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2319 - Die Siedler von Vulgata

Titel: 2319 - Die Siedler von Vulgata Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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glauben."
    Murielle stieg neben ihm den Weg zum Felsplateau hinauf. Ich könnte mich daran gewöhnen, dachte er. Vor Scham schoss ihm das Blut in die Wangen. Er schämte sich sogar, Murielle in seine Hütte zu führen. Eine Menge Leute sahen dabei zu.
    Er wollte besser nicht wissen, was sie darüber dachten.
    Rasch schloss er die Tür hinter ihr und öffnete die Klappen der Phosphorsteine.
    Die Steine tauchten den Raum in grünes Licht.
    Der Schakrakei beäugte misstrauisch die Besucherin. Er legte den Kopf schief und ging ein paar Schritte auf seiner Stange.
    „Einen Schakrakei hast du dir gefangen?
    Du führst beinahe ein Leben wie unten in der Siedlung, was?"
    „Eigenhändig gezähmt habe ich ihn. Mit Brotkrumen. Ich bringe ihm die alten Lieder bei, die traditionellen. Nach allem, was ich aus der Heiligen Schrift erfahre, könnten sie noch von unserer Zeit auf Terra stammen. Einige haben Worte, die nur aus dem Buch stammen können."
    „So?" Sie trat an die Sense heran, die an der Wand hing, und fuhr mit dem Finger über ihre Klinge. „Mutig von dir, das Ding über das Bett zu hängen. Hast du keine Angst, dass es in der Nacht herunterfällt und dich köpft?"
    Da musste Arrick grinsen. „Die Klinge hängt am Fußende. Schlimmstenfalls werde ich also ein Krüppel. Und schau dir die anderen Wände an: Es war nirgends mehr Platz. Irgendwo müssen ja auch die Regalbretter für das Geschirr hin. Von einem Krug erschlagen zu werden ist sicher nicht besser."
    „Wo hast du das Buch?"
    Seltsamerweise reizte es ihn, ihr das Versteck zu zeigen. Eine Dummheit!, schalt er sich, und doch öffnete er vor ihren Augen die Bodenklappe unter dem Bett und zog das Buch hervor.
    Vorsichtig nahm sie es aus seinen Händen.
    Sie setzte sich auf das Bett und schlug das Buch auf.
     
    *
     
    Erst stand er. Dann, nach einer Weile, setzte er sich an den Tisch. Er konnte den Blick nicht von ihr lassen, wie sie dasaß und las. Manchmal zuckten ihre Brauen, wenn sie etwas nicht recht verstand. Ihn, Arrick, hatte sie offenbar völlig vergessen.
    Sie war versunken in dieses Buch.
    Die Schöne mit den weichen Gesichtszügen. Wie konnte sich hinter einem solchen Gesicht eine so willensstarke Frau verbergen?
    Sie blätterte. Dann kratzte sie über eine Ecke am hinteren Einband. Etwas riss entzwei. „Was machst du da?" Er sprang auf.
    Eine Folie hob sie heraus. „Schau mal, das war in einer Tasche im Buchdeckel verborgen. Was ist das?"
    Er nahm ihr die Folie weg. Eine Zeichnung war darauf abgebildet, es sah aus wie ein Haus mit einem Turm, aber überall standen Zahlen an den Wänden und seltsame Begriffe, die er nicht verstand. Oben auf dem Turmdach ragte ein Kreuz in den Himmel. Ein Kreuz, das Symbol der Christen! „Kirche", stand unter dem Bild.
    Und: „500 Personen."
    „Also?", fragte Murielle. „Ich glaube, die Siedler von Vulgata waren ursprünglich ganz anders, als ich immer gedacht habe. Sie wollten ein Haus für Gott bauen. Dies hier ist der Plan dafür."
    „Und was steht da auf der Rückseite?" Sie zeigte auf die Folie.
    Er drehte sie um und las: Denn zu dir hin hast du uns geschaffen, und unruhig ist unser Herz, bis es ruhet in dir.
    Augustinus, Bekenntnisse, Erstes Buch, 1.
    Kapitel „Das ist ein Auftrag Gottes, Murielle. Ich glaube, wir sollen diese >Kirche< bauen."
    Eine Welle von Begeisterung durchspülte ihn, am liebsten wollte er gleich hinausstürzen und mit der Arbeit beginnen. „Sie könnte den Geächteten helfen, Frieden und Kraft zu finden. Wir werden Gottesdienste darin abhalten, die an unseren Schöpfer erinnern! Stell dir vor, ein Gebäude auf Vanderbeyten, das nach einem terranischen, uralten Plan gebaut ist!
    Vielleicht gibt es noch mehr dieser >Kirchen<, überall im Universum verstreut?"
    Murielle trat an ihn heran. So nah bei ihr zu stehen raubte ihm die Sinne. Was wollte sie? Waren das Tränen, die ihr über das Gesicht liefen? Warum weinte sie? „Arrick", sagte sie, „du bist so ... klar, du weißt so genau, was du tun musst! Kein Mann Vulgatas ist mutig wie du, keiner sieht so weit in die Zukunft."
    „Was macht dich daran traurig?"
    „Ich weiß, es wird meinem Vater das Herz brechen. Aber ich kann nicht warten, bis er stirbt. Ich möchte bei dir sein." Mit offenen Augen näherte sie sich seinem Gesicht, immer näher kam sie ihm, bis sich fast ihre Münder berührten, bis ...
    Arrick schluckte. Er spürte ihre Lippen auf seinen. Die Knie wurden ihm weich, und es war, als drehe sich alles in seinem Bauch.

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