24 - Ardistan und Dschinnistan I
mehrere. Die Frucht wird auf sehr verschiedene Weise zubereitet und gehört zu den beliebtesten Nahrungsmitteln der Ussul.“
„So wollen wir uns beeilen, nach dem Mittel zu suchen, welches ich mir ausgesonnen habe!“
Wir gingen in das Haus, wo er sich über die vorhandenen Kissen hermachte, um nachzusehen, womit sie gefüllt waren. Gleich aus dem ersten, dessen Naht er ein wenig öffnete, quollen ihm weiße, weiche Baumwollflocken entgegen.
„Schau!“ sagte er. „Das ist es, was wir brauchen! Wenn ich mir die Nase damit zustecke, ist sie ganz außerstande, mich mit Gerüchen zu ärgern, mit denen ich mich nicht befassen will. Verstehst du mich, Effendi?“
„Sehr wohl!“ lachte ich.
„Und bist du bereit, dich an meiner schönen Erfindung zu beteiligen?“
Er begann, die Flocken herauszuzupfen.
„Laß es uns versuchen. Gib her!“
„Hier hast du! Stecke es ein! Das Mittel ist natürlich nicht schon jetzt anzuwenden, sondern erst dann, wenn die unheilvollen Gerüche sich uns nähern. Täten wir es schon jetzt, so verzichteten wir auf alles andere, was der menschlichen Nase Vergnügen und Begeisterung bereitet. Bedenke, das köstliche neubackene Brot und den belebenden Duft der Rinderviertel und vielen anderen Braten! Meine Seele schwärmt schon jetzt diesen Genüssen entgegen! Die deinige nicht auch?“
Wer ihn so sprechen hörte, mußte ihn für einen großen Esser halten. Das war er aber nicht. Wenig genügte, ihn zu sättigen, und er hatte oft genug bewiesen, daß ihn im Ertragen von Hunger und Durst kein anderer übertraf.
Übrigens brauchte er auf die Genüsse, auf die er sich innerlich mit Phantasie und äußerlich mit Watte vorbereitete, nicht lange zu warten. Der Scheik kam in eigener Person, uns zum großen Festmahl abzuholen. Er äußerte, daß er wegen der Hunde Sorge habe. Er befürchtete, daß sie es erzwingen würden, mir zu folgen, und daß in diesem Fall eine große Gefahr für seine Gäste entstehe. Ich beruhigte ihn. Die Hunde bekümmerten sich jetzt gar nicht um mich; sie lagen bei ihrer Knochenmahlzeit hinter der wohlverriegelten Tür. Das beruhigte ihn.
Es wurde in zwei verschiedenen Räumen gegessen. Die Gäste zweiten Ranges saßen im Mittelraum des ‚Palasts‘, in der Nähe der Herde. Obenan thronte da der ‚Mir von Ardistan‘ in der Pracht seiner flimmernden Orden. Er fühlte sich so erhaben, daß er unserer Ankunft, obgleich wir unmittelbar an ihm vorüber mußten, keine Spur von Beachtung schenkte. Die Gäste höheren Ranges waren auch im Erdgeschoß versammelt, aber im größten Zimmer desselben, welches vier nach außen gehende Fenster hatte und sehr wohl mit dem Ausdruck ‚Saal‘ bezeichnet werden konnte. Der Fußboden dieses Saals bestand aus festgerammter Erde, in welche man Pfähle geschlagen hatte, um durch darauf genagelte Bretter Tische, Bänke und Stühle zu bilden. Man saß hier also nach europäischer Weise an hohen Tischen. Auch die Betten in unserem Haus drüben waren auf hölzernen Gestellen bereitet. Ein Sitzen, Lagern und Liegen in der allgemeinen orientalischen Weise, nämlich unten an der Erde, verbot sich durch die im Land herrschende außerordentliche Feuchtigkeit ganz von selbst.
Gedeckt, aber ohne Tischtuch und ähnliche Raffiniertheiten, war auf einer langen Tafel, über der zwei große Leuchter hingen. Sie bestanden aus zusammengesetzten Geweihen und trugen große, starke, brennende Talglichter, die eine für uns genügende Helligkeit verbreiteten. Versammelt waren die Ältesten, der Oberst, die beiden Leutnants und noch mehrere angesehene Männer, die wir erst noch kennenlernen sollten. Frauen gab es nicht, außer der Herrin der Ussul, die obenan saß und das Mahl und die während desselben geführte, sehr angeregte Unterhaltung in einer Weise leitete, daß sich unsere bisherige Achtung vermehrte und befestigte.
Was wir aßen und in welcher Zubereitung und Reihenfolge es aufgetragen wurde, ist natürlich Nebensache. Ich will nur kurz erwähnen, daß die ungeheuren Portionen Fleisch, in welche die Braten für die einzelnen zerlegt worden waren, in so kurzer Zeit verschwanden, daß Halef nur immer auszurufen hatte: „Maschallah! Es geschehen Zeichen und Wunder!“
Die Gemüse waren in noch größeren Mengen vorhanden, doch blieb kein Blatt, kein Stiel von ihnen übrig. Duriogerichte gab es mehrere. Man aß die Frucht auch roh, ganz in derselben Weise, in der man bei uns Melonen ißt, und ich will verraten, daß uns hierbei die Watte
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