24 Stunden
Everett, ein alter Studienfreund, der von der Bar aus auf ihn zusteuerte.
»Will Jennings!«, brüllte er laut. »Das wird aber auch höchste Zeit!« Everett, der ein Hawaii-Hemd trug und einen Cocktail in der Hand hielt, schlug ihm auf den Rücken, woraufhin Will sofort stechende Schmerzen in der Wirbelsäule verspürte. »Ich habe dich seit dem Golfturnier in Annandale nicht mehr gesehen, alter Junge. Wie stehen die Aktien? Wo ist Karen?«
»Diesmal konnte sie mich nicht begleiten. Sie muss sich ehrenamtlich um eine Blumenausstellung kümmern. Bist du gerade angekommen?«
Everett fing an zu lachen. »Bist du verrückt? Ich bin seit zwei Tagen hier, um ein bisschen Golf zu spielen. Ich habe gehört, du hältst heute Abend den Vortrag.«
Will nickte.
»Wenn du Karen nicht mitgebracht hast, müssen wir unbedingt ins Kasino gehen. Wir hauen mal richtig auf den Putz, Kumpel.«
»Das wird wohl nichts. Ich hatte heute eine lange Operation und dann noch der Flug. Ich bin erschöpft.«
»Wahrscheinlich darfst du nicht«, beklagte sich Everett, spöttisch lächelnd. »Du solltest wirklich mal was unternehmen, alter Junge.«
Will lachte ein wenig gezwungen. »Wir trinken morgen ein Bier zusammen und unterhalten uns in aller Ruhe, okay?«
»Was machen deine Hände? Kannst du Golf spielen?«
»Wir werden sehen. Ich habe meine Schläger jedenfalls mitgebracht.«
»Hoffentlich klappt es. Und nicht, dass wir heute Abend bei deinem Vortrag einschlafen, klar?«
»Dafür bin ich doch Spezialist, Jack.«
Everett knurrte, drehte sich um und machte sich über seinen Drink her.
Während Will auf den Aufzug wartete, sah er noch mehr bekannte Gesichter im Foyer, doch er hatte jetzt keine Lust, jemanden zu begrüßen. Er hatte nur noch 25 Minuten Zeit, um sich umzuziehen und im Konferenzsaal alles für seinen Videovortrag vorzubereiten.
Nachdem er die Tür zu seiner Suite im 27. Stock geöffnet hatte, sah er, dass sein Gepäck und seine Golfschläger schon heraufgebracht worden waren. Der Manager hatte nicht übertrieben. Die Suite war fast so groß wie eine Wohnung. Er stellte seine Sachen auf das Sofa im Wohnraum, ging anschließend in das mit Marmorboden ausgestattete Badezimmer und drehte das heiße Wasser auf. Während sich im Badezimmer der Wasserdampf ausbreitete, öffnete er den Kleidersack, hängte den blauen Nadelstreifenanzug von Land's End in den Schrank, packte saubere Boxer-Shorts aus und legte sie auf den Couchtisch. Anschließend zog er bis auf seine Shorts alles aus, stellte den Medikamentenkoffer auf die Kommode neben dem Fernsehgerät, zog eine Mappe heraus und legte sie auf den Schreibtisch.
Auf dem Umschlag stand: »Der sichere Gebrauch von depolarisierenden, paralysierenden Relaxanzien bei gewalttätigen Patienten.« Der Vortrag fasste seine dreijährige Arbeit zusammen. Auf Versuche im Labor und an Patienten in der Klinik waren Besprechungen mit Pharmakonzernen gefolgt. Das Ergebnis dieser Arbeit - ein Medikament, das unter dem Namen RESTORASE auf den Markt kommen sollte - versprach potenziellen Gewinn im großen Stil, was Will zu einem sehr wohlhabenden Mann machen würde.
Er war so nervös, dass er auch die anderen Utensilien noch einmal überprüfte: einen Video-Adapter, den er benötigte, um sein Notebook an das Fernsehgerät im Tagungsraum des Hotels anschließen zu können; verschiedene Medikamentenfläschchen, von denen einige den Prototyp Restorase enthielten; ein paar High-Tech-Spritzen. Will zählte die Fläschchen und schloss den Koffer. Dann ging er eilig in das dampfige Badezimmer und zog sich im Gehen die Unterwäsche aus.
Hickey und Karen saßen sich am Küchentisch gegenüber. Vor ein paar Minuten hatte Karen die 38er aufgehoben, und Hickey hatte sie nicht daran gehindert. Sie richtete sie beim Sprechen auf seine Brust.
»Fühlst du dich besser, wenn du die Waffe in der Hand hältst?«, fragte Hickey.
»Wenn Sie mir sagen, dass wir Abby das Insulin nicht bringen, fühle ich mich dadurch viel besser. Für Sie ist das allerdings sehr schlecht.«
Er lächelte. »Die gute Fee des Wohltätigkeitsverbandes ist mutig, was?«
»Wenn Sie meiner Kleinen etwas antun, werden Sie sehen, wie mutig ich bin. Dann schieß ich Ihnen nämlich ein Loch in den Bauch.«
Hickey lachte laut.
»Ich verstehe nicht, warum wir bis morgen warten müssen«, sagte Karen. »Warum kann ich das Geld nicht von unseren Konten abheben und es Ihnen geben?«
»Erstens haben die Banken geschlossen. Das Geld, das du
Weitere Kostenlose Bücher