24 weihnachtliche Geschichten - ein Adventskalenderbuch
Lena.
Ole sagt, dass er sich da nicht sicher sei. Er will seine Oma danach fragen.
Frische Luft ist wichtig, hat Ole herausgefunden. Und Kälte. Und Wasser. Denn am besten sei es wohl, man würde die Nödel mit Wasser besprühen. Ole hat uns extra angerufen, damit wir uns vorbereiten können.
Und das haben wir.
Als unsere Lehrerin Frau Schmidt am nächsten Tag mit einem Arm voller Tannenzweige ins Klassenzimmer kommt, verlangt sie als Erstes, dass wir unsere Fahrradhelme absetzen.
Lena, ich und die anderen sehen uns an. Wir haben schon damit gerechnet. Bei Kaugummis und Kappen ist sie ein wenig eigen, also gehorchen wir ihr.
Oskar muss auch noch die Motorradhandschuhe ausziehen, die er sich von seinem großen Bruder geborgt hat. Und sein Kaugummi ausspucken.
Dann meldet sich Kati und fragt, ob wir das Fenster aufmachen können.
Frau Schmidt sieht erstaunt aus, nickt aber.
Frische Luft und Kälte hätten wir also, während Frau Schmidt buntes Bastelpapier austeilt und uns zeigt, wie man Weihnachtssterne faltet. Wir dürfen sogar unsere eigenen Scheren benutzen und schneiden und falten, was das Zeug hält. Fast hätte uns die Bastelei Spaß gemacht, doch dann fällt uns die Sache mit den Nödeln wieder ein. Während der ganzen Bastelei liegen die Tannenzweige nämlich auf dem Pult von Frau Schmidt. Und während wir sie misstrauisch beäugen, können die Nödel uns natürlich auch sehen.
„Die sollen sich mal trauen“, knurrt Ole leise.
„Allerdings“, pflichtet Niki ihm bei.
Oskar sagt nichts, weil er kaut.
Und dann kommt der große Augenblick. Uns ist von der vielen frischen Luft schon ganz schwummerig, als Frau Schmidt endlich zu ihrem Pult geht, um die Tannenzweige auszuteilen.
Wir haben uns überlegt, alle auf einmal zu erledigen. Um ganz sicherzugehen. Mit allem, was wir haben. Also öffnen wir, kaum dass Frau Schmidt uns den Rücken zugedreht hat, unsere Ranzen. Kati zieht die Plastiktülle von ihrem Blumensprüher, ich zücke meine Wasserpistole. Lena hat feuchte Schwämme in ihrer Brotdose und Niki sogar ein paar Wasserbomben mitgebracht, während Oskar nur eine Spritzschnecke in der Hand hält. Als wenn die gegen Nödel ankäme! Aber den Vogel hat Ole abgeschossen, dem es gelungen ist, seine Power-Ranger-Wasserpistole mit in die Schule zu schmuggeln. Die er jetzt aufzieht.
Als Frau Schmidt sich wieder umdreht, legen wir los.
Wir zielen auf die Tannenzweige, was gar nicht so leicht ist, vor allem, weil Frau Schmidt nicht still hält und kreischend vor der Tafel auf und ab springt. Erst als sie die Zweige fallen lässt,können wir richtig treffen. Niki springt vorsichtshalber noch einmal auf den Zweigen rum, aber wir sind sicher, dass wir alle erwischt haben. So viel Wasser kann kein Nödel überstehen!
Leider ist unsere Bastelei damit auch zu Ende, denn Frau Schmidt atmet schon wieder schwer. Das hat sie manchmal, dieses Atmen, und dazu schließt sie die Augen und zählt. Minutenlang. Kann ganz schön langweilig werden. Sie sieht auch ziemlich nass aus, was uns leidtut. Aber schließlich haben wir sie und uns gerettet. Und sind selber nicht trocken geblieben.
Darüber beschwert sich auch Oles Oma, als sie Ole abholen kommt. Eine Erkältung oder den Tod könne er sich holen, sagt sie zu Frau Schmidt, und das finden wir dann doch übertrieben.
Wahrscheinlich ist Oles Oma selbst ein wenig erkältet, denn sie spricht so merkwürdig, so ganz durch die Nase. Sie packt Ole und sieht dann zu dem nassen Zweighaufen am Boden.
„Aber dös ist vernönftig“, sagt sie. „Die Zweige bröchen viel Wösser. Die nödeln sonst wie verröckt.“
Wir nicken alle. So etwas Nützliches lernt man nicht in der Schule. So etwas weiß nur Oles Oma.
6. Dezember
Anja Tuckermann
Nikolaustag – Früher war’s besser
„Jetzt sind Fräulein Moxa
ihre Kinder vollends durchgedreht“, sagen die Leute im kleinen Städtchen. „Durchgeknallt eher“, sagen andere. Sie machen Krach, dass man’s kaum aushält. Und das Schlimmste ist, alle Kinder treiben sich plötzlich mit den fünf Kindern von Fräulein Moxa herum.
Sie üben etwas, manche haben Trommeln umgebunden, und Seisla, Moxas Älteste, gibt den Takt an. Andere haben Kuhglocken oder Schellen dabei – ein Höllenlärm. „Wär’s wenigstens eine Blaskapelle“, sagen die Leute und gehen zu ihren Kindern, wollen sie wegholen. Ab nach Hause.
„Nö“, sagen die Kinder. „Macht Spaß hier, und morgen ist Nikolaus.“
„Wie, Nikolaus?“
„Morgen
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