2342 - In der Kaverne des Laboraten
„Was weißt du überhaupt, Effremi?"
Langsam, ganz langsam duckte er sich.
Und womöglich hätte er sich provozieren lassen, wäre nicht in dem Moment eine befehlsgewohnte Stimme erklungen. „Gibt es Probleme?"
Mit einiger Genugtuung sah Jothadún, dass beide Ganschkaren zusammenzuckten. „Nein, natürlich nicht", antworteten sie. „Wir haben Auftrag, den Effremi an seinen Platz zu bring..."
„Jetzt nicht mehr! Verschwindet, und zwar sofort!"
Augenblicke später war Jothadún mit dem anderen allein. Ein Mor'Daer war es, und er trug die Rangabzeichen eines Kalbarons. „Du bist also Jothadún."
„Ja. Kalbaron", antwortete er vorsichtshalber. „Kalbaron Rodyge - so viel Zeit muss sein." Der Mor'Daer musterte ihn aufmerksam und ging um Jothadún herum.
Natürlich machte der Effremi die Bewegung mit. „Bleib stehen!", herrschte der Kalbaron ihn an.
Jothadún hielt den Atem an. Ihm gefiel diese Fleischbeschau nicht. Andererseits war Kalbaron der höchste Rang in der Kolonne, den ein Mor'Daer erreichen konnte. Es war nicht gut, einen solchen Mann gegen sich aufzubringen. Jothadún durfte nicht zwangsläufig voraussetzen, dass der Befehlshaber auf seiner Seite stand, nur weil dieser die Techniker davongejagt hatte. Solche Vermutungen konnten sich sehr schnell ins Gegenteil verkehren. „Ich kann nichts Ungewöhnliches an dir finden,<, stellte der Kalbaron fest. „Du wirkst völlig normal..."
Jothadún schwieg. Da auch sein Gegenüber nichts mehr sagte, rang er sich schließlich zu einer vorsichtigen Feststellung durch: „Du meinst, Kalbaron Rodyge, weil ich einem Dualen Kapitän das Leben gerettet habe?"
„... aber ich frage mich, was ich erwartet habe", fuhr der Mor'Daer fort, ohne auf die Bemerkung zu reagieren. „Du musst normal wirken, das ist so. Die Eigenschaft, wegen der man dich nach CRULT beordert hat, ist unsichtbar."
„Welche Eigenschaft, Kalbaron Rodyge?"
„Ich werde dich im Auge behalten. Effremi. Wohin du gehen wirst, ich werde es sehen."
Unverhohlener konnte keine Drohung sein.
Jothadún wusste, dass es besser war, in einer Situation wie dieser zu schweigen und den Kalbaron nicht weiter gegen sich aufzubringen. Er kannte die rüden Umgangsformen der Kolonnen-Soldaten nur zu gut. „Es wird Zeit, dass du deine Arbeit beginnst, Jothadún! Na los, worauf wartest du? Folge mir!"
*
Die Schlacht um das Kosmonukleotid hatte deutliche Spuren hinterlassen. Immer noch kam es zu vereinzelten Gefechten, sobald versprengte Flottenteile in einer der benachbarten Galaxien aufeinander trafen.
Jothadún hörte sogar davon, dass Chaos-Geschwader in andere Universen verschlagen und dort mit Truppen der Ordnungsmächte konfrontiert worden waren.
Alles, was irgendwie mit dem Tor zu TRYCLAU-3 zusammenhing, nahm Ausmaße an, die sein Verständnis überstiegen. Andererseits erschien ihm das nur logisch, weil allein „sein" Kolonnen-Teil übel, Generationen hinweg unterwegs gewesen war, um das Kosmonukleotid zu erreichen.
Ihn schwindelte, sobald er sich vorzustellen versuchte, welch gigantische zeitliche und räumliche Distanzen zur Debatte standen. Vor allem, wenn er diese Gedanken weiterführte und sich vergegenwärtigte, dass TRYCLAU-3 lediglich ein Segment der Doppelhelix war, die alles durchzog, und wahrscheinlich nicht einmal das bedeutendste.
Alles ...?, fragte er sich in einer unverständlichen Anwandlung, sobald er sich in den stetig kürzer werdenden Ruhepausen in die Späne hineinwühlte und versuchte, wenigstens einen Ansatz seiner früheren Ausgeglichenheit wiederzufinden.
Was ist alles?
Er konnte sich Galaxien vorstellen, er konnte in Gedanken Galaxien zu Clustern und netzartigen Strukturen zusammenfassen und sich einreden, dies ergäbe ein Universum. Aber sofort fühlte er sich unzufrieden, weil eine solche Vorstellung nicht stimmen konnte. Er verstand schon die theoretischen Beschreibungen nicht in allen Grundzügen, dennoch wusste er, dass da mehr war und dass er dieses Mehr wahrscheinlich niemals begreifen würde.
Der Dienst in CRULT hatte ihm bereits nach wenigen Tagen keine Freizeit mehr gelassen, um sich mit anderen Effremi des Horstes anzufreunden. Diese sozialen Kontakte fehlten ihm. Aber auch alle anderen wurden bis zur Grenze des körperlichen Zusammenbruchs gefordert.
Trotz ihrer enormen Größe waren die Kapazitäten der fliegenden Kolonnen-Docks bald erschöpft. Immer mehr Wracks und schwerstbeschädigte Traitanks wurden angeliefert. Die Versorgung mit
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