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2352 - Griff nach Drorah

Titel: 2352 - Griff nach Drorah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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aus leeren Flächen und dunklen Löchern hämisch anzustarren. Die gefühlte Temperatur war um hundert Grad gefallen. Er war allein - unwiderruflich.
    Er hatte es geahnt, vielleicht sogar gewusst. Aber es lag ein himmelweiter Unterschied darin, etwas zu wissen und etwas anzuerkennen. „Innere Emigration", sagte er sich, einsam, leer, zerbrochene Träume, erkaltete Liebe; von beiden Seiten. Und es war einmal die große Liebe gewesen.
    Zunächst lenkte er sich damit ab, dass er aus seinem Vorrat an Projektoren und Zubehör eine Mikroanlage zusammensteckte und testete, die er am Körper tragen konnte. Natürlich war er verzweifelt über den jähen Weggang seiner Gefährtin, aber sie war ebenso konsequent wie er. Seine Verzweiflung schlug sich, zumindest teilweise, in dem Text nieder, den er mit Wut im Herzen in den Speicher des Holo-Projektors einlas.
    Früher Nachmittag: Es war noch Zeit genug, sein Vorhaben umzusetzen, zumindest zielstrebig zu beginnen. Er holte aus dem Kühlschrank zwei Essensportionen, starrte verständnislos die Inhaltsangaben an und erhitzte die Packungen. Er aß und trank die kalte Carama vom Morgen, ließ alles liegen und wunderte sich, dass der Antigravlift zuverlässig arbeitete. An normalen Tagen hatte er etwa eine Stunde bis zum Ratspalast gebraucht. Schon nach hundert Schritten merkte er, dass auch in jenem Teil Konars, in dem er sich bewegte, der Ausnahmezustand herrschte.
    Ein akonunwürdiges Durcheinander hatte sich ausgebreitet. Nur jene Akonen, denen Ordnung, Präzision und Zuverlässigkeit schon seit jeher ein Bedürfnis gewesen waren, verhielten sich vernünftig. Der Gleiter- und Fußgängerverkehr war chaotisch und mitunter regelrecht lebensgefährlich, weil die alten Regeln scheinbar nicht mehr galten. Abfall türmte sich, Ratlosigkeit hatte sich längst breit gemacht, einige Geschäfte hatten geschlossen, andere bewaffnete Wachen vor den Eingängen postiert; mehrere Laufbänder und Verkehrszeichen waren ausgefallen. Immerhin dauerte es seine Zeit, eine 35Millionen-Stadt völlig zu ruinieren, solange sich noch Einzelne oder Gruppen gegen den Zerfall stemmten. Hier und dort bemerkte Dorn Tevomor scharfe, blitzschnell entstandene Aggressionen, die meist in wildem Geschrei und dem Einsatz von kommunalen Sicherheitskräften beendet wurden.
    Seine Ausbildung befähigte ihn lediglich dazu, die Zonen vorhersehbarer Störungen zu umgehen. Zu seiner .persönlichen Depression kam eine Art bittere Scham, Teil der kollektiven Rat- und Ziellosigkeit zu sein, die seit der Verkündung der TRAITOR-Direktive zum Teil des akonischen Wesens geworden zu sein schien. Sie war niederdrückend und zerbrach nach und nach den letzten Rest Stolz auf die Entwicklung der vergangenen' Jahrhunderte. Schweigend und scheu, aber unbeirrbar bewegte er sich knapp zwei Stunden lang durch die Stadt, bis er den Platz vor dem Sockel des Ratspalastes erreichte. Die große Fläche war völlig leer; verwaist, von Robotern in perfektem Zustand der Sauberkeit gehalten.
    Nur an den Rändern der Anlage glaubte Dorn Bewegungen zu erkennen. Dort huschten unter den Bäumen schattenhafte Gestalten hin und her und verschwanden, wann immer er den Blick auf sie heftete.
    Der Platz galt für jeden Akonen und erst recht für jeden Stadtbewohner als berüchtigt, verflucht und mit bösem Omen behaftet.
    Denn dort erhob sich, scheinbar mit der planetaren Kruste unter dem fugenlosen Belag des Platzes verwachsen, der 235 Meter hohe Dunkle Obelisk. Der kreuzförmige Fremdling warf jetzt einen langen, drohenden Schatten auf die geschwungenen Mauern und einen Teil der Ratspalast-Kuppel.
    Tevomor blickte um sich. Nach kurzem Zögern ging er langsam hinüber zu einem der Brunnen an der Kante des riesigen Platz-Sockels, dessen Fontäne und die breiten Wasserkaskaden in verschiedenfarbige, der Entyrormuschel nachgebildete Becken strudelten. Dorn war auch an dieser Stelle völlig allein, im Zwielicht und mit der Verdunstungskühle im Rücken. Er setzte. sich, aktivierte den Projektor und sah zu, wie sich vor dem Ratspalast, in etwa 100 Metern Höhe, ein schwarzes Bandhologramm entfaltete.
    Der Text, auf den er ein wenig stolz war, bewegte sich in meterhohen Buchstaben über das Band.
    Wir wollen NICHT die unwissenden Opfer der TRAITOR-Direktive sein!
    Verlasst unsere Planeten!
    Redet mit UNS, so dass wir verstehen können, was ihr wirklich WOLLT!
    Geht weg! Wir sind ein FREIES Sternenvolk, das sich niemals unterwerfen wird! NIEMALS!
    Ihr zerstört

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