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2414 - Die Bestie Ganymed

Titel: 2414 - Die Bestie Ganymed Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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gemeinsame Sache zu machen und aus der DERUFUS zu fliehen, hätte er am liebsten laut aufgelacht. Sein Planhirn kam zu dem Schluss, dass er einem Geisteskranken gegenüberstand. Einem größenwahnsinnigen Paranoiker.
    Als der Kontakt über den Laser unvermittelt abbrach, spürte Ganymed so etwas wie Erleichterung. Er gab ihm ein Handzeichen, mit dem klargestellt wurde, dass er keinerlei Kontaktaufnahme mehr wünschte Es wurde Zeit, dass sich Ganymed wieder auf sein eigentliches Problem konzentrierte: Er wollte so lange wie möglich überleben.
     
    *
     
    Konzig Asmo ließ ihn erstmals seit Langem wieder in die große Halle des Bestiariums schaffen. Der körperliche Verfall des Anatomen war weiter fortgeschritten. Nichts schien mehr an seinem Platz zu sein. Es hätte Ganymed nicht gewundert, wenn Asmo vor seinen Augen in mehrere Teile zerfallen wäre.
    Ein Prallfeld bugsierte ihn in eine von bunten Blumen überzogene Wiese und legte ihn flach zu Boden. Er sank tief in die frisch duftende Erde ein.
    Konzig Asmo kniete neben ihm nieder.
    Seine Kniescheiben krachten und knisterten, ein hässliches Pfeifen drang aus den Lungen.
    „Du hast mir lange Zeit sehr viel Freude bereitet, 1213UII764", sagte er leise. „Während des letzten Tests hegte ich große Erwartungen. Ich dachte, dass du deine Artgenossen kraft deines logischen Urteilsvermögens besiegen würdest, und hoffte, danach die Funktionalität deines Planhirns endgültig bewiesen zu haben."
    Eiter troff aus einer offenen Wunde am Hals zu Boden. Konzig Asmo achtete nicht darauf.
    „Seit Anbeginn der Testreihen baute ich auf deinen scharfen Intellekt. Immer konntest du dich gegen stärker werdende Gegner durchsetzen, obwohl dich eine starke emotionale Komponente beeinflusste." Sein Tonfall wurde aggressiver, zorniger. „Du schafftest es nicht, deine Gefühle in den Griff zu bekommen. Manche Siege schienen Glückstreffer zu sein, andere waren auf puren Emotionen aufgebaut. Niemals fandest du während einer Aufgabenstellung zur vollkommenen Ratio, wie ich es gehofft hatte."
    Konzig Asmo schüttelte den Kopf. „Du hättest mein Meisterstück sein sollen. Das Geschöpf, dessen genetisches Material als Stamm für eine neue Generation logisch denkender Mikro-Bestien herangezogen werden konnte.
    Ich hätte dafür gesorgt, dass dein Körper nach dem Sezieren einen Ehrenplatz in der Ruhmeshalle der DERUFUS erhielt. Mein Name hätte neben denen bedeutender Kolonnen-Anatomen gestanden. Ich hätte Ruhm und Ehre mit in den Tod genommen. Du aber hast mir ein weiteres, ein letztes Mal mein Scheitern vor Augen geführt."
    Ganymed fühlte, wie die Kraft des Prallfelds nachließ und das Gefühl der Betäubung nach dem langen Aufenthalt im Konservierungstank allmählich wich.
    Unterschätzte Konzig Asmo seine Kräfte, oder begab er sich absichtlich in Gefahr? Wollte er angesichts seines vermeintlichen Versagens getötet werden?
    „Warum", fragte der Anatom fast bettelnd, „warum hilfst du mir nicht?
    Ist dein Selbstwertgefühl so gering ausgeprägt, dass du auf das Einzige verzichten willst, was nach deinem Tod von dir übrig bleiben könnte?"
    „Will ... leben", brachte Ganymed mühsam über die Lippen. „Nicht ... sterben."
    „Lächerlich!" Konzig Asmo winkte verärgert ab.
    „Du wusstest seit jeher, dass du ein Ablaufdatum besitzt. Diese Information wurde bereits in dir verankert, bevor wir dich und deinesgleichen aus den Reagenzgläsern zogen. Hoffnungen, wie du sie hegst, sind unerwünschte Nebenerscheinungen dieser verfluchten emotionellen Komponente, die wir zurückzudrängen versuchen."
    Der Anatom hustete trocken. Das Kettchen mit dem Steueranhänger für die Roboter baumelte laut klingelnd um seinen mageren Hals.
    „Sieh mich an: Ich nehme den Tod zur Kenntnis, auch wenn er zu früh kommen mag." Und, mit plötzlich wieder aufwallendem Zorn: „Manche von euch Bestien hegen die Vermutung, unsterblich zu sein, weil ihr mit Kräften sondergleichen ausgestattet seid!
    Eure Lebenserwartung würde mehrere tausend Jahre messen, wenn wir euch nur ließen, und ihr könntet in dieser Zeitspanne wahre Wunder vollbringen, nicht wahr? Ich hingegen muss mit diesem siechen Leib fertig werden und mir jede Sekunde meiner Existenz mühsam abringen. Operationen, Medikamente, Strahlenbehandlungen – dies alles verschaffte mir lediglich ein wenig Zeit. Niemals fand ich die Muße, über mich selbst nachzudenken und herauszufinden, wer oder was ich wirklich war ..."
    Konzig Asmo

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