2404 - Versteck am Black Hole
Kamukos Schritte, immer die Rampe hinauf.
Die Prinzipa ließ es geschehen, wie sie es immer geschehen ließ. Mit jedem Schritt kam sie ARCHETIM näher.
Parallel zu den Stimmen nahm sie Lichter wahr, züngelnde Flammen an unsichtbaren Dochten. Sie bildeten eine Gasse für sie, damit sie den Weg auf keinen Fall verfehlte.
Generalin Kamuko hatte es eilig. Sie brauchte die Entscheidung ARCHETIMS. Niemand in Phariske-Erigon durfte Zeit verlieren. Die mentale Gegenwart der Superintelligenz in ihrem Bewusstsein wurde intensiver, aber gleichzeitig schien sich die Luft um die Aeganerin zu verdichten. Sie bewegte sich wie durch Sirup und schließlich durch Watte.
Kamuko besaß einen durchtrainierten Körper, dennoch wurden ihre Beine immer schwerer, jeder Schritt kostete sie gefühlte Stunden. Ihre Muskeln übersäuerten, selbst in den Oberarmen bekam sie Muskelkater.
Ich gehöre nicht hierher, dachte sie und erinnerte sich daran, dass es jedes Mal das Gleiche war. Ich darf hier sein, aber nur als Gast. Es ist nicht meine Welt, mein Leben. Es ist ein übergeordneter Raum, in dem gewöhnliche Wesen nichts verloren haben.
Sie merkte nicht, wie sie weinte. Sie hörte sich nicht schreien. Nicht einmal die Schmerzen nahm sie wahr. Nur die Lähmung, die mit jedem Schritt durch eine weitere Faser ihres Körpers kroch, und die Flämmchen vor ihr besaßen so etwas wie eine Realität. Wenn sie diese Gasse erreicht, durchschritten hatte, war sie am Ziel.
ARCHETIM war heimlich zurückgekehrt aus Tare-Scharm, um Kraft zu schöpfen für den Finalen Angriff auf die Negasphäre, für die geheimnisvolle Retroversion. Nur er selbst kannte die eigentlichen Zusammenhänge.
Seine Vertrauten wussten gerade so viel, wie sie für ihre Aufgaben benötigten. Irgendwann würde er sich melden und das Signal zum Aufbruch geben.
Weiter! Kamuko trieb sich an. Die mentale Ausstrahlung ARCHETIMS umhüllte die Prinzipa wie ein Mantel, durchdrang ihren Körper wie Feuer, brannte, ohne zu verbrennen, erhellte, ohne zu leuchten.
Irgendwann – Äonen von ihrem Leben entfernt, Lichtjahre von ihrer Existenz – blieb Kamuko stehen.
Die Flammen umtanzten sie, erlaubten es ihr nicht, sie zu durchschreiten.
Die Generalin konzentrierte sich.
„Herr!", rief sie, und ihre Gedanken sendeten den gleichen Impuls: Herr!
Es ist wichtig!
Wieder erhielt sie keine Antwort.
Wieder ...
... war etwas anders.
Es fühlte sich an wie ein ... Streicheln, ein Flügelschlag am Rand ihrer Wahrnehmung, ein Raunen im Wind.
Herr?!
Die Flämmchen flackerten, ihr Licht wurde heller.
Herr! Liebe und Wärme kamen zu ihr wie Ammen, die ein neugeborenes Kind umsorgten.
Aber keine Stimme antwortete ihr.
„Herr, die Nachtlicht-Rüstung wurde gestohlen. Die Diebe sind mit hoher Wahrscheinlichkeit Fremde. Hilf uns, die Rüstung zurückzuholen." Und während sie dies rief, flackerten weitere Begriffe durch ihr Bewusstsein, vermischten sich mit der eigentlichen Botschaft und unterstrichen dadurch die Not der Generalin und der ganzen Galaxis. Pressor-Garde ... Caso-Triteus vernichtet Chaos ... Perry Rhodan ... JULES VERNE ...
Liebe, Licht und Wärme waren in ihr und um sie herum, sie spürte einen mächtigen, trägen Puls.
Aber es kam keine Antwort.
Ich brauche deine Hilfe, Herr! Jetzt!
Sonst ist es zu spät!
Der schwere, dunkle Herzschlag der Superintelligenz ließ nicht nach, wurde nicht stärker, nicht schwächer. Er verkündete ihr Geborgenheit, Sicherheit, wie ein Reflex, wenn eine schlafende Mutter ihr ängstliches Kind an sich drückt.
Oh Herr, ich wünschte, du würdest erwachen.
Steif drehte sich Kamuko auf der Stelle.
Die Flämmchen verschwanden, als lege sich Nebel um sie.
Als Kamuko wieder bei ihrem Gleiter ankam, waren kaum fünf Minuten vergangen, seit sie aufgebrochen war.
Sie warf einen letzten Blick auf ARCHETIMS HORT, dann flog sie wieder davon.
Ihre Aufgaben warteten auf sie.
Sie würde ARCHETIM nicht enttäuschen.
2.
Kamuko wartete, bis sich die Doppeltür hinter ihr geschlossen hatte.
Langsam und nachdenklich schritt sie durch den Mittelgang des Refugiums, an den Säulen mit den vielen kaum handtellergroßen Dienstboten vorbei bis nach vorn zum Wohnzimmer.
Nichts an der basaltschwarzen, schimmernden Bodenfläche deutete darauf hin, dass in ihr die komprimierten Kerne der Möbel steckten.
Vor den drei Stufen blieb die Aeganerin stehen.
„Reflektor in Wandgröße!", befahl sie.
Mitten im Oval materialisierte eine spiegelnde
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