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234 - Das Drachennest

234 - Das Drachennest

Titel: 234 - Das Drachennest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Gilam’esh relativ schlicht. Vielleicht war das auch der Grund, warum sie so viel Anhänger gewann. Zusammengefasst lautet sie etwa so: Der Stärkere bestimmt grundsätzlich, was Recht und was Unrecht ist. Der Wille des Stärkeren ist im Prinzip das Gesetz.«
    »Klingt gar nicht übel.« Crow rieb sich das Kinn.
    »Natürlich birgt so eine Lehre jede Menge Konfliktstoff…« Agat’ol redete und redete und lauschte dabei immer wieder seinen eigenen Worten nach. Im Grunde hatte er nie richtig nachgedacht über die Lehre des Schrecklichen Mar’os und die Lehre des Großen Gilam’esh. Und waren sie bei aller Gegensätzlichkeit nicht auch austauschbar? Hehre Worte auf der einen und hehre Worte auf der anderen Seite. Und beide Seiten hatten ihn enttäuscht und gekränkt. Die hehren Worte ließen ihn kalt, doch er hasste diejenigen, die sie im Munde führten, Gilam’esh-Schüler und Mar’os-Jünger gleichermaßen. Eines jedoch war klar – nur mit den Letzteren an seiner Seite würde er seine Ziele erreichen können.
    »Weiter lehrte der Schreckliche Mar’os, keine Fehler zu verzeihen«, fuhr er fort, »niemals Gefangene zu machen und keinem Kampf auszuweichen. Wie man sich erzählt, verbot er, den Schwachen zu schonen. ›Möge untergehen, wer sich nicht selbst retten kann‹, lautet einer seiner überlieferten Sätze.« Dass Mar’os empfohlen hatte, das Fleisch eines Feindes zu essen und seine Jungmütter zu schänden, verschwieg er dem aufmerksam zuhörenden Lungenatmer.
    »Ein wenig radikal.« Arthur Crow wiegte seinen kahlen Schädel. »Aber alles in allem nicht ganz verkehrt.« Irgendwo im Laderaum hörten sie Crows Adjutanten würgen und röcheln. »Verdammt noch mal, Hagenau!«, rief der General. »Können Sie nicht ein wenig dezenter kotzen?«
    Agat’ol lugte zum Display des Navigationsrechners hinüber: Noch knapp hundertzwanzig Kilometer bis zu dem Atoll, das die Lungenatmer »Galapagosinseln« nannten. »Bald hielt man Martok’aros unter den Mar’os-Jüngern für einen Gott«, fuhr er fort, »und seine Nachkommen für eine Art Gottessöhne. Einer seiner Urenkel, ein grausamer und mächtiger Kriegsmeister, hatte zwei Söhne, beide waren so genannte Geistwanderer.«
    Crow runzelte die Stirn, und Agat’ol erklärte ihm, was ein Geistwanderer war. »Die Mar’oskrieger hatten selten mental Begabte in ihren Reihen und so gut wie nie Geistwanderer. Diese beiden waren also eine absolute Ausnahme, vor allem aber waren sie direkte Nachkommen des göttlichen Mar’os…«
    Sofort fiel ihm auf, dass er Mar’os »göttlich« genannt hatte. Er unterbrach sich und hoffte, der kahlköpfige Lungenatmer würde seine Ausdrucksweise für ironisch halten. Doch der schien gar nicht mehr zuzuhören – mit missmutig gerunzelter Stirn lauerte Crow zur Luke. Unregelmäßige Schritte näherten sich tapsend durch den Laderaum. Hagenau seufzte und stöhnte dort draußen. Schließlich erschien er in der Luke, stützte sich im Lukenrahmen ab und stierte aus rötlich-wässrigen Augen ins Cockpit. Fahl-grünlich schimmerte seine Gesichtshaut. »Mir ist so schlecht…«
    »Reißen Sie sich zusammen, Mann!«, fuhr Crow ihn an. »Setzen Sie sich und kontrollieren Sie die Instrumente! Das wird Sie auf andere Gedanken bringen!« Und dann an Agat’ols Adresse: »Weiter.«
    Mit großer Befriedigung beobachtete der Hydrit, wie Hagenau zum Pilotensitz wankte und sich hinein fallen ließ. Sterbenskrank sah er aus, und er stöhnte und seufzte.
    »Vielleicht sollten wir einen Zwischenstopp einlegen.« Agat’ol wagte einen ersten Vorstoß. »Ihr Adjutant scheint sich ein wenig unwohl zu fühlen. Nicht, dass er noch ernsthaft krank…«
    Crow winkte ab. »Weiter!«
    »Nun ja – der wichtigste Auftrag an die beiden Urenkel des Schrecklichen Mar’os war der, herauszufinden, wo genau die geheime Stadt der Hydriten sich befindet, Gilam’esh’gad…«
    »Ist das nicht diese Stadt, in der sich Drax aufhielt?«, erinnerte sich Crow.
    »Richtig«, entgegnete Agat’ol. »Von Gilam’esh’gad ist er aufgebrochen, um den Flächenräumer zu suchen.«
    Der General schnitt eine missmutige Miene. »Weiter.«
    »Seinen Erstgeborenen, Nag’or, schickte jener mächtige Kriegsmeister auf festen Grund. Dort sollte er versuchen, das Geheimnis der verborgenen Stadt zu enträtseln und den Feind zu bekämpfen.«
    »Wie das, wenn ihr doch im Meer lebt?«
    »Einige der Hydriten, die sich auf die Kunst der Geistwanderung verstanden, lebten in Menschengestalt

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