2403 - Mission CHEOS-TAI
keine Zeit, etwas zu sagen oder auch nur verblüfft zu sein. Falorimo rammte das Messer auf ihn zu. Instinktiv tat er etwas, das er noch nie getan hatte, weil er es schlicht nicht konnte. Zumindest hatte er das immer geglaubt.
Übergangslos stand er im Korridor vor seinem Raum und sah Falorimo von hinten.
„Sehr gut", sagte sein Betreuer zufrieden. „Ich dachte mir, dass bei dir eine Schocktherapie am wirksamsten ist. Jetzt musst du bloß lernen, mit deinen Kräften bewusst umzugehen."
*
Die nächsten Tage bildeten puren Stress.
Pothawk führte Dutzende Diskussionen mit Falomiro, bei denen er stets unterlag, erledigte in seinem Auftrag Hunderte von scheinbar sinnlosen Aufgaben, beantwortete Tausende Fragen über seine Vergangenheit ... und dachte eine Million Mal an Imosazi.
Zu sehen bekam er allerdings weder sie noch seinen Bruder.
„Ich muss dich von ihnen fernhalten", antwortete Falorimo beiläufig, als Pothawk wagte, nach ihnen zu fragen. „Ihre Nähe würde dich verwirren. Innerer Aufruhr schadet der Psi-Entwicklung."
„Wie lange?"
„Abwarten. Ich weiß es selbst nicht, gebe ich zu. Du bist bislang nur einmal teleportiert. Vielleicht kannst du sie nach deinem zweiten Sprung treffen."
„Ich weiß nicht, was ich tun soll", hielt Pothawk seinem Betreuer entgegen. „Als ich gesprungen bin, habe ich rein instinktiv gehandelt."
„In Todesgefahr bist du über dich selbst hinausgewachsen."
„Ich war nicht in echter Gefahr."
„Aber in der ersten Sekunde hast du darüber nicht nachgedacht. Du bist einfach gesprungen. Das ist das ganze Geheimnis. Würdest du mich etwa fragen, wie du atmen kannst? Oder wie du es vollbringst zu schlafen? Teleportieren ist nichts anderes. Es ist deine Gabe, Pothawk. So wie die Gabe der meisten Meisterdiebe. Jeder weckt sie anders."
„Ich kenne die Zahlen. Mehr als drei Viertel aller Akademie-Absolventen sind Nahdistanz-Teleporter. Sie überwinden Distanzen von fünf bis etwa fünfzig Meter."
„Deine Reichweite werden wir schon bald herausfinden. Ich ahne, dass sie recht hoch ist."
„Du hast am ersten Tag gesagt, dass jeder Meisterdieb eine Para-Gabe besitzt.
Das hebt uns tatsächlich von den anderen Laosoor ab, denn nicht jeder hat eine Psi-Fähigkeit. Das stützt deine Philosophie, dass die Diebe besser seien als der Rest unseres Volkes."
Falorimo rang die Ohrenhände. „Du missverstehst mich, und das gründlich!
Meine Philosophie! Ich habe keine eigene Philosophie. Auch habe ich nie das behauptet, was du mir in den Mund legst."
„Da bin ich anderer Meinung."
„Du wirst lernen müssen zuzuhören.
Damit ist das Thema beendet."
„Ist es dir unangenehm?"
„Das Thema ist beendet! Ich schätze deine Aufmüpfigkeit, aber es gibt einen Zeitpunkt, an dem es angebracht ist zu schweigen. Verstanden, Junge?"
Pothawk schwieg.
„Sehr gut. Morgen ist Prüfungstag."
Diese lapidare Bemerkung entsetzte ihn. „Prüfung? Welche Prüfung? Was habe ich denn gelernt? Ich bin nur in deinem Auftrag kreuz und quer durch die Akademie gehetzt und habe unwichtige Dinge erledigt."
„Du bist gut vorbereitet", behauptete Falorimo. „Ich muss es wissen. Schließlich bin ich dein Betreuer. Also, geh in deinen Raum und schlaf. Morgen brauchst du Kraft und Konzentration."
*
An Schlaf war nicht zu denken, obwohl Pothawk dem Rat seines Betreuers nur zu gerne gefolgt wäre.
Manchmal kam er sich vor, als wäre er einem Wahnsinnigen in die Hände gefallen. So hatte er sich den Alltag in der Akademie nicht vorgestellt. Falorimo war zweifellos der seltsamste Laosoor, dem er je begegnet war. Seine Anweisungen schienen zusammenhanglos, die Art, wie er sich präsentierte, verrückt zu sein. Er stellte willkürliche Behauptungen auf und hatte Pothawk auf brutale Weise zu einem Teleportersprung gezwungen. Er philosophierte und ging dann davon aus, dass er seinen Studenten gut auf die bevorstehende Prüfung vorbereitet habe.
Auf welchem Gebiet er allerdings geprüft werden sollte, wusste Pothawk nicht.
Es gab nichts, was er bislang gezielt gelernt hatte. Er konnte sich auf nichts vorbereiten.
Das steigerte seine Verwirrung noch weiter.
Er hatte sich das Wiedersehen mit Viz so schön vorgestellt. Wie sie über die gemeinsame Vergangenheit sprachen, über Pouxai und andere Erinnerungen ...wie er Imosazi aus der Ferne beobachtete und überlegte, ob er heimlich erste Schritte unternehmen sollte, sie zu erobern ...
Alles war innerhalb weniger Tage auf den Kopf
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