2352 - Griff nach Drorah
noch immer unter medizinischer Kontrolle und Pflege stand. In unregelmäßigen Abständen hörte er den verschlüsselten Funkverkehr zwischen einzelnen Gruppen seiner Organisation ab und dekodierte sie mit seinem ID-System; in Konar gab es mittlerweile nur noch eine Hand voll Widerstandsnester. Der Funkspruch hatte damit geendet, dass einige Unterhaltungen zwischen Mor'Daer abgehört und übersetzt worden waren. „Ob es dem Großen Befreiungsschlag dient - ich muss es bezweifeln", knurrte er.
Die teilweise lückenhaften Übersetzungen betrafen den Impuri-Turm und die Tätigkeit von „Kolonnen-Geometern". „Geometer. Klingt so harmlos nach Vermessung ..."
Karoon-Baal schien in mehrfacher Hinsicht am Ende seiner Laufbahn angelangt zu sein. Die Verletzungen waren fast ausgeheilt, er trug nur noch wenige Spezialverbände, seine körperliche Höchstform aber hatte er noch lange nicht wieder erreicht. Der Rang eines Ma-Apur bedeutete im komplizierten Gefüge des Energiekommandos keine Beförderung, sondern eine Dauerbestrafung; er würde es in seinem Alter kaum weiterbringen.
Zumal die Tage des Energiekommandos gezählt zu sein schienen.
Er stand auf, bückte sich instinktiv und bewegte sich eine Spur unbeholfen zum Balkon seines Appartements. Sein zentrales Nervensystem war noch nicht völlig wieder Herr des Körpers; etliche Meter Nervenbahnen - wie er sich ausdrückte - schienen noch zu viele schmerzende Knoten zu enthalten. An sieben Stellen seines Körpers trug er Spezialverbände. Aber wenn er sich intensiv konzentrierte, gehorchte ihm sein großer, schwerer Körper wie in früheren Jahren.
Sein Blick ging über einen Teil der Stadt, zum Ratspalast, zum Dunklen Obelisken, hinüber zum Impuri-Turm und nach Süden bis zum Ufer und zum Akon-Akon-Museum mit dem schrägen Bug und der funkelnden Antennenflosse aus der Zeit der ersten akonischen Raumschiffe.
Vielleicht dienen die Obelisken ja diesen merkwürdigen Vermessern der Kolonne als Markierungspunkte ..., dachte er bei sich, nur um sich gleich die Frage zu stellen: Aber was und wofür vermessen sie?
Im Augenblick schien es keine Angriffe einzelner Kommandoeinheiten und keine Gegenschläge der Fremden zu geben.
Trügerische Ruhe lag über der Stadt. Seit Monaten hatte Karoon-Baal keine Verbindung mit dem Oberkommando mehr gehabt - er befand sich noch immer in der Rekonvaleszenz.
Als ob das eine Rolle spielen würde!, dachte er und stieß mit der Schulter fluchend gegen den Türrahmen. Er schien zu groß und zu wuchtig für solche Räume zu sein. Er kehrte ins kühle Halbdunkel des Wohnraums zurück und dachte über den Turm nach, dem gleichermaßen das starke Interesse jener insektoiden Kolonnen-Geometer und seiner verzweifelt kämpfenden Kollegen galt.
Geometer vermessen ... Gegebenheiten in der Stadt ... zum Zweck der Endverwertung ... alarmierende, verstörende Beobachtungen! Wenn es so weiterging, würde er von Glück sagen können, wenn er am Ende mit dem nackten Leben davonkam. Als Sklave der Terminalen Kolonne? Endverwertet? Trotz oder wegen der drei Exekutions-Aufträge, die er im Lauf seiner Karriere „zufällig" hatte fehlschlagen lassen?
Er hob unschlüssig die breiten Schultern, spürte dem feinen Schmerz in den Nackenmuskeln nach und entschloss sich zum wiederholten Mal, tief in der Deckung zu bleiben, die weitere Entwicklung: abzuwarten - die er als „gnadenlos verzweifelt" definierte - und höchstens mit einigen Raumfahrern in seiner Nähe zu verkehren. Nahezu alle Schiffsbesatzungen waren ebenso wie er arbeitslos, ohne Aufgabe und entsprechend frustriert. „Vielleicht ...", murmelte er und rief sich die faszinierende Erscheinung der einsamen Läuferin in die Erinnerung zurück. „Möglicherweise."
Der Tag, an dem er das letzte Mal eine Frau in seinen Armen gehalten hatte, schien etliche Äonen her zu sein. Er hatte keine Illusionen: Frauen, die derlei verblüffende Kleidung trugen, gehörten einer ganz anderen. Gesellschaftsschicht an und würden ihn, einen der vielen zehntausend Gescheiterten, vielleicht als Gleiterpilot, Gärtner oder Hilfskraft beschäftigen, aber schwerlich in ihre intime Nähe lassen. Vergiss es, Taje!
*
Als Dorn Tevomor den Kode eingetippt und sich die Tür der gemeinsamen Wohnung geöffnet hatte, sah er auf den zweiten Blick, dass es keine Gemeinsamkeit mehr gab. Theadran hatte die letzten Stücke ihres Eigentums zusammengesucht und mitgenommen.
Regale, Staufächer und offene Schränke schienen ihn
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