2351 - Die gefallenen Mächtigen
wieder hinausgezögert. Er konnte sich nicht einmal einreden, dass die letzten Jahre wie im Flug vergangen waren. Sicher, er und seine sechs Gefährten hatten nicht nur den von den Kosmokraten auserwählten Regionen des Universums Leben gebracht, sie hatten auch zahllose Konfliktherde bereinigt und dabei bestehendes Leben ohne Zahl gerettet.
Nur ein Leben konnten sie nicht retten.
Das Inkendyares.
Sie hatten sich besprochen, die sieben Mächtigen, unter 14 Augen, ohne Aquinas hinzuzuziehen. Und einer nach dem anderen hatte die Argumentation des Roboters anerkannt, Nuskoginus als Letzter.
Vielleicht mit Ausnahme von Kafug. Er hatte bis zum Schluss dagegen gesprochen, sie verhöhnt und beschimpft, als „willfährige Büttel" bezeichnet.
Aber er hatte nichts mehr ändern können.
Fest stand, die frühere Gefährtin, die sie aus alter Verbundenheit bis heute am Leben erhalten hatten, musste sich nun mit dem Ende ihres Daseins abfinden.
Inkendyare war keine Mächtige, sondern eine Sterbliche, und es war vermessen, die QUELLTRÄGER der Hohen Mächte zur willkürlichen Lebenserhaltung Einzelner aus privaten oder persönlichen Gründen einzusetzen.
Das sah letztlich sogar Nuskoginus ein. Er hatte sich entschlossen, Inkendyare die Nachricht persönlich zu überbringen.
Wenn nicht er, wer dann? Vielleicht Kafug? Nein, das hätte seiner Feigheit die Krone aufgesetzt. Er musste es ihr sagen, er und kein anderer.
Er, der Vater ihrer Kinder.
Es war wie bei seinem letzten Besuch und wie bei allen anderen vorher. Die Gouverneurin Inkendyare fühlt sich geehrt, dich auf der Burg Oquaach zu empfangen. „Geehrt", murmelte er. Dieses Gefühl würde nicht lange anhalten.
Aber wenigstens lebte sie noch. Jetzt schämte er sich dafür, dass er beim Anflug auf Eudoccia gehofft hatte, sie möge tot sein. Jetzt war er froh, dass das Schicksal seiner Feigheit einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte und ihn zwang, ihr gegenüberzutreten und es ihr persönlich mitzuteilen.
Und sie vielleicht zu trösten und ihr Kraft zu geben, wie sie ihn früher immer getröstet und ihm Kraft gegeben hatte.
*
Er glaubte seinen Augen nicht zu trauen.
Inkendyare hatte sich verändert, Er hatte erwartet, sie siechend und gebrechlich zu sehen, vielleicht am Rand der Ausgezehrtheit, sich an ihr Leben klammernd.
Aber nicht so. Nicht körperlich kräftiger denn je, jugendlich frisch, mit strahlenden, leuchtend blauen Augen. Mit elastischen Schritten kam sie vom runden Tisch der Gouverneure durch das Turmzimmer auf ihn zu.
War es möglich ... hatte Kafug oder einer der anderen sie heimlich aufgesucht, ihr weitere Behandlungen durch das Physiotron ermöglicht? Nein, davon hätte er erfahren, und außerdem blieb da noch der Umstand, dass ihr Alterungsprozess nicht nur aufgehalten, sondern rückgängig gemacht worden zu sein schien.
Ihr Anblick hatte ihn so in den Bann geschlagen, dass er erst jetzt die seltsame geflügelte Kreatur beachtete, die mit Inkendyare am Tisch gesessen hatte, ein Sauerstoffatmer unter einem Schutzfeld.
Als das Geschöpf sich nun erhob, wohnte seinen Bewegungen eine ätherische Schönheit inne. Mit langen, fragil wirkenden Gliedern trat es auf den Mächtigen zu.
Plötzlich wurde Nuskoginus kalt. Lag es daran, dass er sein Gegenüber mit Blicken nicht genau erfassen konnte? Der Körper des Fremden kam ihm schemenhaft vor, irgendwie verschwommen. „Ich bin Enkarzis", stellte das Wesen sich mit schmeichelnder, fast hypnotisch wirkender Stimme vor. „Candeziz Bruder", fügte die Gouverneurin hinzu. „Mein Berater."
Nuskoginus zog kurz die Nickhäute zusammen. Wer war Condeziz? „Es ... freut mich, dass es dir so gut geht", begann er zögernd. „Aber ich habe eine schlechte Nachricht für dich, eine sehr schlechte ..."
Besorgt sah sie ihn an. „Ist einem unserer alten Gefährten etwas passiert? Etwa Kafug ...?"
„Nein, das nicht." Er zögerte, suchte nach Worten, sah dann zu dem Fremden hinüber. „Enkarzis kann alles hören, was du sagst.
Ich habe keine Geheimnisse vor ihm."
„Gar keine?"
„Gar keine."
„Nun gut. Wir ... Nun ja, die Umstände lassen uns keine andere Wahl ... Wir können ...?"
„Mein Leben nicht weiter verlängern?", sagte Inkendyare leichthin. „Damit war früher oder später zu rechnen. Ich respektiere euren Entschluss. Er berührt mich nicht weiter, denn ich habe eine andere Lösung gefunden."
„Eine ... andere Lösung?"
„Gewiss, eine Lösung. Ich möchte nicht darüber
Weitere Kostenlose Bücher