Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2418 - Der Entropische Zyklon

Titel: 2418 - Der Entropische Zyklon
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
funktionierte.
    „Gleich müsste der Kontaktwald auftauchen", sagte ich. „Sobald wir ihn überflogen haben, leitest du den Landeanflug ein."
    Die Daten, die ich von Alomendris erhalten hatte, stimmten exakt mit der Wirklichkeit überein. Das 15 Kilometer durchmessende, kreisrunde Waldgebiet lag wie eine Oase in einer felsigen Umgebung. Nach Norden hin ragten drei Kilometer hohe Bergmassive auf, nach Süden schlossen sich einheimische Vegetationszonen und ein mäandrierender Flusslauf an. Vielleicht war es ein Zufall, vielleicht entsprang es einer Art Chamäleonfähigkeit der Pflanzenintelligenz. Die Farben des Waldes fanden sich korrespondierend in denen der Vegetationszonen wieder. So gesehen wirkte der Kontaktwald aus dem Orbit auf Grund seiner Lage zwar ungewöhnlich, aber durchaus zur Umgebungsvegetation gehörend.
    „Suche einen geeigneten Landeplatz im Felsengebiet und möglichst nahe am Wald", wies ich die Positronik an.
     
    *
     
    Deco-2 schwebte voraus. Ich warf einen letzten, prüfenden Blick zurück auf den Felsüberhang, unter dem die LEMY DANGER in leichter Schräglage stand.
    Die Felsen schützten sie vor Entdeckung aus der Luft und dem All.
    Mit Hilfe meines Kom-Armbands schaltete ich ferngesteuert sämtliche Systeme ab. Falls Traitanks über Kalifurn erschienen, war eine Flucht sowieso sinnlos. Ein einziger dieser flachen Disken hätte die Space-Jet mühelos in ihre Atome zerlegt. Näherte sich der Entropische Zyklon, blieb mir schon eher Zeit, den Planeten und den Rand des Kuma-Saka-Sektors zu verlassen.
    Aber Letzteres fand sich nicht auf meiner Liste der dringend zu erledigenden Dinge.
    Der Felsboden vor mir glänzte grünlich, ein Zeichen von Algenbewuchs.
    Bei jedem Schritt kam ich mir vor, als versuchte ich über eine Bahn aus Schmierseife zu balancieren. Ich streckte die Arme aus, um mich an der Tonne festzuhalten. Deco-2 schob sich ein Stück näher zu mir und fuhr zwei Tentakel aus, die er zu stabilen Griffen bog.
    Auf diese Weise gelangte ich unbeschadet zu der Stelle, wo der Felsboden endete und das Gras anfing.
    „Danke, sehr aufmerksam", sagte ich zu dem Roboter.
    Das Fass schwieg.
    Überhaupt hatte Indicas Maschine seit unserem Aufbruch noch kein einziges Mal kommuniziert, weder mit mir, noch mit der Space-Jet.
    Wenige Meter entfernt ragte der Kontaktwald auf, ein blaugrün schimmerndes Dickicht aus hohen und dicken Stämmen, glatten und knorrigen Ästen, dichten Zweigen und Blättern, die mal an fleischige Kakteen, mal an hauchdünnes Papier erinnerten. Vom ebenfalls blaugrünen Blütenmeer ging ein betäubender Duft aus.
    Der Kontaktwald von Kalifurn ...
    Natürlich hatte er unser Kommen längst bemerkt. Er reagierte nicht, sondern ließ sich Zeit, mich und den Roboter zu prüfen. Ich war keine Kontaktwaldsprecherin der Kartanin wie Dao-Lin-H’ay oder Afa-Hem-F’ur. Wenn der Wald es ablehnte mich anzuhören, hatte ich den Flug umsonst unternommen.
    Aus brennenden Augen starrte ich auf die lebende Mauer, die mir signalisierte, keinen Schritt weiterzugehen, wenn ich nicht ins Verderben laufen wollte. Der Wald – einer von 126 Teilen Alomendris’ – ließ sich nicht in die Karten blicken. Etwas wie Erhabenheit strahlte er aus, die ich rudimentär spürte oder es mir einbildete. Viele Millionen Jahre existierte er schon, eine dezentralisierte Lebensgemeinschaft von hoher ethischer und moralischer Qualität. Ich schämte mich keineswegs, dass ich angesichts dieses Waldes Ehrfurcht empfand.
    „Der Wald empfängt uns", sagte Deco-2, als ich mich nach einiger Zeit noch immer nicht rührte. Tatsächlich entdeckte ich eine schmale Schneise, die vorher nicht existiert hatte.
    Narr! Du hast sie nur nicht gesehen, spottete der Extrasinn.
    Ich setzte mich in Bewegung und folgte dem Fass, das vor mir herschwankte, als dümple es auf den Wellen eines Meeres dahin.
    Zögernd tat ich die ersten Schritte in den Wald. Der Wechsel vom hellen Tageslicht in das Dunkel des Dickichts vollzog sich schlagartig. Aber obwohl kein einziger Lichtstrahl bis herab auf den Boden fiel, wurde es nicht Nacht.
    Die Pflanzen schienen aus sich selbst zu leuchten, selbst der vom fetten Moos bewachsene Boden fluoreszierte in violettem Licht. Schatten existierten nicht, alles schien in diesem violetten Licht zu schwimmen.
    Gleichzeitig empfand ich Weite, aber auch Schutz, Größe, aber auch Demut.
    Hoch über mir wölbte sich der Wald in Bögen und Postamenten, wie ich es aus dem Innern terranischer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher