2386 - Die Diskrete DomÀne
beiden abwechselnd in der unmittelbaren Nähe der Nordwest-Pyramide auf meine Anweisungen gewartet oder mich gar auf Rundgängen durch die unterirdischen Anlagen begleitet. Wann immer ich sie benötigte, hatten sie mich nach Dynh Abhwelt gebracht oder Warentransporte erledigt.
Mann und Frau blickten sich unsicher an.
Lemaha rieb sich mit sanften Kreisbewegungen den Bauch. „Noch komme ich zurecht", sagte sie. „Es gibt allerdings eine Faustregel: Ab dem fünften Monat der Schwangerschaft sollte man das Mesoport-Netz nicht mehr nutzen.
Alexim wird dir ab diesem Zeitpunkt vermehrt behilflich sein. Ich habe darüber hinaus Taudy, Konbul und Renze gebeten, mich zu vertreten. Sie sind zwar nicht begeistert von der Idee, die Pyramiden zu betreten, werden es aber mir zuliebe machen."
„Das ist nicht unbedingt notwendig." Ich kannte die Scheu der meisten Telomon vor den lemurischen Anlagen. „Was haltet ihr davon, wenn ich eine Interkom-Anlage in eurem Wohnhaus installiere? Sie ist unkompliziert zu bedienen, und ich kann euch dann jederzeit per Kamera, Mikrofon und Funk kontaktieren."
„Warum arbeitest du nicht mit einem Mikro-Wissenden? Mithilfe der Augen und Ohren der Andury könnten wir genauso gut miteinander Kontakt halten."
„Mag sein. Es wäre mir dennoch lieber, wenn wir mithilfe lemurischer Technologie kommunizierten."
Die beiden Telomon blickten sich erstaunt an. Schließlich nickten sie zögernd, sagten ein paar Grußworte und gesellten sich schließlich zu ihresgleichen, um letzte Aufräumarbeiten in Enduhaim zu erledigen.
Ich verstand ihre Befremdlichkeit. Aus Gründen, die ich mir selbst nicht erklären konnte, wollte ich mich weiterhin altvertrauter Technik bedienen.
*
Nahezu drei Jahre waren seit dem Stürz der Sternwolke Orellana in den intergalaktischen Leerraum vergangen.
Mehr als vier Dutzend Telomon hatten sich mittlerweile in Enduhaim angesiedelt. Der Platz wurde knapp; schon überlegte man, weitere Häuser zu errichten und das Gemeindegebiet bis an die Grenzen des umgebenden Wäldchens auszudehnen.
Wenn ich Ablenkung von meiner Arbeit in den Kavernen der Lemurer benötigte, half ich der Dorfgemeinschaft. Ich gärtnerte, zimmerte oder hob Senkgruben aus. Harte körperliche Arbeit bildete einen krassen Gegensatz zu jenen Dingen, die ich sonst zu tun hatte. „Du hast Muskeln angesetzt", sagte Lemaha mit prüfendem Blick, „die Haut deiner Hände ist hornig, und deine Gesichtsfarbe ist nachgedunkelt."
„Du hast meinen Rücken vergessen, der ordentlich schmerzt", sagte ich und erwiderte ihr freundliches Lächeln. Mein derzeitiges Aussehen hatte, wie ich wusste, nichts mit meinen tatsächlichen Kräften zu tun. „Und wie geht es dir? Die Geburt müsste in den nächsten Tagen vonstattengehen, nicht wahr?"
„Wenn du uns das nächste Mal besuchst, wirst du Maino bereits sehen."
„Maino? Das wird sein Name sein? Woher weißt du ..."
„Ich weiß es", sagte sie bestimmt. „Es wird ein Junge."
Der Bauch war kugelrund. Sie trug ihn offen vor sich her, pflegte ihn tagtäglich mit einer stinkenden Creme, die ihn glänzen ließ und Dehnrissen entgegenwirken sollte.
Wenn ich genau hinsah, konnte ich das Strampeln kleiner Füßchen unter der Haut erkennen. Und wenn ich mit meinen hyperfühligen Sinnen hinhörte, streifte mich der Geist des Kindes. Sein Bewusstsein. Seine Seele. Das, was es ausmachte.
„Maino wird sicherlich wahnsinnig hübsch und intelligent werden", sagte ich.
Unbeholfen und plump erschienen mir die Worte. Das Wunder werdenden Lebens, das ich hautnah miterlebte, faszinierte mich wie selten etwas zuvor. „Das muss er gar nicht", erwiderte Lemaha mit ernstem Gesicht. „Er soll gesund sein.
Ein ganz normales Kind, wie ..."
Ein Geräusch ertönte, wie vom lauten Klatsch einer Hand auf den Hintern eines Kamhalox. Ich wandte mich der Nebelwand im Zentrum des kleinen Dorfs zu. Ein Telomon taumelte daraus hervor, stolperte, fiel schluchzend zu Boden.
Ich eilte .zu dem Kleinen, erreichte ihn zeitgleich mit Alexim und Taudy, die einen zierlichen Beistelltisch für den Transport in eine andere Diskrete Domäne vorbereitet hatten. „Was ist los?", fragte ich.
Der Telomon blickte mich verständnislos an, schien durch mich hindurchzublicken. „Unser Dorf ...", begann er, japste nach Luft, hustete, spuckte gelblichen Schleim. „An... angegriffen. Tad de Raud."
Von überall her kamen die Enduhaimer herbeigelaufen, sammelten sich um den Artgenossen. „Tad de Raud?" -
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