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230 - Gilam'esh'gad

230 - Gilam'esh'gad

Titel: 230 - Gilam'esh'gad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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misstrauen? Wäre es besser gewesen, ihn zu töten, als es noch eine Gelegenheit dazu gab?
    Quart’ol hörte das unruhige Wispern seiner Gefährten, als der Wächter zur Tür schwamm und dort einen versteckten Öffnungsmechanismus berührte. Den Korallenhebel ließ er unberührt. Pozai’don verharrte neben der offenen Tür und machte eine einladende Handbewegung. »Es wird nicht lange dauern«, sagte er.
    Widerstrebend folgten die drei seiner fragwürdigen Einladung. Wenigstens war der Raum hinter der Tür leer und besaß einen glatten Steinboden, aus dem nicht plötzlich irgendwelche Bösartigkeiten schießen würden. Trotzdem hatte Quart’ol ein übles Gefühl, als er an Pozai’don vorbei glitt. Er drehte sich um, kaum dass er im Raum war. Pozai’don langte gerade an den Öffnungsmechanismus. Schon bewegte sich die schwere Steintür, ließ die Sternenlichter des Tempels Reihe um Reihe erlöschen.
    Quart’ol hatte das Gefühl, in einem Grab zu sein. »Sag mir wenigstens, was das für ein Raum ist!«, rief er verzweifelt.
    »Das?« Ein Lachen hallte durch den letzten, sich schließenden Türspalt. »Das ist die Kammer der Macht!«
    ***
    Das Wasser musste siedend heiß sein: Es verschwamm vor Matts Augen. Noch hielt der bionetische Tauchanzug der Hitze stand. Bei dem Gedanken, dass auch Hummer unter ihrer harten Schale es anfangs nicht merkten, dass sie gekocht wurden, brach Matthew zusätzlicher Schweiß aus: Dicke Tropfen perlten über seine Stirn. Er pustete sie verzweifelt beiseite. Er wollte nicht, dass sie in seine Augen liefen und seine ohnehin schon schlechte Sicht noch mehr behinderten. Ein Adrenalinstoß nach dem anderen brachte sein Blut in Wallung. Stand er vielleicht schon an der Schwelle zum Klimakterium?
    Matt wagte nicht zu spekulieren, wie lange sein Kreislauf das momentane »Klima« aushielt. Die Temperaturanzeige für das Innere des Anzugs stand nun auf achtunddreißig Grad. Tendenz: steigend. Er musste den Schalter finden und auf dem schnellsten Weg die Rückreise antreten. Hoffentlich klappte er unterwegs nicht zusammen.
    Keiner der Hydriten war je so weit gekommen wie er. Ihre Knochen und Rüstungsteile lagen im Umkreis von höchstens zehn Schritten um den Aufzug verteilt; von ihrem verkochten Fleisch war längst nichts mehr zu sehen.
    Matt versuchte die Dimensionen des Raumes abzuschätzen, in dem er sich befand. Es war zwecklos. Die Beschaffenheit des Wassers ließ es nicht zu. Zu seinem Glück brauchte er sich aber nicht lange an der Wand entlang zu bewegen: Auch die Erbauer der Anlage waren davon ausgegangen, dass der Notschalter für den Ingenieur, dem die Aufgabe zufiel, ihn zu betätigen, schnell erreichbar sein musste.
    Keine Minute später schrammte Matts Schulter an einer kupferfarbenen bionetischen Schalttafel von der Größe eines Gullydeckels entlang. Da die Wasserhitze jeden Parasiten- und Mikrobenbefall verhinderte, sah sie wie neu aus. Die Schriftzeichen waren so deutlich lesbar.
    Die Beschriftung für den Griff in der Mitte der Tafel war denkbar einfach: AN und AUS. Er stand auf »Aus«. Matt zerrte daran, wollte ihn nach oben drücken, aber er rührte sich nicht. Fast wäre der Mann aus der Vergangenheit in Panik verfallen – als er den grünen Knopf daneben bemerkte. Nachdem er den gedrückt hatte, ließ sich der Hebel plötzlich ganz leicht umlegen. Ein ganzer Lichterkranz bionetischer Lämpchen brachte die Schalttafel zum Strahlen.
    Matt ließ los – und der Griff schnappte wieder nach unten. Die Lampen erloschen.
    Was zum Teufel…? Wieder drückte er den Knopf und legte den Hebel um – und wieder blieb der nicht in dieser Stellung. Es braucht drei Anläufe, bis Matt begriff, dass er den grünen Knopf gedrückt halten musste, bis die Sperre einrastete. Eine Art Sicherung! Vermutlich hatte damals niemand die Anlage bewusst stillgelegt; sie hatte sich bei einer Störung von selbst abgeschaltet, und es war niemand mehr da gewesen, um sie zu reaktivieren.
    Das dumpfe Geräusch, das nun aus der Tiefe der Wand drang, war laut genug, um das wütende Brausen in Matts Hirn zu übertönen. Da läuft etwas an…
    Matts Augen glühten wie im Fieber. Ein Blick auf die Innenanzeige: dreiundvierzig Grad Celsius, bei einer Wassertemperatur von knapp unter achtzig Grad! »Jetzt aber raus hier, Commander Drax«, murmelte er, »bevor du dich in ein Brühwürstchen verwandelst.«
    Er eilte zum Lift zurück, doch es schien ihm, als würde er sich nur noch im Zeitlupentempo bewegen.

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