2404 - Versteck am Black Hole
Fläche. Kamuko ließ die Umgebung ausblenden, sodass nur sie selbst in diesem überdimensionalen Spiegel zu sehen war. Es kam selten vor, dass die Generalin sich im Spiegel betrachtete. Jetzt war es dringend nötig.
Das Reagens zur Triebunterdrückung hatte nicht die erhoffte Wirkung gezeigt, zu stark war die Ausstrahlungs- und Anziehungskraft jenes Perry Rhodan gewesen. Kamuko konnte es sich nicht erklären, sie hatte niemals zu überbordender Emotionalität, ja Triebhaftigkeit geradezu, geneigt.
Wahrscheinlich, so beruhigte sie sich, lag alles an ihrer beider Auren. Sie war von ARCHETIM mit der Sonnen-Aura umgeben worden, und ihn umflorte eine Aura, die von noch mächtigeren Wesen aufgeprägt worden war, von den obersten Vertretern der Ordnungsmächte: eine kosmokratische Aura der „Ritter der Tiefe". Beide standen auf der gleichen Seite im immerwährenden kosmischen Konflikt, es war, als trieben sie in einem endlosen Meer aufeinander zu. Rhodan war für sie so etwas wie ein Anker gewesen, erkannte sie. Ein Leuchtfeuer in einer Galaxis, die von Tag zu Tag dunkler wurde.
Aber er war nicht für sie bestimmt.
Sie wusste das, und dennoch war sie nicht in der Lage gewesen, ihren Fortpflanzungstrieb zu unterdrücken.
Sie hatte sich für ihn verändert, wie es alle Aeganer taten, sobald sie auf einen similaren Partner stießen. Eine unerforschte Kraft zur Veränderung des eigenen Körpers auf molekulargenetischer und zellulärer Ebene ermöglichte es ihrem Volk, sich innerlich wie äußerlich an andere Wesen vergleichbarer Masse anzunähern. Unerforscht war diese Kraft, weil sie untrennbar mit dem Intimsten zu tun hatte, was ein Lebewesen kannte, der Fortpflanzung. Das Geschlechtsleben der Aeganer erfüllte sich ausschließlich in der Vereinigung mit Partnern ähnlicher Völker, die genetisch interessante Merkmale aufwiesen. Ein Aeganer spürte es, wenn ein similarer Partner auftauchte, und in diesem Moment erwachte die ansonsten schlafende Sexualität. Sein Verstand wurde von dem Drang umhüllt, Nachwuchs zu zeugen – Nachwuchs, der stets ein Aeganer wurde, von den Fähigkeiten ebenso wie vom Aussehen her.
Perry Rhodan war ein solcher similarer Partner gewesen. Ausgerechnet er, ein völlig Fremder, und ausgerechnet in einer Zeit, da Kamukos gesamte Kraft auf die Verteidigung Phariske-Erigons hätte gerichtet sein müssen.
Der Preis, den sie dafür zu zahlen hatte, war hoch: das Verschwinden der Nachtlicht-Rüstung.
Sie musterte ihr Abbild im Spiegel.
Es war beruhigend, wie schnell sich die hormonell bedingte Veränderung zurückbildete, seit Rhodan nicht mehr in der Nähe war. Die vollen Wulstlippen waren bereits verschwunden, ihr gesamter Körper war auf dem besten Weg, wieder sein natürliches Aussehen anzunehmen.
„Spiegel aus, Daten speichern!", hallte ihre sonore Stimme durch das „Refugium". „Sessel und Tisch bereitstellen!"
Zwei der im Boden versteckten Möbelkerne entkomprimierten sich. Ein voluminöser Sessel in dunklem Rot und ein silberfarbener Tisch wuchsen aus der glatten Basaltfläche. Kamuko sank in die dicken Polster und ließ ein Bein über die Lehne baumeln.
Mit den Fingerspitzen strich sie sich über die schmalen, kaum vorhandenen Lippen. Sie glichen straffen Hautfalten, mit denen Aeganer ihre Kauleisten verdeckten, wenn sie höflich sein wollten. Das Zeigen der Leisten in der Öffentlichkeit empfanden sie als unhöflich oder als Anmache, in manchen Fällen sogar als Zeichen aufkeimender Aggression.
Bei vielen anderen Völkern in Phariske-Erigon war das nicht so. Aber das hatte Kamuko auf Oaghonyr erst lernen müssen.
Der Blick der Prinzipa schweifte ins Halbdunkel zwischen die Säulen.
Wenn ARCHETIM sich rührte und irgendwann erwachte, setzte er sich mit ihr unverzüglich in Verbindung. Bis dahin brauchte sie Ergebnisse, die sie vorzeigen konnte – aufgeriebene Flottenverbände der Pressor-Garde oder die geenterte JULES VERNE zum Beispiel.
Vor allem aber die Nachtlicht-Rüstung, nach dem GESETZ-Geber das wichtigste Utensil im Kampf gegen die Chaosmächte.
Ihre Nachtlicht-Rüstung.
Während sie das Prickeln der mikrobiotischen Polster auf ihrer Haut genoss, berührten ihre Finger mehrere Sensorpunkte auf der Außenseite der rechten Lehne.
„Sekretär!" Kamuko stieß die Luft zwischen den Kauleisten hindurch. Es entstand ein pfeifendorgelndes Geräusch. „Hast du neue Nachrichten?"
Das Hologramm Sholderwyns entfaltete sich in der Luft. „Prinzipa, deine Weitsicht
Weitere Kostenlose Bücher