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Titel: 24 Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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seine Medikamentenforschung ermöglicht. Er hatte auch einen Lehrstuhl da und unterrichtete Anästhesiologie.
    Hickey winkte ab. »Er hat in der Universitätsklinik gearbeitet, nicht?«
    »Ja, das stimmt. Da haben wir uns kennen gelernt.«
    »Wie romantisch. Ich habe allerdings andere Gefühle, wenn ich an diesen Ort denke. Meine Mutter ist da gestorben.«
    Die flüchtige Angst, die sie vorhin verspürt hatte, nahm jetzt von ihrem ganzen Körper Besitz.
    »Sie hat da mit ihrem Kehlkopfkrebs gelegen«, sagte er fast zu sich selbst. »Sie hatten sie schon mehrmals aufgeschnitten. Das war keine große Sache. Aber bei der Operation sollte sie eigentlich spezielle Strümpfe tragen... «
    »Ja, die Patienten müssen während der Narkose Stützstrümpfe tragen, um den Blutkreislauf in den Beinen zu fördern.«
    »So sollte es sein«, sagte Hickey. »Aber das haben die vergessen, und darum haben sich Blutgerinnsel gebildet.«
    »Und die haben zu einer Embolie geführt?«
    »Ganz genau.«
    »War Will der Anästhesist?«
    »Hundert Punkte. Und meine Mutter ist da auf dem Tisch gestorben. Mir wurde gesagt, dass man nichts hätte tun können. Ich bin später noch mal hin und habe mit dem Chirurgen gesprochen, der sie operiert hat. Schließlich hat er es mir dann gesagt. Der Typ, der die Narkose macht, muss sich davon überzeugen, dass der Patient diese Stützstrümpfe trägt.«
    »Das stimmt doch gar nicht!«, schrie Karen. »Der Anästhesist hat damit nichts zu tun.« »Ach ja? Komm, erzähl mir nichts!«
    »Das ist Aufgabe der Krankenschwester, falls der operierende Arzt diese Anordnung gegeben hat. Der Chirurg muss sich davon überzeugen, dass seine Anordnung befolgt wurde.«
    »Dieser Kurpfuscher hat mir gesagt, dass unter dem Tisch so ein Kasten ist und der Narkosetyp das überprüfen muss.«
    »Wahrscheinlich haben Sie ihm eine Heidenangst eingejagt! Darum hat er die Schuld auf den Nächstbesten abgeschoben.«
    Hickey grunzte. »Stimmt, der hatte Angst«, sagte Hickey und stützte sich auf einen Ellbogen. »Keine Sorge. Das Arschloch hat auch bezahlt. Den vollen Preis.«
    »Sie haben ihn wegen der Vernachlässigung seiner beruflichen Sorgfaltspflicht verklagt?«
    »Ihn verklagt?« Hickey lachte. »Ich habe gesagt, dass ich ihn zur Kasse gebeten habe und er den vollen Preis bezahlt hat.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Was glaubst du wohl?«
    »Sie haben ihn umgebracht?«
    Hickey schnippte mit den Fingern. »Ganz genau. Kaum zu glauben, wie viele Menschen ich gerettet habe, indem ich diesen Kurpfuscher unschädlich gemacht habe.«
    Karen bemühte sich, ihre Angst zu verbergen. Sie versuchte sich, daran zu erinnern, ob Will einmal einen derartigen Fall erwähnt hatte. Sie konnte sich daran nicht erinnern, aber das war auch kein Wunder. Sie war eine schlechte Zuhörerin, wenn Will über seine Arbeit sprechen wollte. Bei den Gelegenheiten wurde ihr immer schmerzlich bewusst, dass sie das Medizinstudium hatte aufgeben müssen. »Wann genau ist das passiert? Ich meine, wann genau ist Ihre Mutter gestorben? Will...«
    »Sie ist nicht gestorben, okay?« Hickey richtete sich auf. »Sie ist ermordet worden. Und zwar von Ärzten, die das einen Scheißdreck interessiert hat. Dein Alter war noch nicht einmal in dem Raum, als sie im Sterben lag. Er war am Anfang und am Ende da, und die übrige Zeit saß eine Schwester da herum.«
    Eine Anästhesieschwester, dachte Karen mutlos. Immer öfter wurden Anästhesieschwestern bei den routinemäßigen Eingriffen eingesetzt. Dadurch wurden die Krankenhauskosten gesenkt, und die Ärzte hatten mehr Zeit, sich auf schwierige Fälle zu konzentrieren. Diese Regelung hatte sie schon immer sehr betroffen gemacht, denn empirisch gesehen gab es keine »routinemäßigen« Eingriffe.
    »Wahrscheinlich hat er sich die ganze Zeit mit seinem blöden Börsenmakler unterhalten«, sagte Hickey, der sich wieder aufs Bett gelegt hatte. »Quatscht auf seinem Handy, während meine Mutter abkratzt. Letztendlich hat dein Alter meine Mutter umgebracht. Und darum sind wir heute Nacht hier, Schätzchen. Blitzkarma.«
    Karen suchte nach einer Möglichkeit, Hickey von Wills Unschuld zu überzeugen, obwohl sie wusste, dass es sinnlos war. Er war felsenfest von dessen Schuld überzeugt. Sie schüttelte den Kopf, um diesen Gedanken loszuwerden.
    Karen wusste nur zu gut, dass sich Abbys Lage mit einem Schlag dramatisch verschlechtert hatte. Bis zu diesem Augenblick hatte es so ausgesehen, als hätte Abby das schreckliche

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