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2312

2312

Titel: 2312 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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von den außerirdischen Mikroben oder nur von dem Gedanken daran? Es ließ sich nicht feststellen. Was geschehen war, war geschehen, er konnte es nicht ändern. »Wenn ich mich richtig erinnere«, sagte er, »dann gilt die enceladanische Suite als nicht besonders ansteckend?«
    »Da hast du recht. Aber sie wird durch Körperflüssigkeiten übertragen. Man muss sie ins Blut bekommen, glaube ich. Obwohl ich meine Dosis getrunken habe. Vielleicht reicht es, wenn es in den Verdauungstrakt kommt. Stimmt. Deshalb zerbrechen sich die Leute so sehr den Kopf darüber. Also …«
    »Ich werde schon damit fertig«, sagte Wahram. Er trug sie eine Weile, in dem Bewusstsein, dass sie seine Miene genau musterte. Wenn er danach ging, was er beim Rasieren im Spiegel sah, gab es dort wahrscheinlich nicht viel zu entdecken.
    Ohne es zu wollen, sagte er: »Du hast einige seltsame Dinge mit dir veranstaltet.«
    Sie verzog das Gesicht und schaute weg. »Andere Leute moralisch zu verurteilen ist eigentlich nie besonders höflich, findest du nicht?«
    »Ja, da hast du natürlich recht. Wobei mir auffällt, dass wir genau das die ganze Zeit tun. Aber ich meinte auch nur, dass es seltsam ist. Das war gar nicht verurteilend gemeint.«
    »Ja, klar. Es ist ja so gut, seltsam zu sein.«
    »Ist es das nicht? Wir sind alle seltsam.«
    Erneut drehte sie den Kopf, um ihn anzusehen. »Ich weiß, dass ich es bin. In vielerlei Hinsicht. Ich vermute, du hast gesehen, in welcher noch.« Sie warf einen Blick in ihren Schoß.
    »Ja«, sagte Wahram. »Obwohl es nicht das ist, was dich seltsam macht.«
    Sie lachte kraftlos.
    »Hast du Kinder gezeugt?«, fragte er.
    »Ja. Das hältst du wahrscheinlich auch für seltsam.«
    »Ja«, antwortete er ernst. »Obwohl ich selbst androgyn bin und einmal ein Kind zur Welt gebracht habe. Das ist in meinen Augen eine sehr seltsame Erfahrung, egal, wie man dazu kommt.«
    Sie legte den Kopf in den Nacken, um ihn besser betrachten zu können. Offenbar war sie erstaunt. »Das wusste ich nicht.«
    »Es war ja auch nicht wirklich wichtig für den Augenblick«, sagte Wahram. »Du weißt schon, es gehört der Vergangenheit an. Wie dem auch sei, ich habe den Eindruck, dass die meisten Raumer ab einem gewissen Alter praktisch alles ausprobiert haben, findest du nicht auch?«
    »Wahrscheinlich. Wie alt bist du?«
    »Ich bin hundertundelf, danke. Und du?«
    »Hundertfünfunddreißig.«
    »Hübsch.«
    Sie verlagerte ihr Gewicht in seinen Armen und bedrohte ihn spielerisch mit erhobener Faust. Er schlug zurück, indem er sagte: »Meinst du, du kannst jetzt wieder laufen?«
    »Vielleicht. Ich versuche es mal.«
    Er setzte sie mit den Füßen auf den Boden und richtete sie auf. Sie lehnte sich gegen ihn. Eine Weile hielt sie sich an seinem Arm fest und humpelte vorwärts, dann straffte sie sich und ging langsam alleine weiter.
    »Wir müssen nicht laufen, weißt du«, sagte er. »Ich meine, wir können bis zur nächsten Station gehen und dort warten.«
    »Warten wir ab, wie es mir geht. Das können wir entscheiden, wenn wir dort ankommen.«
    Wahram sagte: »Meinst du, dass du von der Sonne krank bist? Weil ich nämlich sagen muss, dass mir die Gelenke dafür, dass wir uns hier in M-Schwerkraft aufhalten, ziemlich wehtun.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Wir haben eine Ladung abbekommen, die stark genug war, um unsere Funkgeräte zu grillen. Pauline sagt, dass es dafür zehn Sievert braucht.«
    »Puh.« Der LD-50-Wert lag bei etwa dreißig, erinnerte er sich. »Mein Armpad hätte sich gemeldet, wenn ich so viel abbekommen hätte. Ich habe darauf geschaut und war nur bei drei. Aber du hast mich gedeckt, während wir auf den Aufzug gewartet haben.«
    »Na ja, wir mussten ja nicht beide die volle Ladung abbekommen.«
    »Das stimmt wohl. Aber wir hätten uns abwechseln können.«
    »Du wusstest nichts über die Eruption. Wie hoch liegt dein bisheriger Gesamtwert?«
    »Bei etwa zweihundert«, antwortete er. Angesichts der langen Aufenthalte im All waren sie alle von der DNA-Reparatur durch die Langlebigkeitsbehandlungen abhängig.
    »Nicht übel«, sagte sie. »Ich bin bei fünf.« Sie seufzte. »Vielleicht war’s das. Oder vielleicht hat es nur die Bakterien in meinen Eingeweiden umgebracht. Ich glaube, das ist es, was passiert ist. Ich hoffe es. Obwohl ich auch Haarausfall habe.«
    »Meine Gelenke tun mir wahrscheinlich nur von dem ganzen Gelaufe weh«, bemerkte Wahram.
    »Kann sein. Was machst du als Training?«
    »Ich gehe

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