234 - Das Drachennest
Ek’ba mit drei weiteren Kriegern steuerten sie. Schon sank sie dem Seegrasfeld entgegen, um die dort verborgene vierte Feindqualle anzugreifen. Im selben Moment zuckte ihr ein greller Blitz aus den hohen, wogenden Halmen entgegen. Kor’nak sah entsetzt, wie die Jagdqualle sich zusammenzog und im Seegras niederging.
Er zischte und grunzte vor Wut, vergaß aber nicht seinen Kampffisch hinter Pan’eks Qualle zu lenken. Seine Krieger winkte er hinter sich her. Pan’ek in ihrem Inneren begriff sofort, dass seine Qualle dem Rottenmeister Deckung bot – er gab seinen scheinbaren Rückzug auf und ging auf Konfrontationskurs zu den beiden feindlichen Großquallen. Kor’naks Rotte drängte sich auf ihren vier Soord’finnen dicht dahinter.
Wieder zuckten Blitze durch das Meer und tauchten Pan’eks Qualle und die Kampfrotte hinter ihr in weißliches Licht. Das bionetische Quallengewebe unter Muscheln, Plankton und Seetang krampfte sich zusammen. Das Wasser perlte plötzlich und war auf einmal so warm, dass Kor’nak erschrocken die Kiemendeckel schloss und den Scheitelflossenkamm einzog. »Wir müssen diesen verdammten Blitzer unschädlich machen!«, kreischte hinter ihm Mag’uz. »Wir müssen sie erledigen, bevor sie uns erledigen!«
Kor’nak presste die Knie hinter die Kiemen seines Soord’finns und lenkte ihn steil nach unten dem Meeresboden entgegen. »Mir nach!«, brüllte er und duckte sich tief über den spitzen Schädel des Schwertfisches. Er spürte, wie Mag’uz sich an ihn klammerte und halb auf ihn legte. Unter der gelähmten Jagdqualle hinweg und dicht am Meeresboden stieß der Kampffisch den beiden Angreifern entgegen; die anderen drei Soord’finnen und ihre Reiter folgten. Die Bauch- und Schwanzflossen der riesigen Fische wühlten den Grund auf.
Zweihundert Längen nur trennten sie noch von den Quallen der Pflanzenkauer, doch die Distanz schrumpfte rasch, denn torpedoschnell glitten die vier Kampffische und ihre acht Reiter dahin. Ein wachsender Schleier aus Luftbläschen, schäumendem Wasser und aufgewirbeltem Sand hüllte die Kampfrotte ein. Eine Salve aus grellen Blitzen zuckte über den oberen Rand dieses Schleiers hinweg.
»Sie dürfen sich nicht auf uns einschießen!« Kor’nak brüllte, zog zugleich scharf an den Zügeln seines Kampffisches. Der riss seinen Rachen mit dem langen scharfen Knochenschwert hoch und schoss aus der Schaum-, Luft- und Sandwolke. Alle vier Soord’finnen glitten in einer steilen Parabel nach oben. Unter ihnen fuhren weiße Blitze in die Wolke, die sie bisher getarnt hatte.
Im nächsten Moment lagen die beiden angreifenden Quallen der Pflanzenkauer keine vierzig Längen mehr unter Kor’naks Rotte. Der Rottenmeister brüllte den nächsten Befehl: Alle vier Kampffische erreichten den Scheitelpunkt ihres rasenden Aufstiegs; alle senkten sie ihr scharf gezahntes Schwert und stießen auf die beiden weiß-grauen Großquallen hinab – je vier Mar’oskrieger mit je zwei Soord’finnen griffen eine feindliche Qualle an.
Nach zwanzig Längen entdeckte Kor’nak eine perlmuttfarbene Spirale von der Stärke eines Armes an der Außenhaut der Qualle, auf die sein Schwertfisch niederstieß. Sie ragte eine Flossenkamm-Höhe aus dem bionetischen Gewebe. »Ein großer Blitzstab!«, zischte er. Die Qualle drehte sich behäbig, um die große Waffe in Stellung auf Kor’naks Rotte zu bringen. Viel zu langsam ging das – sie war verloren, und ihre Besatzung mit ihr.
»Nie wieder werdet ihr einen Blitz verschleudern!«, brüllte Kor’nak. Er schlug auf den Zentralverschluss des Zaumzeugs, beugte sich tief über den Fischschädel und zischte: »Töten!«
Kor’nak griff nach Mag’uz’ Flossenhand und riss sie mit sich vom Rücken des Kampffisches. Dicht neben der Stelle, an der die perlmuttfarbene Spirale aus der Außenhaut ragte, rammten sie ihre Dreispitze in das bionetische Gewebe und hielten sich daran fest. Die anderen machten es genauso. Vergeblich begann die Außenhaut der Quallen zu zucken und zu beben – die Mar’oskrieger klammerten sich an den Stielen ihrer Waffen fest und waren durch nichts abzuschütteln.
Die Soord’finnen aber rammten ihre Oberkieferschwerter tief in das Quallengewebe; sie rissen und bohrten und schnitten ganze Gewebsfetzen aus den halbsynthetischen Lebewesen heraus. Deren Zucken und Beben ging schnell in leises Zittern und Krampfen über. Kor’nak spähte zur zweiten Feindqualle hinüber – mit grimmiger Genugtuung sah er, dass sich auch
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