2359 - Das Stumme Gesicht
antwortete Polm an ihrer statt. „Nach allem, was wir bislang herausgefunden haben, kam es beim >Amoklauf< der Hauri zu einer Aneinanderkettung von Zufällen. Auch ihr Motiv für den Mord, den sie begangen hat, scheint nicht gerade einleuchtend gewesen zu sein."
„Gibt es Hinweise auf eine Beeinflussung durch Kirmizz?"
„Wie sollen wir denn das feststellen, mein Bester? Die Wirkung der Gedankenkraft des Piloten lässt sich nicht anmessen. Seine Psi-Kräfte liegen offenbar in Bereichen jenseits der für uns anmessbaren ultrahochfrequenten Hyperschwingungen."
Cosmuel nickte Polm Ombar zu und marschierte weiter, am Haupteingang zum Funkturm vorbei. Rechts von ihnen war ein dunkler Fleck. Hier war die Hauri namens Schokoll aufgeprallt. Sie durften nicht allzu lange an einem Ort bleiben. Hauri bewachten das Gebäude mit Argusaugen. „Ich habe ein paar Informationen für euch." Kantiran wirkte aufgekratzt und besorgt zugleich. „Nur raus damit!"
„Der Hauptrechner von Camp Sondyselene hat vor wenigen Minuten Alarm geschlagen. Er hat einen Datenstream aufgeschnappt, der vom Funkturm aus verteilt wurde und korrumpiert scheint."
„Na und?" Polm Ombar führte sie in eine schmale Seitengasse, die von exklusiv wirkenden Handelsläden zu beiden Seiten gesäumt war. 30 Meter voraus kroch eines dieser riesigen Schneckenwesen, die die Vibe-Lotoier Uhms nannten. „Da hat sich irgendjemand ein Virus eingefangen."
„Unser Rechner behauptet das Gegenteil.
Es handelt sich um ein verstecktes Datenpaket, das auf einer Sub-Ebene ausgestrahlt wird und durch die Haupt-Botschaft eine lazaruuweite Verbreitung erfährt. Es ist offenbar an einen bestimmten Empfänger gerichtet. Der Symbolkode ist unbekannt und mit keinem der im Sternhaufen verwendeten vergleichbar."
„Wie sieht es mit einer Dekodierung aus?"
Cosmuel blieb stehen. Ihre Sinne schlugen an. Möglicherweise war dies jene heiße Spur, auf die sie alle so sehnsüchtig warteten. „Dazu ist der Sub-Text zu kurz gehalten."
„Ich habe eine Idee." Hastig überblickte sie die bislang festgestellten Fakten zum Selbstmord der Hauri. „Lass den Rechner den Absender feststellen."
„Den Absender? Das sind unsere Freunde vom Schutzbund ..."
„Nicht doch den Absender der Botschaft, du Tölpel, sondern den Namen desjenigen, der den Versand im Funkturm bewilligt hat. Ich fresse einen Besen, wenn dies nicht ein gewisser Mehamel gewesen ist."
Kantiran blickte sie verdutzt an. „Ich rühre mich gleich wieder" Dann unterbrach er den Bildkontakt. „Ich habe mich an der nächsten Straßenecke mit Ejdu Melia verabredet", flüsterte Polm Ombar. „Sie wird uns ablösen und in den Läden der Umgebung unauffällig Fragen stellen. Sie ist dank ihrer Sprachsicherheit für solche Belange wie geschaffen und kommt mit ihrer Art bei der hiesigen Bevölkerung sehr gut an."
„Dass sie in mancherlei Hinsicht sehr begabt ist, habe ich schon bemerkt."
Cosmuel verzog das Gesicht. „Geh ruhig vor; ich komme so rasch wie möglich nach. Wenn mir Kantiran meinen Verdacht bestätigt, kann's ein wenig länger dauern."
Hoffentlich um einiges länger, dachte sie insgeheim. Ich habe keinerlei Verlangen, mich mit dieser wandelnden Hormonbombe zu unterhalten.
Polm Ombar stapfte davon. Die Fußgänger, meist zerzaust wirkende Kartanin, wichen ihm, der sie um ein bis zwei Köpfe überragte, respektvoll aus.
Ist es falsch, dass wir uns für alle sichtbar unters Volk mischen?, rätselte Cosmuel Kain. Wäre es nicht besser, wir würden unsere Arbeit im Schutz der Deflektorschirme erledigen?
Nein!, beantwortete sie sich die Frage gleich darauf selbst. Ständig hätten sie die Sicherheitsvorkehrungen beachten und die Ortungs- und Antiortungshinweise ihrer robotischen Helfer befolgen müssen.
Angesichts der Schutzstandards unterschiedlicher Qualität, die in der Stadt La Untique existierten, wäre ihr Vorgehen ein einziger Eiertanz geworden. So nahmen sie ein geringfügig größeres Risiko in Kauf, in der Masse der so sehr durchmischten Bevölkerung Aufmerksamkeit zu erregen, erzielten aber mit Sicherheit bessere Ergebnisse.
Persönlicher Kontakt war das Aund 0 erfolgreicher Agententätigkeit. Niemand beantwortete die Fragen eines Unsichtbaren. „Du hattest recht!", meldete sich Kantiran. „Dieser Mehamel hat den Versand des Datenpakets bestätigt."
„Und es war sein letzter Akt, bevor er nicht ganz freiwillig aus dem Leben schied - stimmt's?" Cosmuel Kain fühlte Befriedigung, dass sie richtig
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