2359 - Das Stumme Gesicht
gelegen hatte. Sie hatten eine Spur gefunden, die Kirmizz' Handschrift trug. „So ist es. Schokoll hat ihn gleich danach getötet." Kantiran lächelte grimmig. „Ausgezeichnete Arbeit, Cosmuel."
„Können wir die Weiterverbreitung des Funkspruchs stoppen?"
„Dazu müssten wir den Funkturm in Schutt und Asche legen. Außerdem wird die Botschaft schon seit Stunden über ein Sondennetz im gesamten Lazaruu-Sternhaufen verbreitet. Da geht nichts mehr." Kantiran wechselte das Thema. „Wann kehrst du ins Camp zurück?"
„Bald", gab Cosmuel zur Antwort. „Ich habe vorgestern ein paar Spionsonden ausgesetzt, die die Bewegungsstrukturen des Berufsverkehrs und der Fußgänger rund um den Funkturm nachzeichnen, und möchte die Ergebnisse an Ort und Stelle auswerten. Ich vermute, dass sich Kirmizz ständig in der Nähe herumtreibt.
Außerdem müssen wir davon ausgehen, dass er sich mittlerweile eine kleine Privatarmee beeinflusster Vibe-Lotoier zurechtgelegt hat."
Aufmerksam betrachtete sie jene drei Kartanin, die ihr bereits beim Weggang Polm Ombars aufgefallen waren. Mit ihrer schäbigen und abgerissenen Kleidung passten sie nicht in diese mondäne Gegend. „Geht klar." Kantiran griff zur Seite, als wolle er die Übertragung beenden, überlegte es sich aber schließlich noch einmal. „Pass gut auf dich auf", sagte er und schaltete endgültig ab. „Das werde ich bestimmt machen", gab sie zur Antwort. Der Sternenvagabund konnte sie nicht mehr hören. Das Bild war bereits in sich zusammengebrochen.
Sie seufzte.
Kantiran besaß einen ausgeprägten Beschützerinstinkt, der ganz schön nerven konnte. Manchmal behandelte er sie wie ein kleines Kind. Als wäre sie es nicht schon seit ihrer frühesten Jugend gewohnt, selbst auf sich aufzupassen.
Cosmuel Kain wusste ganz genau, was sie zu tun und zu lassen hatte. Sie war ihr eigener Herr. Niemand würde über ihr Schicksal bestimmen.
Niemand - außer Kirmizz
12.
Kirmizz Er beorderte Pom'Len-Kier mit der Fremden zu sich. Die Kartanin schob seine neueste Errungenschaft von unten durch die pulsierende Masse des Uhms zu ihm herein. Das seltsame Gehirnwesen konnte seine Substanz innerhalb seiner Hülle beliebig verschieben und teilen, ohne dabei Schmerz zu empfinden.
Nach wenigen Sekunden tauchte die Frau neben Kirmizz auf.
Ganz nah waren sie einander nun. Ein seltsames Odeur ging von ihr aus; der Hauch einer Verlockung, wie er ihn noch niemals zuvor gerochen hatte.
Er hieß sie, neben ihm Platz zu nehmen.
Sie war ein aufrecht gehender Zweibeiner, so wie er selbst. Ihr nahezu weißes Haupthaar war seltsam zur Seite hin geflochten, die Augen glitzerten grün, auf den Rippen hatte sie eindeutig mehr Fleisch sitzen als die Hauri.
Aussehen bedeutete Kirmizz nichts. Wie er wusste, half ihm gerade der Mangel an diesbezüglichen Emotionen, Gesprächspartner unvoreingenommen einzuschätzen. „Wie ist dein Name?", fragte er. „Cosmuel Kain."
Ihre Stimme klang ruhig und seltsam anheimelnd. Diese schwache Kraft, die Kirmizz spürte, berührte ihn. Es war, als versuchte sie instinktiv, ihn für sich einzunehmen. Lächerlich! „Warum bist du in dieser Stadt?"
„Um dich zu suchen", antwortete sie mit steigender Verwirrung. Offensichtlich kämpfte ihr Geist mit unerwarteter Kraft gegen seine Beeinflussungsversuche an. „Du hast mich gefunden. Was wirst du nun tun?"
„Ich ... ich weiß es nicht."
„Ich werde dir Fragen stellen. Ich könnte deine Antworten auch auf schmerzhafte Weise erzwingen, doch das würde womöglich länger dauern. Du willst mir sicherlich alles erzählen, was mit deinem großen Freund, der noch 'vor kurzem neben dir stand, zusammenhängt?"
„Muss ... muss ich das?" Überrascht zog sich Kirmizz ein Stückchen aus ihrem Bewusstsein zurück, setzte schließlich von Neuem an.
Da war ein zweiter Teil in ihr, der ihm abartig erschien und im Piloten das Gefühl erweckte, als rührte er an Tabuisiertes; an Uraltes. Etwas, das ihn frösteln ließ und den Gedanken an ... an ... Schattenlosigkeit erweckte. Ja. Sie war nicht nur ein so genannter Mensch, sondern das Kind zweier Sphären. „Du wirst es tun, weil ich über dich gebiete", sagte Kirmizz, während er den Druck seines Bewusstseinssplitters in Cosmuel Kain verstärkte. Es kostete ihm lediglich ein kleines bisschen mehr an Aufmerksamkeit. „Ich habe ein wenig Zeit, bevor ich diesen Planeten verlasse. Ich interessiere mich für dich und deinesgleichen. Und wenn du mir alles gesagt hast, wirst
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