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24 Stunden

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Titel: 24 Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Bacardi-Cola.
    In Wills Kopf herrschte ein einziges Chaos. Er musste an die schnellen Szenenwechsel in Video-Clips denken, die er manchmal auf MTV sah, wenn er durch die Programme zappte. Im Geiste sah er vor sich, wie er a la Clint Eastwood ins Schlafzimmer ging, Cheryl die Waffe unters Kinn drückte und sie zwang, ihm zu sagen, wo Abby war. Doch Cheryl hatte Recht. Das hier war kein Film. Solange Hickey Abby in seiner Gewalt hatte, könnte Will Cheryl die Fingernägel mit einer Zange ausreißen, und es würde ihn doch nicht weiterbringen. Wenn der turnusmäßige Kontrollanruf nicht erfolgte, würde Abby leiden oder sterben.
    Einen Moment lang hatte er versucht, seine Situation als Herausforderung anzusehen, sich im Lösen von Problemen zu üben. Es war wie ein Schachspiel mit sechs Figuren. Doch die Einsätze waren so hoch, dass er keinen Zug machen konnte. Er hätte nicht einmal gewusst, welchen.
    Cheryl behauptete, nicht zu wissen, wo Abby gefangen gehalten wurde. Will war sich nicht sicher, ob er das glauben konnte. Doch selbst wenn sie es wusste und er sie irgendwie zwingen würde, es ihm zu sagen, war es nach ihren Worten für die Polizei unmöglich, den Ort innerhalb von 30 Minuten aufzuspüren. Das müsste er ihr glauben. Aus Hickeys Sicht ergab das einen Sinn, und es passte mit dem, was Karen über Abbys momentanen Aufenthaltsort gesagt hatte, überein.
    Wenn Will Abby retten wollte, müsste Cheryl nicht nur wissen, wo Abby war, und es ihm sagen, sondern sie müsste auch Hickey gegenüber behaupten, dass alles in bester Ordnung sei, während die Polizei oder das FBI versuchten, sie zu retten.
    Wie konnte er sie überzeugen, das zu tun? Ihr Angst einflößen? Wohl kaum. Körperliche Schmerzen, die er ihr zufügen könnte, wären wahrscheinlich gemessen an dem, was Hickey mit ihr machen würde, wenn sie ihn hinterginge, kaum der Rede wert. Ob er sie wohl bestechen könnte? Das war eine Möglichkeit, aber er müsste sehr vorsichtig vorgehen. Die anderen Väter hatten das sicher auch versucht, ohne dass es ihnen gelungen war.
    Warum? Warum verhielt sich Cheryl Hickey gegenüber loyal? Einem Mann gegenüber, der zugab, sie zu schlagen? Was würde es kosten, diese krankhafte Loyalität zu untergraben? Eine Million? Will könnte sich eine Million Dollar in bar besorgen. Das würde aber ein paar Tage dauern. Daher fiel das weg. Damit dieser Schritt Erfolg versprechend war, müsste er das Bestechungsgeld in Händen halten, bevor die Lösegeldübergabe morgen früh stattfand. Oder gleichzeitig. Karen sollte das Lösegeld an eine Bank an der Küste überweisen. Filialen der Magnolia Federal, der größten Staatsbank, gab es überall in Biloxi und in Gulfport. Es war gut möglich, dass Hickey eine davon aussuchen würde, um die hohe Überweisung entgegenzunehmen.
    Will hatte den größten Teil seines Geldes in Aktien angelegt, aber 150.000 Dollar standen ihm bei der Magnolia Federal auf einem Depositenkonto zur Verfügung. Würde die Zusage von 150.000 Dollar plus 200.000 Dollar Lösegeld ausreichen, damit sich Cheryl gegen ihren Ehemann wandte? Das war eher unwahrscheinlich. Bei den anderen Vätern war es sicher auch daran gescheitert, dass sie in so kurzer Zeit nicht so viel Geld flüssig machen konnten.
    Das Handtuch auf Wills Gesicht war kalt geworden. Er stand auf, ging ins Badezimmer, stellte das Wasser ganz heiß und hielt einen Waschlappen in den Wasserstrahl. Das Spiegelbild, das ihn anstarrte, war nicht das Gesicht, das er jeden Morgen sah. Es war das Gesicht einer Laborratte, die sich in einem Irrgarten verloren hatte und gezwungen war, durch Reifen zu springen, die ein unerreichbarer Gegner für sie aufgestellt hatte.
    Will wrang den Waschlappen aus, kehrte zur Couch zurück und legte ihn auf die Augen. Er sah Abby in ihrem Kummer im Geiste vor sich, doch er verdrängte das Bild. Warum waren er und seine Familie die Zielscheibe dieses Verbrechens? War seine Kunstsammlung wirklich der ausschlaggebende Punkt? Hickeys Opfer waren allesamt Ärzte, die irgendetwas sammelten. Und sie trafen sich alle gelegentlich und ließen ihre Familien für 48 Stunden allein. Cheryl würde ihm sicher nicht sagen, wie sie erfuhren, welche Ärzte sich bei dem Kongress trafen. Will nahm an, dass Hickey einen Informanten in dem Krankenhaus hatte, einen Pfleger oder eine Krankenschwester. Jemand, der die Gespräche in den OP-Räumen oder Ärztezimmern mithörte.
    Doch all das spielte jetzt keine Rolle. Will befand sich in einem

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