kennen…
    Anderson:
    Ja, ich kenn' dich besser… ich weiß, das würd'st du nie tun…
    Ingrid: Ist es jetzt schlimmer?
    Anderson: Es kommt in Wellen, in großen schwarzen Wellen, 's ist wie das Meer. Ah… ich komm' wirklich 'raus, ich komm' 'raus. Ich werd 'rausgeholt. Jesus…
    Ingrid: Alles ist schiefgegangen?
    Anderson: Ja. Wir waren so nah… so nah dran. Aber 's ging verschütt. Ich weiß nicht warum… Aber 'ne Minute lang, 'ne Minute lang da drüben, da hatte ich's. Ich hatte alles.
    Ingrid: Ja. Du hattest alles… Duke, ich hab' ein paar Drogen hier. Auch Heroin. Möchtest du eine Injektion? Dann hast du's leichter.
    Anderson: Nein. Nein, damit werd' ich schon fertig. Es ist nicht so schlimm.
    Ingrid: Gib mir die Kanone, Schatzi.
    Anderson: Ich mein' das ernst, was ich vorhin gesagt hab'.
    Ingrid: Was wird dadurch anders? Wem soll das was nützen?
    Anderson: Ich hab's versprochen. Ich hab' dir mein Wort gegeben. Ich hab' dir versprochen, dich …
    [Pause von sieben Sekunden.]
    Ingrid: Einverstanden. Wenn du das tun mußt. Für mich ist ohnehin alles vorüber. Selbst wenn du schon in der nächsten Sekunde sterben würdest - für mich ist alles vorüber, so oder so.
    Anderson: Wenn ich sterbe? Ist das dann mein Ende? Und nachher kommt nichts mehr?
    Ingrid: Nein, nichts mehr. Das Ende von John Anderson. Und nachher kommt nichts mehr. Und das Ende von Ingrid Macht. Und von Gertrude Heller. Und von Bertha Knobel. Und

Weitere Kostenlose Bücher