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24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Hütte stand, und bat mich, auf ihr Platz zu nehmen. Ich tat dies, ohne mir etwas besonderes dabei zu denken. Sofort saßen Aacht und Uucht neben mir, zu meiner Rechten und zu meiner Linken. Dann sagte er:
    „Ich bitte, uns nur für einen Augenblick zu beurlauben; dann sind wir zu deinem Dienst bereit. Komm, mein Kind!“
    Er nahm seine Tochter bei der Hand und ging mit ihr so weit von uns fort, wie die Felsenplatte reichte. Das war die äußerste Spitze, auf der sie standen, wenn sie sangen. Während sie dorthin gingen, sprach Merhameh zu ihrem Vater. Sie schien ihm kurz zu berichten, was sie von Halef und mir erfahren hatte. Dann standen sie eng nebeneinander, sie ihr Köpfchen an seine Schulter gelehnt, still, fast ohne sich zu bewegen, hinausschauend in die irdische Ferne und auch hinauf zum Himmel, mit dem sie sprachen, ohne daß ein Wort davon zu hören war.
    „Sihdi, ich glaube, sie beten“, sagte Halef.
    Ich antwortete nicht. Es war hier oben so ungewöhnlich, so sonderbar, so heilig. Ich fühlte, daß unsichtbare Rätsel um mich schwebten, daß ihre Lösung aber nur scheinbar da draußen in der weiten Meeres- und Wüstenferne, in Wirklichkeit aber in mir selber liege. Als Vater und Tochter zurückkehrten, waren ihre Augen feucht; auf ihren Gesichtern lag es wie eine besorgte Frage. Er setzte sich zu meinen Füßen nieder, während seine Tochter etwas weiter weg sich niedersetzte, aber so, daß sie noch hörte, was wir sprachen. Abd El Fadl begann:
    „Meine Tochter hat mir gesagt, daß du aus dem Land der Germani bist und Effendi oder Sihdi genannt wirst. Erlaubst du, daß auch ich dich so nenne?“
    Ich neigte zustimmend den Kopf. Da fuhr er fort:
    „Du hast den Schild; ich habe ihn auch. Wir brauchen uns nicht zu kennen und kennen uns aber doch! Wer und was du in deiner Heimat bist und wer und was ich in der meinigen bin, das ist in dieser Stunde und an diesem Ort Nebensache; wir wollen uns nicht damit beschäftigen. Ich bitte dich, mir zu sagen, von wem du den Schild hast, ob wirklich von Marah Durimeh!“
    „Von ihr selbst. Sie gab ihn mir in Ikbal, als ich mit meinem Hadschi Halef Omar Gast ihres Schlosses war. Ich bekam ihn, als sie mir den Auftrag gab, nach Dschinnistan zu reisen.“
    „So bist du der, den ich erwarte, doch nicht dich allein. Noch einer ist dabei, der auch den Schild besitzt.“
    „Auch er wird kommen, in wenigen Tagen schon.“
    „Wer ist es?“
    „Ein junger Mann aus dem Land der Ussul. Man pflegt ihn dort den Dschirbani zu nennen.“
    „Den Räudigen? Auch hält man ihn für wahnsinnig?“
    „Ja.“
    „Allah sei Dank! Und dir für diese Botschaft ebenso!“ Den Blick auf seine Tochter richtend, nickte er ihr freudig zu und fuhr fort: „Er ist es: er ist es! Es gibt wohl keine große Idee auf Erden, die nicht in den ersten Tagen ihrer Zeit für Wahnsinn galt. Die Stunde der Erfüllung scheint zu nahen. Die Berge brennen. Das Eis des Nordens strebt dem Süden zu. Die Wüste füllt sich mit Speise und Trank. Der ‚Wahnsinn‘, der uns den Frieden bringen soll, kann kommen! Aber wie kommt er? In welcher Weise?“
    Diese letzten, fragenden Worte waren wieder an mich gerichtet. Aber ich kam nicht dazu, sie zu beantworten, denn Halef fiel schnell ein, und zwar in seiner altbekannten, prunkvollen Weise:
    „Er kommt nicht klein, sondern groß, nicht allein, sondern an der Spitze eines ganzen Heeres, nicht als Bittender, sondern als Befehlender, dem alle Welt zu gehorchen hat.“
    „An der Spitze eines Heeres?“ fragte Abd El Fadl.
    „Ja.“
    „Gegen wen?“
    „Gegen die Tschoban. Sie kommen herangezogen, um die Ussul zu überfallen und auszurauben. Die Mutigen unter den Ussul aber, die man Hukara nennt, ziehen ihnen, unter der Anführung des Dschirbani entgegen. Beide Heere werden grad hier, an diesem Engpaß, aufeinanderstoßen –“
    „Wann, wann?“ unterbrach ihn Abd El Fadl.
    „In einigen Tagen. Wir sind dem Heer vorausgeritten, um den Engpaß zu prüfen und die Annäherung der Tschoban zu erkundschaften.“
    „Also Krieg?“ rief der ‚Diener der Güte‘ aus, indem er hocherregt die Hände zusammenschlug. „Krieg und Blutvergießen! Weil sich der Friede nur durch Blut erringen läßt?“
    „Nein, kein Blutvergießen!“ widersprach Halef. „Wir wollen durch List und Güte siegen, nicht durch Haß und Blut.“
    „Unmöglich!“ rief Abd El Fadl aus, „doch wohl nur, um uns zu prüfen?“
    „Wie? Nicht möglich? Ich sage dir, daß wir Übung haben in

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