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2411 - Schwinge-von-Raffat

Titel: 2411 - Schwinge-von-Raffat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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solchen Systemen. Und wir sollten recht behalten.
    Ein ausgesucht putziges Piratenkind zog also aus einem riesigen Kessel, der einmal zu einem Triebwerksgehäuse gehört hatte, für jeden und jede unterhalb der allerhöchsten Offiziersränge (welche quasi „gesetzt" waren) einen neuen Tätigkeitsbereich. Selbiger war auf eigene Rechnung zu betreiben; ich hatte dafür den Begriff „Ich-Allein-Gesellschaft" geprägt.
    Der Handel untereinander wurde von einem Bankinstitut geregelt, dem Wa-Gon-Bloi vorstand. Die täglichen Mühen nahm ich ihm ab, er kränkelte schließlich wieder häufiger. Offiziell herrschte freie Marktwirtschaft, aber natürlich hatten wir über Kreditvergaben, Zinssätze und Vermehrung oder Minimierung der im Umlauf befindlichen Geldmenge gewisse Steuerungsmöglichkeiten. Ach ja, Steuern erhoben wir natürlich ebenfalls.
    Schon nach wenigen Monaten zeigte meine „Privatisierung" die erwünschte Wirkung: Fast von selbst bildeten sich unterschiedlich wohlhabende Schichten.
    Das System als solches wurde gleichwohl von niemandem infrage gestellt. Die Oberen waren sowieso zufrieden, jetzt wieder wie in alten Zeiten verschwenderisch sein zu können. Die Unteren wiederum trösteten sich mit der Aussicht, dass sie durch Fleiß und Verbissenheit irgendwann ebenfalls die Leiter emporklettern und an den reich gedeckten Tischen sitzen würden.
    Vorerst war die Gefahr eines Aufruhrs oder gar einer Rebellion gebannt. Ich wusste allerdings, dass die Umgestaltung der Gesellschaftsordnung auf Dauer nicht ausreichen würde.
    Es brauchte noch ein zusätzliches Element, um die Leute auf Trab zu halten, etwas Schicksalhaftes, wogegen der Einzelne machtlos war, in der Art von Naturkatastrophen. Denn der zweite große Unruhedämpfer neben dem Streben nach Aufstieg und Besitz ist nun mal der Fatalismus, egal ob religiös verbrämt oder nicht.
    Wir führten daher ein weiteres Glücksspiel ein. Ich nannte es „Bevölkerungsabbau", und Wa-Gon-Bloi rechtfertigte die zugegeben etwas unfeine Methode damit, dass die Station zu voll war und beim besten Willen nicht länger alle Mäuler stopfen konnte.
    In unregelmäßigen Abständen wurde von einem eigens dafür programmierten Rechner nach dem Zufallsprinzip eine kleinere Sektion des Habitats abgeschottet und luftleer gepumpt. Wir schworen, dass der Rechner von niemandem beeinflusst werden konnte, auch nicht von der Zentralbank.
    Gleichzeitig setzten wir gezielt das Gerücht in Umlauf, dass großzügige Spenden an deren Präsidenten, Prokuristen und Chronisten, diskret überreicht, zumindest nichts schaden konnten. Und tatsächlich erwischte es verblüffend oft bedauernswerterweise gerade die Ärmsten der Armen.
    Beide Maßnahmen zusammen zeitigten einen vollen Erfolg. Das Gespenst der Revolte war verjagt worden. Ich gestehe, ein wenig stolz auf mich gewesen zu sein.
    Nach einer dunklen Ära der Anarchie war endlich Zivilisation in die Schwingevon-Raffat eingekehrt.
     
    5.
     
    Die Taube auf dem Dach Am 24. Juli 1346 NGZ gab ESCHER das Signal zum Weiterflug.
    Und in der Tat, dank der Parapositronik gingen die Abweichungen vom Kurs und von der angestrebten Etappenlänge zurück. Sie pendelten sich auf relativ vertretbare Werte von plus oder minus 0,7 Prozent ein.
    Allerdings zu Lasten der Geschwindigkeit: War die RICHARD BURTON zuvor „geschlichen", so kroch sie nun förmlich dahin. Mit Linear-Etappen über nicht mehr als einen Lichtmonat näherte man sich dem Ziel.
    Bis die Inkonsistenzen des Raum-Zeit-Kontinuums ein Maß erreichten, das auch ESCHER, trotz seines verbesserten physikalischen Modells, nicht mehr auszugleichen vermochte. Abermals stoppte das Trägerschiff. Sämtliche nicht lebensnotwendigen Aggregate abgeschaltet, trieb es ohne aktivierten Antrieb durch das All, ein halbes Lichtjahr vor dem Koh-Raffat System.
    Laut dem über Hangay in Hülle und Fülle vorliegenden Datenmaterial sollte es sich um einen Roten Riesen mit drei Planeten handeln. In der Praxis jedoch war davon kaum etwas zu orten beziehungsweise ließen sich die Ergebnisse nicht vernünftig interpretieren.
    Eingehende Strahlung, Signale sowie Hyperfunk wurden wie durch Milliarden Prismen zerstreut: ein Effekt, den man schon aus dem Grenzwall um Hangay kannte. Anzeichen eines Abfließens von Vitalenergie gab es hingegen glücklicherweise nicht.
    Dafür warnte ESCHER, dass selbst die kleinste Linearetappe Richtung Koh-Raffat mit bedenklich hoher Wahrscheinlichkeit direkt in einer der

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