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2426 - Aufbruch der Friedensfahrer

Titel: 2426 - Aufbruch der Friedensfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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einer hilflosen Geste beide Arme, breitete sie aus und spreizte die Finger. „Es tut mir leid", sagte er. „Ich weiß wirklich nicht, wovon du sprichst."
    Sie kniff die Augen zusammen. „Du erinnerst dich wirklich nicht an Injata N’tuvage?"
    Injata N’tuvage ...
    In dem Augenblick, in dem Cosmuel diesen Namen aussprach, schien in Kantirans Gehirn ein Damm zu brechen. Die Erfahrung war keineswegs schmerzhaft, ganz und gar nicht, nur überraschend. Wie Wasser sich bei einem Wolkenbruch über ödes Land verteilte und nach dem ersten Schock die Natur erblühen ließ, brachen bei ihm zarte Pflanzen durch die aufgeweichte Kruste des Erdreichs, Gedankenblumen und -sträucher, und verwandelten eine Wüstenei in blütentragendes Grünland.
    „Injata N’tuvage ...", flüsterte er, und plötzlich war alles wieder da.
    Alles.
     
    4.
     
    Die Monde der Friedensfahrer
    18. Oktober 1345 NGZ
     
    Er war alt, uralt, das sah ich auf den ersten Blick, auch wenn der Friedensfahrer sowie die Spezies, der er entstammte, mir unbekannt waren.
    Ich suchte verzweifelt nach den Stereotypen, die arkonidische Erziehung und Ausbildung in mich eingebrannt hatten, und fand keine. Er war humanoid, aber weder groß und hager noch klein und kugelrund und schon gar nicht so breit wie hoch. Er war so ähnlich gewachsen wie ich, vielleicht ein paar Zentimeter kleiner. Wahrscheinlich war er einmal größer gewesen, hatte mich um einiges überragt, doch das Alter hatte ihn gebeugt und schrumpfen lassen.
    Seine Schritte waren schleppend, seine Bewegungen langsam und wirkten unnatürlich, angestrengt, wenn nicht sogar gequält. Ich wollte nicht wissen, wie es um seine Knochensubstanz stand und welche Schmerzen ihm dieser Verfall verursachte.
    Seine Haut war, soweit sie nicht von seiner Kleidung verborgen wurde, pechschwarz. Aber er war kein negroider Typ, wie ich sie auf der Erde kennen gelernt hatte. Er war eigentlich überhaupt kein Typ. Seine Hände, die zu zwei Dritteln unter den Ärmeln seiner fast bis auf den Boden fallenden Robe hervorlugten, waren quadratische Klötze, deren runzlige Oberfläche – Haut? – sich permanent zu verändern schien. Sie warf immer wieder neue Falten auf, aus denen Vorsprünge wuchsen, wahrscheinlich Finger zuzüglich gegenüberstehendem Daumen. Mal waren es drei, mal sechs, einmal sogar acht an jeder Hand, von denen sich vier allerdings sofort zurückbildeten. Und so viele es auch waren, mir fiel auf, dass sich an jeder Hand stets dieselbe Zahl von Fingern ausprägten. Waren es an der rechten vier, bildeten sich an der linken ebenso viele. Niemals unterschiedlich viele.
    Und Injatas Gesicht schien nur aus solchen Auswüchsen oder Falten zu bestehen. Es veränderte sich ständig.
    Wenn er die Stirn runzelte, zog er damit das gesamte Antlitz hoch und warf düstere Wolken auf die Faltenlandschaft. Ein Lächeln hingegen zauberte gelegentlich – wenn auch nur sehr selten, wie ich feststellte – das Elfenbeinleuchten des aufgehenden Mondes in die tiefen Täler der Ebenholzschwärze der Falten.
    Deshalb stutzte ich, als ich ihn zum ersten Mal sah. Nicht wegen seiner langsamen Bewegungen, des fast humpelnden Gangs. Nicht wegen seines Aussehens – sondern eben wegen des Mangels daran. Aus der Ferne erblickte ich ein Gesicht mit einer scharfen, schmalen Nase, einem schmallippigen Mund und fast eingefallenen Wangen.
    Als er näher kam, wurde das Gesicht heller und rundlicher. Plötzlich erinnerte es mich an das meines alten Freundes Mal Detair.
    Meines Freundes, der aus meinem Leben entschwunden war, als hätte es ihn niemals gegeben. Als wäre er nicht wichtig, nicht würdig, der dicke, stets gut gelaunte Freund neben mir zu sein. Unwillkürlich fragte ich mich, was aus ihm geworden war, wieso ich ihn in dieser grausamen Zeit einfach vergessen hatte.
    Dann veränderte sich das Gesicht des Fremden erneut, und einen Moment später wirkte er wie von zu großen Hautfalten bedeckt. Einige fielen so tief, dass sie aufbrachen und organische Substanz über das Gesicht fließen ließen. Mit einem Mal schimmerte die Haut milchig.
    Ich fragte mich, wie es unter der Kutte aussah, die er übergeworfen hatte. Riss die Haut dort ebenfalls auf? Bildeten sich darunter ständig neue Körperteile, nur um sofort wieder zu zerfallen? War dieser Prozess mit ... Schmerzen verbunden?
    Injata N’tuvage musste uns beobachtet und verfolgt haben, es konnte nicht anders sein, denn er humpelte auf uns zu, nachdem wir die Wohneinheit, die wir auf

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