2352 - Griff nach Drorah
eine Kultur, die ÄLTER ist als eure Traitanks!
Wir wollen NICHT die unwissenden, ausgebeuteten Opfer und Sklaven...
Eine Stunde verging in vollkommener Ereignislosigkeit. Nur das einschläfernde Plätschern in seinem Rücken veränderte bisweilen seine Tonhöhe. Die Anzahl der Tropfen, die seinen Nacken und den Kopf trafen und willkommene Kühlung spendeten, blieb ungefähr gleich. Aus dem Augenwinkel sah er rechts eine Bewegung und wandte den Kopf. Bisher hatte er die Punkte angestarrt, aus denen die 75 Meter langen Seitenarme aus dem senkrechten Schaft abzweigten.
Ihnen war ebenso wie dem Obelisken keine Farbe zuzuordnen, sondern sie blieben dunkel, düster, sie absorbierten Licht, waren ohne erkennbare Oberflächenstruktur. Sie bestanden aus gefühltem Schwarzgraublau. Drohend wie eine virtuelle Wolke, wie der Schrecken in einem Traum: eine hyperphysikalische Absonderlichkeit, die bisher allen Versuchen akonischer Wissenschaftler, ihre wahre Natur herauszufinden, erfolgreich widerstanden hatte.
Bewegung und Färben lenkten ihn ab.
Von rechts näherte sich eine Gestalt.
Zuerst sah Dorn nur den langen Schatten, dann erkannte er Theadran. Kurz darauf erblickte er ihr Gepäck, das sie am Rand des Platzes abgestellt hatte. Seine Hoffnungslosigkeit und seine Selbstversunkenheit waren so groß geworden, dass er seiner Gefährtin ohne jede Gefühlsregung entgegensah.
Sie kam auf ihn zu; ihr Gesichtsausdruck blieb undeutbar, auch als sie den Kopf hob und minutenlang den Text seiner flammenden Holo-Aufrufe las. Als sie nahe genug herangekommen war, sagte sie seltsam unbetont: „Wo bleibt die gewaltige Masse aufgeregter Invasoren, die deine Worte lesen und zu zittern anfangen, Dorn? Es ist die endgültige, großartige Geste, nicht der Erfolg, wie?"
„Ich glaube fest, dass ...", begann er unschlüssig. „Dass sie dich heute oder morgen umbringen werden!", sagte sie schroff. „Ich hab's im Grunde nie geglaubt, du alter Narr."
Sie standen allein auf dem riesigen Platz und starrten auf die unwirkliche Basis des Obelisken. Tevomor rang sich jedes Wort ab, als er antwortete: „Niemand soll sagen, dass sich jeder auf Drorah oder in Konar vor der Terminalen Kolonne fürchtet.
Wenigstens einer hat den Mut ..."
„Ausgerechnet du, Dorn. Es ist sinnlos."
Theadran lächelte ihn schmerzlich an, ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie drehte sich um und sagte über die Schulter: „Ich habe es versucht. Dein Starrsinn, nicht dein Mut wird dich umbringen. Ich gehe - endgültig."
Du bist doch längst weg, dachte Dorn, zuckte die Achseln und sah ihr nach, wie sie neben ihrem Schatten zum Rand des Platzes ging, kleiner und winziger wurde und ihr Gepäck aufhob. Einen Atemzug danach war sie verschwunden. Dorn war sicher, sie niemals mehr wiederzusehen.
Er bezwang den Schmerz in seinem Inneren, setzte sich auf den feuchten Beckenrand und wartete darauf, dass etwas geschah. Aber die Mor'Daer beachteten ihn ebenso wenig, wie es vormals der Regierende Rat getan hatte.
*
Die Dunkelheit hatte den Platz erobert und kletterte an der tropfenförmig geschwungenen Fassade des Ratspalastes und am Schaft des Obelisken hoch.
Irritierende Effekte begleiteten den Vorgang wie jeden Abend: Düsternis, Dunkelheit und das Material des mächtigen Fremdkörpers ließen das Bild zittern und verschwimmen; es stabilisierte sich kurz, wenn der Betrachter den quadratischen Schaft genau ins Auge fasste.
Vor dem Erdgeschoss des Ratspalasts glitten Bodenplatten zur Seite. Eine gedrungene Reinigungsmaschine wurde an die Oberfläche gehoben, schaltete ihre Bürsten, Saugeinrichtungen und Schmutzdetektoren ein und setzte sich summend in Bewegung, zwei Handbreit über dem fugenlosen Belag schwebend.
Die Maschine zog den ersten Kreis um den Fuß des Bauwerks, kam auf der gegenüberliegenden Seite wieder zum Vorschein und wechselte auf die nächstäußere Spur.
Ununterbrochen und ungestört wanderten die Worte von Dorns Aufruf flimmernd und anschwellend, abschwellend, leuchtend und blinkend durch das Hologramm. Dorn Tevomor betrachtete das gelbschwarze Gerät mit müder Gleichgültigkeit.
Nach etwa einer Stunde erfassten ihn die Scheinwerfer des Roboters, und er verkündete mit einer freundlichen Frauenstimme: „Protestaktionen sowie Werbung aller Art sind in der Umgebung des Ratspalasts untersagt."
Einige Sekunden später wurde das Verbot mit größerer Lautstärke und in schärferem Tonfall wiederholt. Der Roboter ergänzte diesmal noch:
Weitere Kostenlose Bücher