2374 - Der Trojaner
in seinen Gedanken nach. „Der Unfall der Fähre ist ausschlaggebend, und wie immer es dazu gekommen sein mag, Soldaten werden sich wegen des Versorgers nicht die Köpfe zerbrechen.
Vielleicht werden sie versuchen, den Bordrechner auszulesen, aber die Strangeness ist noch sehr hoch, die KOLGONDE muss ein extremes Energiegefälle überwunden haben. Das heißt, für eine ernsthafte Untersuchung werden strangenessresistente Techniker benötigt. Solche Leute sind bestimmt nicht sofort zur Hand. Ich hoffe es jedenfalls."
„Ich auch", murmelte der Major und biss sich sofort auf die Lippe. Er redete nie mit sich selbst, das hatte er sich nicht einmal in der Einsamkeit seines Prospektorendaseins angewöhnt. Wenn er nun drauf und dran war, das nachzuholen, musste er das der Strangeness-Einwirkung zuschreiben. „Du blutest, Major", sagte Lezlie schwerfällig. „Kann es sein, dass du eine oder zwei Minuten nur vor dich hin gestarrt hast?"
Zwei Minuten? Er hatte nichts davon wahrgenommen. Zumindest nicht bewusst.
Als er sich mit dem Handrücken über den Mund und das Kinn wischte, waren seine Knöchel blutverschmiert.
Sekunden später hallte ein Dröhnen durch den Trojaner, begleitet von einem schwachen, trotzdem deutlich wahrnehmbaren Ruck.
Shallowain riss den Strahler hoch, blickte lauernd um sich. „Keine Gefahr!", beschwichtigte Major Hearn. „Es ist alles in Ordnung. Der Versorger wurde soeben an dem Traitank verankert.
7.
Die Ablösung war nicht mehr gekommen.
Ashtai hatte sich nicht darüber gewundert; es wäre ihm eher verrückt erschienen, hätte das Leben in Shulukai seinen gewohnten Gang beibehalten. Die Obelisken, die drohend über der Metropole und dem Raumhafen schwebten, ließen sich nicht wegdiskutieren. Ihre Bewegung war schon vor Stunden zum Stillstand gekommen.
Ashtai spürte das Unheimliche wie eine eisige Faust, die ihm langsam die Luft abschnürte.
In der vergangenen Nacht hatte er nicht geschlafen. Keiner von ihnen hatte das.
Doch ebenso wenig hatten sie den Mut aufgebracht, die Ortungsstation zu verlassen. TQT-10 schien wenigstens ein klein wenig Sicherheit zu bieten, sie brauchten nur die Anlagen abzuschalten, um nichts mehr von dem mitzubekommen, was sich ringsum abspielte, während sie draußen, unter freiem Himmel, dem Schrecken vollends ausgeliefert sein würden.
Ashtai richtete seinen Sessel aus der Liegeposition auf. Garbas herber Duft hing noch in der Luft. Tief atmete er ein, schloss dabei die Augen und glaubte, ihren Körper wieder zu spüren, ihr bebendes Verlangen, das Leben zur Gänze auszukosten, bevor es auf die eine oder andere Weise zu Ende ging. Wie Ertrinkende hatten sie sich aneinandergeklammert und für eine halbe Tonta die verdammte Kolonne und das Chaos vergessen, das über das Kristallimperium hereingebrochen war.
Garba hatte den Kontrollraum inzwischen verlassen und machte sich in der angrenzenden Hygienezelle wieder frisch.
Urplötzlich schreckte er auf. Angut und Iton redeten laut aufeinander ein. Der Analytiker drängte zur Flucht. Irgendwo weit von der Quadermarkierung entfernt, behauptete er, würden sie vielleicht ungeschoren davonkommen. „Das werden wir nicht!", rief Ashtai. „Hört zu, verdammt! Was, glaubt ihr, wird mit der Kristallwelt geschehen, wenn etliche solche Quader aus der Oberfläche herausgeschnitten werden?"
Angut kam hastig näher. „Arkon Iist der sicherste Planet von allen!", versetzte er schroff. „Was glaubst du, was die Chaosmächte haben wollen? Die ausgedehnten Parklandschaften? Oder die Inselgruppen? Nichts davon. Von den Raumhäfen ist Shuluk der größte, und die Stadt wird gleich mitgeliefert. Außerdem haben sie es auf den Hügel der Weisen und den Kristallpalast abgesehen. Und auf einige Wohnsiedlungen. Das ist alles.
Sogar wenn sie vier oder fünf Quader herausreißen, wird das unsere Welt nicht umbringen. Aber vielleicht haben wir danach Ruhe."
„Bist du davon überzeugt?"
Mit hastigen Schaltungen aktivierte Ashtai die Überwachungssequenzen neu. Kurz nach dem Ende der regulären Schicht waren sie wegen der fehlenden Neuanmeldung durch die Ablösung aus Sicherheitsgründen zurückgefahren worden.
Er stöhnte, als er den Nebel sah.
Dieser Dunst stieg nicht einfach aus den Parkanlagen auf, er wurde auch nicht von dem leichten Morgenwind in Richtung des Sichelbinnenmeeres verweht. Der Nebel hatte sich zwischen den Miniatur-Obelisken ausgebreitet, und im Schein der aufgehenden Sonne wirkte er wie eine dichte
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