2391 - Die Schwarze Zeit
Merk dir das", raunte Viltur dem Hausrobot zu. „Das musst du mir später übersetzen!"
„Den Sinn des Spiels?" Diros Stimme. „Nun, das Schubsen." Der Mann erzählte irgendetwas über das Spiel. Alle Kinder hatten geschubst, alle hatten mit den Armen gedreht, alle waren herumgewirbelt. Ob sie alle Besuch von dem Mann bekamen? „Er hat niemanden verletzen wollen", wiederholte Diro.
„Keine Frage. Ich betone es einmal anders: Er hat den Sinn des Spiels nicht verstanden...
Es ging ein wenig hin und her Der Mann erzählte von den Armbrüchen, den Rippenprellungen, den aufgeplatzten Lippen. Viltur hatte das nicht gewollt. Es war einfach passiert, als es so wild wurde, als alle nach ihm griffen und von unten auf ihn einschrien. Der Terraner hatte recht: Viltur hatte das alles nicht verstanden. Er hatte Angst bekommen und... „Ich weiß ja, er versteht nicht gut ...", sagte Diro so leise, dass es das Akustikfeld kaum verständlich machen konnte. „Sie nennen es das Gingor-Trevala-Syndrom, nicht wahr?" Pause. „Ich habe mir erlaubt, einen kleinen Gen-Test anzuordnen. Er hat das Gingor-Trevala-Syndrom. Vielleicht hast du einfach vergessen, die Leitung das Pädagogikums in Kenntnis zu setzen?" Pause. „Oder?"
„Ist es hier meldepflichtig?", wollte sein Bruder wissen. „Es ist nicht meldepflichtig, aber eine Benachrichtigung der Pädagogischen Leitung wäre hilfreich gewesen. Wir hätten - nun, Vorkehrungen treffen können." Pause. Dann sprach wieder der Mann. „Also habe ich recht. Es trifft einen von hunderttausend auf Trevala geborenen Ertrusern. Die Betroffenen sind - nun, Intelligenzdefizient. Es ist genetisch nicht therapierbar, aber ..." Nun folgten allerlei Wörter, die der Hausrobot später erklären musste.
Sein Bruder sagte kaum noch etwas.
Endlich war der Mann fort. Diro kam in sein Zimmer. „Du hast gelauscht, Vil?"
„Ja!", sagte er stolz. „Vil - der Mann meint es gut, weißt du. Es war nicht richtig, dass du die anderen - die terranischen Kinder verletzt hast. Sie sind so viel schwächer als du. Und als sie gesagt haben: Triff uns!, haben sie das nicht so gemeint."
„Aber sie haben es gesagt", beharrte er. „Man soll nicht lügen!"; verkündete er überzeugt. „Außerdem habe ich mich schon entschuldigt. Hundertmal."
„Ja. Du hast dich entschuldigt. Der Mann meint, man könnte etwas dagegen tun, dass du Ironie nicht verstehst. Diese - lustig gemeinten Lügen. Nicht genetisch, das heißt - ach, irgendwas. Aber man könnte dir ein kleines Teilchen in deinen Kopf einbauen, einen Chip, eine ganz kleine Maschine, die dir beim Denken hilft."
„Und dann bin ich auch schlau?"
„Dann wärest du ... ja, dann würdest du vieles klarer sehen."
„Das ist gut."
„Ja, das wäre gut. Nur würde dieses Maschinchen ... es würde ... Du wärest danach etwas anders als jetzt. Ein etwas anderer Mensch."
„Aha."
Er spürte, dass sein großer Bruder zögerte.
Viltur überlegte. „Und das möchtest du nicht?"
Diro schwieg. „Bist du traurig, weil ich nicht - richtig bin?"
„Wer sagt das?", fuhr Diroza auf.
Viltur dachte nach. „Alle. Alle denken das.
Und manche sagen es auch."
Diroza streichelte ihm über den kahlen Schädel. Er würde nie die typische Ertruserfrisur tragen. Er war immer schon kahl gewesen - wie alle Trevala-Ertruser mit dem Gingor-Syndrom. „Dann irren sie alle", sagte sein Bruder, der fast 200 Jahre älter war als er. „Alle, die das sagen, irren", wiederholte er, „und nur du und ich kennen die Wahrheit."
„Das ist unser Geheimnis, ja?"
„Ja", flüsterte Diroza ihm ins Ohr, „das ist unser Geheimnis."
*
Milla spazierte an einer Halle vorbei, die aus selbstverstärkendem Aluminium frisch aufgeschäumt war. Vor der Halle stapelten sich Spulen, Zapfen und Wickelkeulen, bewacht von einem schildkrötenförmigen Roboter. Der Roboter projizierte kleine Hologramme über den einzelnen Abschnitten der Stapel, in denen Hinweise auf die Herkunft und den Zweck der Geräte leuchteten. Milla entzifferte unter Mühen einige der Bezeichnungen, verstand aber nichts.
Mit seinem feinen Gehör nahm er ein merkwürdiges Prasseln wahr, das aus der Halle klang. „Was ist da drin?", fragte er neugierig. „Die Halle ist noch nicht in Betrieb", antwortete der Roboter. „Aber ich höre etwas."
„Ich auch."
„Hast du etwas dagegen, wenn ich mal nachschaue?"
„Aber nein. Gib mir Bescheid. Stille meine Neugier."
Milla runzelte die Stirn. Einen besonders neugierigen
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