24 Stunden
vergleichen.
Plötzlich hatte er eine Idee. Wenn ihr eigenes Leben keine passende Parallele barg, so war sie vielleicht im Leben anderer zu finden. Lebensgeschichten in Filmen. Er und Karen hatten sich schon Tausende von Filmen zusammen angesehen, und einige von ihnen mehrmals. Es dauerte kaum eine Minute, bis er einen Satz formuliert hatte, den sie ganz sicher verstehen würde. Er schrieb folgende Nachricht:
Abby wird es schaffen. Vertraue mir.
Glaubst du, dass der Kondor eine gefährdete Tierart ist?
Will musste lächeln. Für Hickey war dieser Satz mit Sicherheit ein Rätsel, doch Karen würde ihn bestimmt verstehen. Sie hatte jahrelang für Robert Redfort geschwärmt.
»Was tippen Sie da?«, fragte Cheryl.
Auf Wills Bitte hin hatte sie sich im Wohnzimmer aufs Sofa gelegt und trank Cola. Es hatte ihr zwar nicht gefallen, keinen Rum mehr trinken zu dürfen, aber sie schien zu begreifen, dass sie in den nächsten Stunden einen klaren Kopf brauchte. Die Frage, warum sie mit ihm kooperierte, hatte Will eine ganze Weile beschäftigt. Hatte sie Angst, dass er ihr erneut Succinylcholin spritzen würde? War sie begierig auf das Geld, das er ihr versprochen hatte, und die Freiheit, die es bot? Oder war sie zu dem Schluss gekommen, dass Hickey wirklich vorhatte, Abby zu töten - und sie wollte damit nichts zu tun haben? Die Antwort bestand sicher aus einer Kombination aller drei Punkte, und was sie am stärksten zur Kooperation bewog, wusste sie wahrscheinlich selbst nicht.
Will verkabelte sein Dell mit dem Dataport des Hoteltelefons und loggte sich unter seiner Achthunderternummer bei AOL ein. Seine Mailbox war leer. Er schickte die E-Mail an Karens EMail-Adresse - kjen39 - und loggte sich aus. Kurz nachdem er das Programm beendet hatte, klingelte das Telefon.
Es war erst Viertel nach vier, also eine Viertelstunde zu früh für die Kontrollanrufe. Will gab Cheryl ein Zeichen, ans Telefon zu gehen.
Sie nahm ab, sagte »Ja« und reichte ihm den Apparat. Er rechnete damit, Harley Ferris' Stimme zu hören, aber es war sein Anrufservice, der sich vergewissern wollte, ob er die Nachricht auf seinem Pager erhalten hatte. Die Sekretärin fügte noch ein paar ermutigende Worte über »das kleine Mädchen mit der Lebertransplantation« hinzu. Will, der annahm, dass Karen sich diese Geschichte ausgedacht hatte, bedankte sich und legte auf.
Das Telefon klingelte fast sofort darauf erneut.
»Das ist bestimmt Ferris«, sagte er und griff nach dem Telefon. »Will Jennings.«
»Harley Ferris, Doktor. Unsere Computer zeigen ein Telefonat kurz nach vier Uhr an, das durch den Funkturm, der das Gebiet um Hazelhurst versorgt, durchgestellt wurde. Das Gespräch wurde von einem Festnetzanschluss in Ihrem Haus geführt.«
Wills Pulsschlag beschleunigte sich. »Haben Sie eine Ahnung, wo sich der Empfänger aufhält?«
»Nein. Selbst wenn wir dort einen Funkpeilwagen gehabt hätten, wäre es sehr schwierig gewesen. Der Anruf dauerte kaum fünfzehn Sekunden, und anschließend wurde das Telefon abgeschaltet.«
»Und was ist mit der Telefonnummer? Haben Sie den Namen des Kunden?«
»Ja, aber ohne Einschaltung der Polizei kann ich damit nichts anfangen. Ich kann Ihnen den Namen noch nicht einmal sagen. Wahrscheinlich ist es ein Deckname, doch das kann nur die Polizei herausbekommen.«
»Ich bitte Sie nicht, mir den Namen zu nennen, okay? Sagen Sie mir nur, ob er Joe Hickey heißt.«
»Nein. Ich glaube, es ist Zeit, das FBI einzuschalten. Unser Sicherheitsdienst hat gute Kontakte zum hiesigen FBI-Büro.«
»Sie haben mir Ihr Wort gegeben, Mr. Ferris. Nicht vor morgen früh. Was ist mit Ihren Funkpeilwagen? Wo sind sie?«
»Sie sind in Tunica County und arbeiten dort mit der Staatspolizei an einem Betrugsfall, in den Kasinoangestellte verwickelt sind.«
Will biss die Zähne zusammen. Tunica County gehörte fast schon zu Memphis. Das bedeutete mindestens drei Stunden, ehe die Wagen in Jackson sein konnten. Und bis Hazelhurst würden sie noch länger brauchen. »Sie könnten erst um acht Uhr mit der Arbeit beginnen.«
»Genau. Ich habe ein Team aufgefordert, sofort hierher zu kommen, aber Sie haben Recht. Es dauert natürlich ein paar Stunden, bis sie hier sind. Darum...«
»Keine Polizei. Könnte diese Mannschaft nicht hierher geflogen werden?«
»Es ist halb fünf morgens!«
»Ich habe Fliegerfreunde hier. Die sind gerade aufgestanden und würden das sicher machen.«
»Einige der Geräte sind fest in den Wagen installiert,
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