2415 - Armee der Mikro-Bestien
Daseins und keineswegs explizit auf das aktuelle Geschehen.
Er streckte sich und versuchte, über die Köpfe der anderen hinweg den Sprecher zu sehen. „Frant!", rief er. „Mor Frant!"
Eine Faust reckte sich in die Höhe, dort, wo das Getümmel am dichtesten schien. Gleich darauf geriet die Menge in Bewegung, weil sich jemand mit wilden Hieben seinen Weg bahnte. Ein schwarzer Schädel stach aus dem Blaugrau der Meute hervor. Zwei Mikros, die nicht schnell genug zur Seite wichen, sackten lautlos zu Boden.
„Was geht diesmal vor?" Frants rollender Bass ließ die Umstehenden verstummen, zumal er sich herausfordernd alle vier Fäuste in den Leib stemmte. „Ist es so weit?"
Manche warteten darauf, dass sich Frants Prophezeiungen erfüllten.
„Eines Tages werden sie uns töten, weil sie unser überdrüssig geworden sind. Weil wir ihren Erwartungen nicht entsprechen." Oft genug hatte der Schwarze seine düsteren Behauptungen ausgestreut. Bei jeder Gelegenheit, sobald andere gezwungen gewesen waren, ihm zuzuhören.
Mor Frant säte Furcht. Was er ernten wollte, war Aufruhr, Rebellion gegen die Kolonnen-Anatomen.
Senego Trainz wusste, dass Frant recht hatte. Die Anatomen gaben sich nie mit Erreichtem zufrieden. Immer mehr, immer perfekter ... Eigentlich sah Trainz in einer solchen Mentalität nichts Verwerfliches. Er fragte sich nur, was mit demjenigen geschehen sollte, an dem nichts verbessert werden konnte. Mit dem Mikro, der keine zwei Gehirne bekam, egal was die Anatomen mit ihm anstellten, weil er eben genetisch bedingt nur ein einziges hatte.
Mor Frant kam näher. Gleich darauf standen sie einander gegenüber. Senego Trainz rammte dem Mann, den er vor etlichen Wachperioden zu seinem Stellvertreter ernannt hatte, kraftvoll beide Handlungsarme gegen die Brust. Frant zog die Lippen auseinander und zeigte sein herausforderndes Grinsen.
Sie verstanden einander, ohne lange darüber reden zu müssen. Vielleicht, weil sie gemeinsam extremsten Tests unterworfen worden waren. Szenarien, die sie kaum überlebt hätten, wären sie nicht gegenseitig füreinander eingetreten.
„Die Anatomen pferchen uns zusammen, weil sie uns nicht mehr brauchen", behauptete Mor Frant bedeutungsschwer.
„Dann hätten sie nicht alle von uns aus den Käfigen geholt." Senego Trainz deutete in die Runde. „So verrückt sind sie nicht."
Frant zuckte zusammen, als ein Schatten über ihn fiel. Er schaute nicht einmal auf, stellte Trainz fest. Vielmehr reagierte Mor Frant instinktiv, er spannte sich, sprang in die Höhe und streckte die Handlungsarme aus.
Seine Hände umklammerten ein zuckendes, kreischendes Etwas, das mehrfach größer war als Frant selbst. Es handelte sich um das gefiederte Wesen, das eben noch wie besessen gegen die Wand geflattert war, erkannte Trainz.
Mor Frant hatte sich in dem einen Flügel verkrallt, aber nun schlug der Körper neben ihm auf, Krallenfänge und ein kantiger Schnabel zuckten heran und wischten etliche Mikros beiseite, und der zweite Flügel drosch ruckartig immer wieder herab.
Senego Trainz wurde selbst fast von den Beinen gefegt. Während er den nächsten Schwingenhieb abblockte, hörte er Frants dröhnendes Lachen. In solchen Situationen fühlte sich sein Stellvertreter wohl, das hatten sie in den vielen Versuchen der Grauen festgestellt.
Einige Mikros behinderten sich gegenseitig bei dem Versuch, das geflügelte Monstrum zu bändigen. Trainz erkannte, dass Mor Frant dieses Wesen mit aller Kraft von sich stieß. Es taumelte, kreischte und überschlug sich flatternd, aber dann schien es sich gefangen zu haben und strebte schwerfällig den nächsten gewundenen Korridor entlang, der in die Höhe führte. Als gäbe es auf der nächsten Etage Sicherheit. Zumindest, registrierte Senego Trainz, kamen von oben keine weiteren Mikros herab.
„Etliche Kreaturen wurden aus den Käfigen entlassen", sagte er so laut, dass ihn ein Großteil der Meute hören musste.
„Dahinter steckt keine Absicht, sondern weit eher Zufall ..."
Ringsum forderten Stimmen, die unerwartet gewonnene Freiheit zu nutzen.
„Vielleicht werden die Anatomen angegriffen!", rief Frant. „Dann kann es nur unser Vorteil sein, wenn wir die Angreifer unterstützen. Vorerst jedenfalls."
Senego Trainz setzte zu einer abwehrenden Geste an, weil ihm das Vorerst nicht behagte. Allerdings achtete Frant schon nicht mehr auf ihn.
Neuer Lärm brandete auf. Aus einem Seitensegment torkelten Kreaturen hervor, die Trainz als krank
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