2356 - Schmerzruf
von der Rebellion des jungen Ingittz gegen seine Erzieher in der Militärschule, vom Tod der heimlichen Geliebten, von den Bestrafungstagen in der Dunkelzelle, von dem Tag, als Ingittz ein Messer packte, seinem Vorgesetzten die Kehle durchschnitt und eine wilde Flucht durch drei Sonnensysteme begann. „Es dauerte lange, bis ich mich wieder sicher fühlte", fuhr Ingittz fort. „Dieser Tag kam, als ein Killeragent des Militärs meine Spur fand, ich ihn in eine Falle lockte und für kurze Zeit seine Identität annahm. Es kostete mich mein ganzes Vermögen, einen Stimmmodulator zu erwerben und eine plastische Operation durchführen zu lassen."
Ingittz schloss die Augen, und seine Stimme nahm einen schwärmerischen Unterton an. „Zwei Wochen lebte ich sein Leben und ließ alle im Glauben, das Problem Ingittz Zaul habe sich erledigt, weil sein Beiboot in Milliarden Teile zerfetzt worden sei. Dann inszenierte ich den Tod des Agenten oder meinen eigenen - ach, wie tragisch! Ein Unfall. Der trauernden Witwe blieb nichts, was sie hätte einäschern und den Mahlzeiten beimengen können. Die Arme tat mir übrigens wirklich leid. In meinen Wochen als ihr Gefährte hatte sie sich als äußerst geschickte Liebhaberin erwiesen, die keine Fragen stellte, als ich ihr erklärte, dass ich keine Lust zum Reden hätte. Jedes Wort wäre zu viel gewesen. Es bestand immer die Gefahr, dass sie meine Maskerade durchschaute."
Um die beiden ungleichen Gefährten war es still geworden. Die Sklaven schliefen, abgesehen von dem irren Kartanin, der sich völlig unerwartet neben ihnen niederließ.
Es sagte kein Wort, sondern schabte mit den Krallen über den rohen Felsenboden.
Ein enervierendes, grässliches Geräusch.
Ingittz blickte den Gast verwirrt an, stockte in der Erzählung, fuhr jedoch fort: „Ehe ich verschwand, brach ich den Safe des Hauses auf und steckte einige Lytrila ein."
„Lytrila?", fragte der Kartanin. Seine Stimme klang dumpf, und nach dem einen Wort hustete er, krümmte sich und spuckte einen Batzen Schleim auf den Boden.
Wahrscheinlich war es das erste Wort, das er seit Monaten gesprochen hatte. Er rieb sich das struppige Nackenfeil. „Lytrila", bestätigte Ingittz. „Ja, ich habe sechs davon besessen. Hübsche kleine Hyperkristalle, die mir auf dem Schwarzmarkt so viel Geld einbrachten, dass ich für Jahre ein gemachter Mann war. Oder hätte sein können. Es kam ein bisschen anders. Ich kostete meinen Reichtum wohl zu sehr aus. Exotische Frauen und ... das Übliche eben. Eines Tages wachte ich auf, und neben mir lag eine leere Ampulle mit diesem Mistzeug."
Naigon sah seinen Kameraden fragend an. „Bewusstseinserweiternde Droge", antwortete dieser knapp. „Du inhalierst sie - und peng, sind alle Sorgen verschwunden. Zumindest für einige Stunden. Bald brauchte ich mehr davon.
Und noch mehr. Dann hatte ich einen Dealer auf dem Hals. Und floh schon Lieder. Raubte hier und da meinen Lebensunterhalt zusammen. Diente auf diesem und jenem Schiff, bis es mich nach Hallie-Loght verschlug. Der Prunk der Sternstädte ist bis weit über die Systemgrenzen legendär. Also ging ich nach Il-Vuccash, besuchte den Erlebnistunnel, verdingte mich auf den Märkten und hatte eine katastrophal schlechte Zeit, weil ich mir die Droge nicht mehr besorgen. konnte. Wisst ihr, was Entzug ist? Wisst ihr es?" Ingittz' Hände krümmten sich. „Ach Naigon, du kannst es nicht wissen, und ..."
„Ich weiß es." Der Kartanin versank nach diesem Bekenntnis wieder in seine starre Körperhaltung. „Du wirst ja noch richtig geschwätzig", meinte der Incas überrascht. „Wie dem auch sei, es war entsetzlich. Ich kann froh sein, dass keine weitere körperlichen Schäden zurückblieben als mein steifer Finger."
Ingittz hob die Hand. Der längste Finger ragte wie immer ausgestreckt vor. „Alle Nerven darin sind abgestorben. Nichts als totes Fleisch. Aber ich will mich nicht beschweren. Ich bin gut weggekommen.
Bei anderen sterben Teile der inneren Organe ab oder ganze Sektionen des Gehirns."
Der alte Katzenartige begann wieder, seine Krallen über den Boden zu ziehen. „Ich nahm mir etwas vor", fuhr Ingittz Zaul fort. „Noch einmal, noch ein einziges Mal wollte ich genug Geld zusammenbekommen, um einen Schuss zu kaufen. Ich legte mich mit anderen Incassis an. Böser Fehler. Der größte meines Lebens. Eine hässliche Geschichte begann, deren Ende ihr kennt." Er breitete die Arme aus. „Jeder hat seine Geschichte", sagte der Felide tonlos,
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