2353 - Requiem für einen Mond
Besatzung noch lebten.
Allein in den letzten 24 Stunden waren 53 Männer und Frauen der Verstrahlung erlegen. Weitere 50 wurden ohne viel Hoffnung behandelt. Elena Doraan und ihre Helfer taten, was sie konnten, aber Wunder standen nicht in ihrer Macht. Die Vorräte würden zu Ende gehen, und von außen war nach Lage der Dinge keine Hilfe zu erwarten. Kein einziges der ausgeschickten Fahrzeuge war zurückgekommen. Es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass jemand Notiz von dem abgestürzten Dock nahm, das zwei andere Schiffe unter sich begraben hatte.
Jeder auf Xölyar hatte anscheinend genug mit sich selbst zu tun - oder tat gar nichts.
Sie alle hofften, dass Naal cer Dronart bald wieder auf dem Posten sein und das Kommando übernehmen konnte, allein schon, um Elena zu entlasten. Kare wünschte es vor allem aus einem anderen Grund: Den Berichten der anderen zufolge hatte er sein Leben für den Maphan riskiert. Er konnte sich bisher nicht vorstellen, warum, aber er wollte es herausfinden. Herausfinden, bevor er...
Denk nicht daran!
Kare schob sein Tablett von sich und lehnte sich im Sitz zurück. Er selbst hatte keine Verletzungen davongetragen außer ein paar harmlosen Prellungen und ein paar versengten Haaren. Nichts, was ihn belasten oder behindern sollte. Harana war sogar völlig heil geblieben. Sie war bereits fertig und sah ihn abwartend an. „Die Terraner haben einen Spruch", sagte er. „Niemand ist eine Insel. Im Augenblick fühle ich mich, als sei ich eine Insel. Nein, wir alle, das ganze Dock oder der Rest von ihm. Wir sind ein Eiland in einem Meer aus Chaos und Siechtum, kalt und tot. Und seine Wellen schlagen an unseren Strand.
Sie werden uns fortspülen, und wir können nicht schwimmen."
„Hör auf", bat sie ihn. „Wir müssen Geduld haben. Irgendwann hört jemand unsere Funkrufe. Die Leute da draußen haben alle Hände voll zu tun. Durch die Landung so vieler Schiffe herrscht der Ausnahmezustand. Aber irgendwann finden sie Zeit für uns und werden uns hier herausholen. Du musst daran glauben."
„Tust du es?"
„Ich versuche es wenigstens", erwiderte sie ärgerlich. „Verdammt, wo ist der Kare, den ich gekannt habe? Der Mann, der an seine Träume glaubte? Bist du so schnell bereit, sie aufzugeben?"
Kare senkte den Blick, starrte auf seine Fingernägel. „Keiner wird kommen, Harana. Und weißt du, warum nicht? Wir waren so dumm, ihnen zu sagen, dass das Dock verstrahlt ist. Sie haben Angst! Sie wollen nicht auch krank werden und ..."
„Es gibt Schutzanzüge!"
Er lachte trocken. „Warum machst du dir etwas vor? Uns wird keiner helfen. Wir haben die Afzot-Pest. Sie haben Angst vor uns. Vielleicht sollten wir selbst das Heft in die Hand nehmen und das Dock verlassen? Wir, die Gesunden, die auf zwei Beinen stehen können. Wir könnten versuchen, uns bis zu den Raumhafengebäuden durchzuschlagen oder wenigstens bis zu den Verwaltungsgebäuden." Er schüttelte den Kopf. „Aber das wären viele Kilometer Fußmarsch, und das schaffen wir nicht.
Nicht über dieses Landefeld in all dem Chaos ringsumher."
„Ich erkenne dich nicht wieder!", rief sie aus. „Ach ja? Nur weil ich es so sage, wie es ist? Wir sind isoliert, Harana! Der Funk!
Es gab schon keinen mehr, als wir den Landeversuch einleiteten! Hast du dich nie gefragt, warum? Und ob wir nicht vielleicht nur deshalb keine Antwort bekommen, weil unsere Rufe überhaupt nie angekommen sind? Wenn es keinen Funk mehr gibt?"
„Weshalb sollte es das?"
„Weil die verdammten Traitanks es verhindern!", ereiferte er sich. „Seit sie und diese Kolosse aufgetaucht sind, hatten wir keinen Kontakt mehr nach außen. Was, wenn es auf ganz Xölyar so ist? Wenn sie uns vom Rest des Universums isolieren?"
„Kare!" Sie beugte sich vor und nahm seine Hand. „Kare, selbst wenn sie es könnten, warum sollten sie das tun?"
„Weil sie ... etwas mit dem Mond vorhaben?" Er sagte es ohne Überzeugung, plötzlich unsicher. Ihre Hand ... sie war wie ein Anker, der ihn in diesem Meer aus Nichts hielt. Ihre Berührung vertrieb die Kälte in ihm etwas, tat gut. „Was sollte das wohl sein, Kare?", hörte er ihre Stimme, nun weich, sanft. Sie lächelte ihn an und nickte aufmunternd. „Der Kolonne geht es um Drorah, um das System - was weiß ich. Aber doch kaum um einen Mond, so wichtig Xölyar auch ist."
Er war unsicher. „Na komm", sagte sie. „Wir gehen zurück zu Elena und sehen, wie wir ihr helfen können. Und morgen ... morgen sehen wir nach deiner Blume,
Weitere Kostenlose Bücher