24 - Ardistan und Dschinnistan I
Aufzunehmende mit einem Ussul zu kämpfen habe, um durch seinen Mut seine Würdigkeit zu beweisen. Sie deutete darauf hin, daß ich sogar mit den Bluthunden der Ussul gekämpft und sie besiegt habe, ohne eine Waffe in der Hand zu haben; dies sei doch noch viel mehr, als was das Gesetz bestimmte. Und sie legte ganz besonderen Wert darauf, daß wir beide, Halef und ich, den ‚Erstgeborenen‘ der Tschoban mit seinen Begleitern besiegt und gefangengenommen hatten. Dies hebe uns hoch über jeden ferneren Beweis unserer Tapferkeit und Würde empor, so hoch, daß eine Beratung und Abstimmung über diesen Gegenstand ganz überflüssig sei. Sie nehme uns also hiermit in den Stamm der Ussul auf und bitte uns, den Treueschwur in die Hand des Scheiks und der Ältesten zu legen. Der gegenwärtige Trinkspruch sei in ihrem Leben der erste, den sie halte. Sie sei stolz darauf, dies von uns gelernt zu haben, und sie hoffe, auch in Zukunft noch vieles und besseres von uns zu lernen. Hurra! Hurra! Hurra!
Hei, wie die schwerfälligen Gestalten dieser guten Leute da schnell und leicht aufsprangen, ihre vollen Tassen leerten und dann herbeikamen, um mit höchst bereitwillig ausgestreckten Armen sich unsern Handschlag zu holen! Es gab einen unendlichen Jubel, der auch nach der Tafel zweiten Ranges getragen wurde, indem einer hinausging, um die frohe Kunde dorthin zu bringen. Der Lärm, der sich da draußen erhob, war noch größer als der, den wir im eigenen Raum verübten, und der Grund dieses Beifalls war wohl zum großen Teil auch mit in dem Umstand zu suchen, daß da draußen erzählt worden war, welche große Freude wir über das neubackene Brot gehabt hatten. Als ich den Ältesten und dem Scheik die Hände gedrückt hatte, griff auch Taldscha nach der meinen. Sie hielt sie eine Zeitlang fest, ohne ein Wort zu sagen, und sah mir mit einem siegreichen Lächeln, welches zugleich einen kleinen ironischen Anflug hatte, ins Gesicht. Dann sagte sie:
„Das ging schneller, als du dachtest, nicht? Zürnst du mir darüber?“
„Keinesfalls!“ antwortete ich. „Du hast als Weib gehandelt, und doch zugleich als Mann und Scheik. Ich danke dir!“
Halef war überglücklich, Ussul geworden zu sein. Solche Dinge waren so recht nach seinem Geschmack. Die Größe seiner Freude trieb ihn hinaus zu den andern Gästen, um ihnen einen schmetternden Toast zu halten. Der Erfolg, den er hervorrief, war riesengroß, nach dem Lärm gemessen, der sich hierauf erhob. Später freilich, als wir wieder daheim in unserem Haus waren, gab er zu, daß er sich doch im stillen über die Pfiffigkeit der Scheikin geärgert habe, durch welche der von dem Gesetz vorgeschriebene Kampf zwischen uns und zwei Ussul vermieden worden sei.
Und was die Verhandlung wegen unseres Feldzugs gegen die Tschoban betrifft, so stellte sie sich ebenso als unnötig heraus. Die Stimmung der Ältesten war auch in dieser Sache eine außerordentlich günstige. Sie richteten ganz einfach die Frage an Taldscha, ob sie diesen Feldzug für wünschenswert halte, und als sie eine bejahende Antwort bekamen, erklärten sie, daß der Krieg beschlossen sei und daß diese Angelegenheit also nun nicht mehr in ihre, sondern in die Hand des Obersten gehöre. Der sei der Befehlshaber des Heeres, und der habe sich nur seinen Kopf, nicht aber auch ihre Köpfe zu zerbrechen! Als Taldscha hiergegen einwarf, daß vor allen Dingen ich zu fragen sei, bat ich den Obersten, sich zunächst an meinen tapferen Hadschi Halef Omar, den berühmten Scheik der Haddedihn, zu wenden. Der sei ein sehr erfahrener Krieger und jedenfalls gern bereit, ihm diejenigen Winke zu geben, die unbedingt zum Sieg führen würden.
Kaum hatte ich das gesagt, so sprang Halef wie elektrisiert von seinem Sitz in die Höhe und forderte den Obersten und die beiden Leutnants auf, sich mit ihm an einen andern kleinen Tisch zu setzen; er werde dort mit ihnen weiteressen, um mit den von mir erwähnten Winken augenblicklich beginnen zu können. Sie erfüllten seinen Wunsch mit wahrem Stolz, und als ich im weiteren Verlaufe des Abendessens diesen ihren kleinen, abgelegenen Tisch einmal als den ‚Tisch der Feldherren‘ bezeichnete, hatte ich mir die Herzen der drei ‚Offiziere‘ derart gewonnen, daß sie zu jeder Art von Tapferkeit erbötig waren.
In dieser Weise schaffte ich mir freie Hände. Taldscha war die einzige bestimmende Person. An sie hatte ich mich zu halten. Indem ich alles Belästigende und Nebensächliche auf den kleinen Tisch
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