24 Stunden
gegangen.«
»Vielleicht. Aber das wissen wir nicht genau. Du musst dort bleiben.«
»Ich sitze im Gebüsch.«
»Das ist gut. Daddy ruft gerade einen Mann an, der uns helfen wird, dich zu finden. Weißt du, wie er das macht?«
»Nein.«
»Das Telefon, das du in der Hand hältst, ist wie ein Radio. Wenn es eingeschaltet ist, kann die Polizei uns finden. Es ist genauso, als würdest du dort stehen und immer >Mama< schreien.«
»Soll ich aufstehen und schreien? Ich kann ganz laut schreien.«
»Nein! Nein, Liebling. Das Telefon schreit für dich, okay? Menschen können das nicht hören, aber Computer.«
»Wie Hunde, die ein Pfeifen hören?«
»Ganz genauso. Warte. Daddy will mir etwas sagen.« »Okay.«
Abby presste das Telefon so fest an ihr Ohr, dass es schmerzte. Sie wollte die Stimme ihres Vaters noch einmal hören.
Hickey saß noch immer auf dem Boden im Schlafzimmer und lehnte sich gegen die Wand. Trotz seines verletzten Beines beobachtete er Karen wie eine Hyäne, die auf einen günstigen Moment wartet, ihr Opfer anzugreifen.
»Nähst du jetzt mein Bein oder was?«, fragte er und zeigte ihr seine blutverschmierten Hände.
»Das habe ich noch nicht entschieden.«
»Ich komme überhaupt nicht weiter«, sagte Will. Es klang maßlos enttäuscht. »Immer wieder dieser verdammte Anrufbeantworter. Ich begreife nicht, dass der Präsident einer Mobilfunkgesellschaft keinen Anrufservice hat.«
»Vielleicht sollten wir die Polizei oder das FBI anrufen.«
»Ich glaube, das Risiko ist zu groß. Wenn Huey... «
»Mama?«, rief Abby in ihr anderes Ohr.
»Was ist, mein Schatz?«
»Ich glaube, ich hab was gehört.«
Karens Herzschlag setzte aus. »Sprich ganz leise, Schatz. Was hast du gehört?«
»Ich weiß nicht.« Abbys Stimme war wie ein dünner Faden, der über einem tiefen Abgrund der Angst gespannt war. »Wann kommst du?«
»Es dauert nicht mehr lange. Hörst du noch etwas?«
»Im Moment nicht. Ich hab Angst, es ist eine Beutelratte.«
Karen war erleichtert. »Es ist nicht schlimm, wenn es eine Beutelratte ist. Sie wird dir nichts tun.«
»Sie beißen doch, oder?«
»Nein. Sie haben mehr Angst vor dir als du vor ihnen.«
»Eine hat letzte Woche Kates Katze gebissen.«
»Das ist was anderes.«
»Und wenn es eine Schlange ist?«
»Es ist keine Schlange«, beruhigte Karen sie, obwohl ihr bei dem Gedanken ganz anders wurde. »Schlangen schlafen jetzt.«
»Uh. Schlangen jagen nachts. Das habe ich im Planet der
Tiere gesehen.«
Mein Gott! »Nur in anderen Ländern. In Indien zum Beispiel. Und in Sri Lanka. Das sind Kobras. Hier gibt es keine Kobras.«
»Oh.«
»Unsere Schlangen schlafen nachts.«
»Mama, ich höre es wieder.« Sie hatte so leise geflüstert, dass es kaum zu verstehen war. »Als wenn hier jemand herumschleicht.«
Karen bekam panische Angst. »Du musst leise sein. Du darfst nicht mehr reden.«
»Es geht mir besser, wenn ich rede.«
»Ich weiß, Liebling, aber... «
»Mama...«
Diese beiden fast unhörbaren Silben übertrugen die entsetzliche Angst vom Kind auf die Mutter. Karen drückte das Telefon so fest, dass sich die Muskeln in der Hand verkrampften. »Abby? Sag etwas!«
Schweigen. Dann hörte Karen nur noch Abbys Atem, und sie wusste, was passiert war. Ihre Tochter saß zu Tode erschreckt in der Dunkelheit. Huey war in der Nähe. Karen, die betete, dass Abby das Handy noch an ihr Ohr hielt, flüsterte: »Ich bin bei dir, Liebling. Bleib ganz ruhig. Alles wird gut. Denk daran, was Daddy gesagt hat.«
Karens Nerven waren zum Zerreißen gespannt, als sie atemlos auf eine Antwort wartete.
Aus Abbys Mund drang ein fast unhörbares Winseln. Es musste sie übermenschliche Kräfte gekostet haben, es unterdrücken zu wollen. Karen wollte ihr gerade wieder Mut zusprechen, als sie Zweige in der Leitung knacken hörte und Abby anfing zu schreien; »Ich habe dich gefunden, nicht?«, hörte sie Huey laut sagen.
Karen erstarrte zu Eis. »Abby?« »Ich habe das Licht gesehen«, freute sich Huey. »Warum bist Du weggelaufen, Abby?«
»ABBY!«
»Was ist das?«, hörte sie Will schreien.
»Joey?«, fragte Huey.
«Geben Sie mir Abby noch einmal», bat Karen. »Bitte!«
»Wo ist Joey?«
»Gut, gut«, sagte Hickey. Er stützte sich mit seinen blutverschmierten Händen auf dem Boden ab und stand auf. »Das Blatt hat sich gewendet.«
Karen ergriff die 38er und richtete die Waffe auf seine Brust. »Sagen Sie ihm, er soll mir Abby geben.«
Hickey näherte sich ihr furchtlos. »Wenn
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