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2419 - Der neue Herr der SOL

Titel: 2419 - Der neue Herr der SOL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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belügt man nicht.
     
    1.
     
    Diverse Doppelte
     
    Zweieinhalb Jahre davor, die Routinebesprechung der Schiffsführung hatte wieder einmal keine besonderen Vorkommnisse behandelt, unternahm Ronald Tekener den vollkommen sinnlosen Versuch, sich zu betrinken.
    Das war erstens dumm, nachgerade pubertär, ganz und gar unangebracht für einen Mann, der 25 Jahrhunderte auf dem Buckel hatte. Zweitens verwerflich, denn als Expeditionsleiter sollte er stets ein positives Vorbild abgeben. Und drittens relativ schwierig, da ihn sein Zellaktivatorchip gegen so gut wie alle Gifte weitgehend immunisierte, Alkohol definitiv eingeschlossen.
    Trotzdem lehnte sich Tek an den Tresen und bestellte einen doppelten Vurguzz.
    Die Bar gehörte zu einer der vielen entlegenen, seit Jahrzehnten praktisch verwaisten Regionen des Riesenschiffs. Früher hatte sie sich großer Beliebtheit erfreut, vor allem bei den in den umliegenden Maschinendecks beschäftigten Technikern.
    Seit dem Hyperimpedanz-Schock war sie ebenso obsolet geworden wie die nicht mehr funktionierenden Aggregate – quasi eingemottet, obwohl die Reinigungsroboter sämtliche Räumlichkeiten nach wie vor makellos staubfrei hielten.
    Aber von der geschrumpften, mittlerweile fast schon spärlichen menschlichen Belegschaft des SOL-Mittelteils verirrte sich praktisch nie mehr jemand hierher.
    Kurz: der ideale Ort, um sich vor sich selbst zum Narren zu machen.
    Der Servo bot eine Reihe von Programmen zur holografischen Ausgestaltung an. Tek hatte „Shining" gewählt, weil das ansprechend vieldeutig klang und er sich dunkel an einen Filmklassiker ähnlichen Titels erinnerte. Daher präsentierte sich das Lokal schummrig, in einer Mischung aus warmen Brauntönen und auf Hochglanz poliertem Messing, voller übertrieben geschwungener Gläser, bunt etikettierter Glasflaschen und Spiegel, die von schwülstigen Ornamenten umrahmt wurden.
    „Kummer?", fragte der Barkeeper, nachdem er das Getränk in einem viel zu großen Schwenker vor Tek abgestellt hatte. Unzweifelhaft handelte es sich um einen Roboter, über den das Erscheinungsbild eines glatzköpfigen Schnauzbartträgers mit steifem weißem Hemd, schwarzer Fliege und gestreifter Weste projiziert wurde.
    Tek nickte, rückte auf dem Hocker zurecht und stürzte die grüne, süßlichscharfe Flüssigkeit in einem Zug hinunter. „Noch mal dasselbe!"
    Während der Barkeeper erneut mixte, schüttelte und rührte, starrte Tek sein eigenes Spiegelbild hinter der Theke an.
    Die hellblauen Augen, die schulterlangen, glatten schwarzen Haare, die von den Lashat-Pocken zurückgebliebenen, tiefen Narben im Gesicht ...
    Er schnitt sich eine Grimasse. „Smiler" nannten sie ihn, wegen seines berühmten, unterkühlten Lächelns, das Gegnern angeblich durch Mark und Bein ging und Frauen weiche Knie bereitete. Keine, hieß es, vermochte ihm zu widerstehen, wenn Tekener es wirklich darauf anlegte.
    Er schüttelte den Kopf.
    Eine schon.
    Und die Übrigen interessierten ihn nicht.
    Die verschnörkelten Ziffern der Datumsanzeige über dem Spiegel besagten: „19. Februar 1344 NGZ". Tek brauchte nicht nachzurechnen. Genau vierzig Tage war es her, dass Dao-Lin-H’ay die SOL und ihn verlassen hatte.
    Endgültig.
     
    *
     
    Die Frau, mit der zusammen er just in Hangay so viele glückliche Jahrzehnte verbracht hatte, war mit der Hypertakt-Solonium-Space-Jet X-1 aufgebrochen, um den Widerstand gegen TRAITOR zu organisieren beziehungsweise erst so richtig zu entfachen. Ein zum Scheitern verurteiltes Unterfangen, nach Teks Meinung.
    Der Disput darüber, wie sie weiter vorgehen sollten, war ihr letzter gewesen.
    Tekener vertrat die Auffassung, dass sie von den notorisch zerstrittenen Völkern Hangays wenig bis gar nichts erhoffen durften, und er stand damit keineswegs allein. Auch Kommandantin Fee Kellind, deren Stellvertreter Roman Muel-Chen, Don Kerk’radian und Tonko Kerzner sowie die restliche Führungsmannschaft zogen es vor, die Dinge anders anzugehen.
    Die SOL befand sich auf einer Aufklärungsmission. Ihr Primärziel musste sein, möglichst bald möglichst viel über die entstehende Negasphäre in Erfahrung zu bringen.
    Nur so spielten sie ihren höchsten Trumpf optimal aus: das endlich wieder einsatzfähige Hypertakttriebwerk, dank dessen die SOL in Hangay wesentlich exakter manövrierte als andere Raumschiffe.
    1230-mal pro Sekunde lieferten die Hypertakt-Orter neue Informationen.
    Ebenso oft konnte das Hantelschiff seinen Kurs korrigieren – und

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