Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
ablud, bewahrte ich sie vor unbequemen, vielleicht sogar schädlichen Einflüssen und hob sie mit einem einzigen Ruck zu der Atmosphäre empor, in welche sie gehörte. Sie fühlte das, aber sie sagte nichts, doch ging es wie ein unsichtbarer und unhörbarer, jedoch leise, ganz leise zu empfindender Hauch von Dankbarkeit von ihr zu mir herüber. Sie war eine jener tief und edel angelegten Frauen, deren Aufgabe es ist, den Schritt vom gewöhnlichen Menschentum zum geläuterten Geistes-Menschentum ohne abstoßende Leiden, Qualen und Martern zu tun, um andere, die sich auch nach Vervollkommnung sehnen, zur freiwilligen Nachfolge anzuregen.
    Ich erfuhr von ihr, daß die gefangenen Tschoban hier im Palast untergebracht seien, in drei verschiedenen wohlverriegelten Räumen, also vollständig getrennt voneinander, so daß eine Verständigung zwischen ihnen ganz unmöglich sei. An eine Flucht war nicht zu denken, so streng wurden sie bewacht. Sie waren noch jetzt mein Eigentum. Aber ich hatte versprochen, sie an die Ussul abzutreten, sobald ich bewiesen habe, daß sie nicht in friedlicher, sondern in feindlicher Absicht gekommen seien. Dieser Beweis war erbracht, doch man hatte die Abtretung noch nicht verlangt, und so hielt ich mich noch immer für berechtigt, ganz allein über sie zu verfügen. Ebenso erfuhr ich von ihr, daß der Sahahr glücklich nach Hause gebracht worden sei und sich ganz sonderbar benehme. Seine Frau wünsche sehr, mich einmal zu sehen, und zwar womöglich noch heute, doch dürfe der Sahahr nichts hiervon wissen. Darum möge diese Zusammenkunft, wenn ich einverstanden sei, im Tempel stattfinden. Als ich erklärte, daß ich sehr gern einwillige, sagte Taldscha, sie werde dabei sein und mich nach dem Tempel begleiten.
    „Wann?“ fragte ich.
    „Am Schluß dieses Essens. Ich benachrichtige sie. Dann wartet sie im Tempel, bis wir kommen.“
    „Du hast mir gesagt, daß sie die Seele, er aber nur der Körper sei. Es widerstrebt meinem Herzen, so eine Frau auf mich warten zu lassen. Übrigens wünsche ich nicht, daß die andern Gäste dann meinetwegen auch gehen müssen. Wie lange wird die Festlichkeit noch währen?“
    „Wenigstens bis Mitternacht. Doch kannst du dich entfernen, sobald es dir beliebt. Kein Mensch wird es dir übelnehmen.“
    „Auch nicht der Scheik?“
    „Auch dieser nicht!“
    „Aber du mußt bleiben?“
    „O nein. Warum soll ich nicht ganz dieselbe Freiheit haben wie du und jeder andere? Ich bleibe stets nur so lange, wie es für mich wichtig und geboten ist. Das Wichtige ist vorüber. Was nun noch kommt, ist nur Essen und Trinken und nebensächliches Gespräch. Ich bleibe also nur deinetwegen. Wünschest du fort?“
    „Ja.“
    „Das ist aufrichtig von dir! Ich bitte dich, stets so offen gegen mich zu sein, denn ich bin es auch gegen dich. Habe nur noch eine Viertelstunde Geduld, denn ich muß meine Freundin vorher benachrichtigen.“
    Sie schickte einen Boten. Dadurch sprach es sich herum, daß wir uns entfernen würden, doch verursachte das nicht die geringste Störung. Es fiel niemandem ein, zu denken, daß nun auch er zu gehen habe.
    Selbst Halef rief mir zu:
    „Du willst fort, Sihdi? Ich aber muß unbedingt noch sitzen bleiben!“
    „So tue es! Auch ich gehe noch nicht heim. Hast wohl noch Wichtiges zu verhandeln?“
    „Unendlich Wichtiges!“ rief er mit der Miene eines Mannes aus, der unter der Menge und der Schwere seiner Pflichten fast erstickt. „Bedenke doch, daß es einen Feldzug gibt! Es handelt sich um Leben und Tod vieler Tausender von Menschen! Und wenn wir einmal siegen, so siegen wir immer weiter. Wir werden nämlich nicht bei diesem einen Sieg stehen bleiben, sondern wir haben soeben beschlossen, in das Gebiet der Tschoban einzudringen und ihren Scheik abzusetzen. Was wir dann noch weiter erobern und wen wir dann noch weiter absetzen, das werden die ferneren Beratungen ergeben, die wir noch zu halten haben. Denn die heutige ist die erste, noch lange aber nicht die letzte!“
    Als die Viertelstunde vorüber war, verabschiedeten wir uns. Dann durch den großen Mittelraum gehend, in dem die andern Gäste saßen, bemerkten wir, daß der Simmsemm hier bedeutend größere Verheerungen angerichtet hatte als bei uns. Es gab hier alle möglichen Sorten dieser Wirkung, vom leisen ‚Pfiff‘ und heiteren ‚Schwips‘ bis zum schweren ‚Affenrausch‘ hinauf. Dennoch erhoben sich alle von ihren Plätzen, um uns, als wir vorübergingen, ihre Achtung zu erweisen. Nur

Weitere Kostenlose Bücher