2404 - Versteck am Black Hole
nicht. Wenn er erwacht wäre, hätte die Galaxis es gewiss längst gemerkt.
Kamuko lenkte den Gleiter einmal um das fünf Kilometer durchmessende Gebilde, das sich hinauf bis zur Wolkendecke erstreckte. In seinem Innern ragte goldglänzend ARCHETIMS HORT auf, eine schimmernde und sich nach oben verjüngende Nadel, um die sich eine Wendelrampe wand. Der HORT reichte bis weit über die Wolkendecke, als führe er in die Unendlichkeit. Niemand hatte jemals die Spitze betrachten können, und die Generalin neigte in der Öffentlichkeit dazu, sich der vorherrschenden Meinung anzuschließen, der HORT gehe irgendwann in ein anderes Kontinuum über. Tatsächlich lag er zu einem nicht unerheblichen Teil im Hyperraum.
Wie immer setzte die Prinzipa den Gleiter unmittelbar am Rand des alabasterfarbenen Sockels ab. Sie stieg aus, legte hastig die paar Schritte bis zur Rampe zurück, die aus dem Alabaster in die Höhe wuchs.
„Herr!", rief sie, als sie den ersten Schritt auf die Rampe setzte. Das tat sie stets, wenn sie den HORT betrat, auch wenn sie die Reaktion kannte.
Sie lauschte angestrengt mit allen Sinnen.
Es ertönte keine Antwort.
Nur der HORT war da, umfing sie mit seiner goldenen Aura, die der ihren zu entsprechen schien. Ja, dieser Platz war auserwählt, erhaben über alle anderen Orte Phariske-Erigons, denn er barg ARCHETIM.
Die Generalin verharrte ein paar Augenblicke lang ehrfürchtig. Die Nähe zu diesem einzigartigen Wesen, die sie in der Vergangenheit mehrfach hatte erfahren dürfen, führte ihr die eigene Winzigkeit und Bedeutungslosigkeit vor Augen. Trotz ihrer wichtigen Aufgabe für ARCHETIM und für den Erfolg im Kampf gegen die Negasphäre wurde sie sich jedes Mal bewusst, dass sie im Vergleich zu der Superintelligenz nicht viel mehr als ein Sandkorn war, unbedeutend unter Trillionen anderer. Eine Prinzipa ließ sich tausendfach ersetzen, egal, wie lange es Schlachten in Tare-Scharm auszufechten galt.
Der Kampf um Tare-Scharm entsprach nicht mehr und nicht weniger als dem des Kampfes um die Existenz aller Völker in diesem Teil des Universums. Eine Negasphäre durfte es nicht geben. Die Bedrohung durch die Mächte des Chaos besaß eine Dimension, angesichts derer das Leben und die Interessen eines einzelnen Wesens zur Bedeutungslosigkeit schrumpften. Die Völker, deren Mitglieder das verstanden hatten, arbeiteten unter dem Dach des SYSTEMS zusammen und brachten unvorstellbare und grausame Opfer, um das eine, einzige Ziel zu erreichen.
Die Prinzipa setzte sich mit energischen Schritten in Bewegung. Nach wenigen hundert Metern veränderte sich die Umgebung. Leichter Dunst machte sich bemerkbar, der sich innerhalb von ein paar Dutzend Schritten zu einer dicken Nebelsuppe verdichtete. Die Fünftausender um das Plateau herum verschwanden ebenso wie der blaue Himmel mit seinen weißen Wolkenbänken.
ARCHETIMS Generalin wusste, dass es an diesem Ort keine Luftfeuchtigkeit gab. Der Nebel existierte allenfalls als Einbildung in ihrem Bewusstsein, eine Nebenwirkung des übergeordneten Kontinuums, das die Rampe einhüllte.
Langsam verlor Kamuko die Orientierung. Verbissen starrte sie auf den Boden vor sich, die einzige feste Größe in dieser Umgebung, an der sie sich orientieren konnte. Nicht einmal, dass sie aufwärtsging, merkte sie. Es hätte genauso gut abwärts sein können. Die fremden Einflüsse brachten ihre Sinne vollkommen durcheinander.
Daran änderte auch das Permit nichts, das von einem ihrer Ringe gesendet wurde. Dieser psionische Imprint gewährte ihr Zugang zu ARCHETIMS HORT, ohne von einem Abwehr-Transmitterfeld in eine Höhe von 30.000 Kilometern über Oaghonyr abgestrahlt zu werden. Mehr leistete es nicht, den Weg musste sie alleine zurücklegen; eine immer wiederkehrende Wallfahrt an einem Ort, an dem Zeit und Raum keine Bedeutung besaßen.
Kamuko setzte mechanisch einen Fuß vor den anderen. Beim einen Schritt bildete sie sich ein, kopfüber zu gehen, beim nächsten waagrecht zu hängen. Sie schloss ihre Augen, aber die verfälschten Sinneseindrücke blieben.
Ein leises Wispern erklang, als flüstere ihr jemand Warnungen zu. Gleichzeitig spürte sie die Allgegenwart ARCHETIMS – ein unbeschreibliches positives Lebensgefühl. Es vermittelte ihr Geborgenheit und Güte, Wärme und Wohlergehen.
Das Wispern unzähliger Stimmen wurde eindringlicher, Millionen oder Milliarden Echos in ihrem Bewusstsein. Sie flüsterten in unbekannten Sprachen, mal leiser, mal lauter. Sie lenkten
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