2353 - Requiem für einen Mond
sich die Schleier, und er sah in das lächelnde Gesicht einer Frau, die ihm im ersten Moment nur bekannt vorkam. Er war noch immer benommen und fühlte sich schlapp. „Na also", sagte die Akonin mit den millimeterkurz - geschorenen, pechschwarzen Haaren und den eingefallenen Wangen. „Unser nächster Patient hat gerade beschlossen, in die Welt zurückzukehren. Hallo und willkommen an Bord, Kare ta Ebrus."
Elena Doraan, jetzt erkannte er sie. Sie war eine Hohe Frau, eine weibliche Oberkommandierende des Energiekommandos, und an Bord von CROFON-4 die Chefin der Medo-Abteilung. Er hatte nie verstanden, was eine so hochgestellte Persönlichkeit wie sie an Bord des Handelsdocks zu tun hatte, aber im Moment interessierte ihn das wenig. Er hatte nie viel mit ihr zu schaffen gehabt, war nie krank gewesen, aber wenn er sie gesehen hatte, war er von ihrer fast herzlichen Art und ihrem trockenen Humor angetan gewesen. Sie und das E-Kom ...
Nein, das schien nicht zu passen. „Was ist passiert?", brachte er heraus. Er drehte den Kopf und sah, dass er in einem Kontursitz angeschnallt war. Elena machte ihn los und gab ihm die Hand, half ihm, sich aufzurichten. Sie war höchstens einen Meter achtzig groß und knapp neunzig Jahre alt. Als er allein stehen konnte, ließ sie ihn los, blieb aber bei ihm. „Geht's?", erkundigte sie sich.
Kare nickte. Noch einmal drehte sich die Welt, dann war es besser. Er sah sich um und erkannte eine der Nebenzentralen.
Einige wenige Holos standen, es waren kaum mehr als ein halbes Dutzend Akonen im Raum. Sie nickten ihm zu. Als er zum Eingangsschott sah, kam ihm Harana Molina entgegen. „Kare - dem Herrn aller Welten sei Dank, du bist wieder da."
Er hob einen Arm, sie klinkte sich unter und stützte ihn. „Es sieht wohl so aus, ja", seufzte er. „Aber kann mir jetzt mal jemand sagen, was passiert ist'? Wartet ... wir ... das Dock hatte versucht, auf Xölyar zu landen. Wir ... schienen es auch zu schaffen, und dann ... dieser Lärm und das Rütteln. Die Schmerzen und Blitze, und ..."
„Wir hatten nie eine Chance", sagte die Medikerin. „Es war die verrückteste Idee, die Naal jemals hatte. Ich kam leider zu spät, um ihn zu stoppen."
„Du hättest ... das gekonnt?"
„Ja. Er war ... ist in erster Linie Mitglied des Energiekommandos, und ich stehe im Rang weit über ihm. Aber das zu erklären würde jetzt zu weit führen."
„Warum hast du gerade gezögert? Was ist mit ihm?"
„Wir hoffen, dass er durchkommt. Das Dock hätte nie versuchen dürfen zu landen, auch auf die Gefahr eines Angriffs durch die Traitanks hin. Dass es nicht noch viel mehr Tote gegeben hat, auch auf dem Mond, ist ein kleines Wunder."
„Tote?", fragte Kare entsetzt. „Wie ... viele?"
„Über zweihundert hier auf CROFON-4, Kare", sagte Harana. „Und die Besatzungen zweier Schiffe, die bereits gelandet waren, als wir ..."
„Ich ... verstehe nicht ..."
„Beim Versuch, so etwas wie eine Notlandung zu bauen", übernahm Harana, „ist das Dock in mehrere Teile auseinander gebrochen. Es gab überall Explosionen, die Funk- und Ortungszentrale ist total vernichtet, die Hauptzentrale nur noch Schrott. Dass wir Licht und halbwegs funktionierende Instrumente haben, verdanken wir den Notaggregaten. Der Energiesektor ist hochgegangen, das halbe Dock verstrahlt."
„Über hundert Besatzungsmitglieder sind sofort gestorben", sagte Elena Doraan mit bitterer Miene, aber gefasst. „Weitere zweihundert sind strahlenverseucht. Wir haben die betroffenen Regionen durch Energieschirme isolieren können, aber ich weiß nicht, wie lange wir Energie haben werden, um sie zu stabilisieren. Wie lange der Strom reicht. Wir leben, Kare, aber wir sitzen auf dem Mond fest. Wir sind heruntergekommen, aber wie. Momentan sind Trupps unterwegs, um die Vorräte zu sichten, die wir noch haben."
„Wie lange war ich denn ohne Bewusstsein?", fragte der Kontaktoffizier erschüttert. „Fast anderthalb Tage." Harana strich ihm durchs Haar und versuchte, tapfer zu lächeln. „Aber ..." Er holte tief Luft und versuchte, das Gehörte zu ordnen. „Wir bekommen doch Hilfe, oder? Wenn wir auf Xölyar sind, werden sie kommen und uns helfen.
Hier leben eine halbe Milliarde Akonen.
Wir ... ihr habt doch versucht, jemanden zu erreichen? Auch wenn die Funkzentrale hinüber ist - wir haben unsere Handfunkgeräte und die in den Booten ..."
„Vergiss die Beiboote", sagte Elena. „Die Hangars hat's auch erwischt. Die wenigen Fahrzeuge, die wir hatten,
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