2446 - Die Negane Stadt
wenige aus der zweiten Hälfte. Und wenn doch, waren es Schlüsselsequenzen, die selbst sein direkter Untergebener beherrscht hätte.
Erstaunt stellte er fest, dass schon das letzte Kapitel der Zeremonien eingeläutet wurde. Die eigentlich endlose Folge von Ritualen ging rings um die Tempolare Arkade auf ihr Ende zu.
Und er hatte sich nicht schlecht geschlagen!
Aber der kleinste Fehler genügte, um der Ressourcen-Verwertung zugeführt zu werden, und den hatte er begangen.
Vielleicht hat der Zeremonienmeister ihn nicht bemerkt, dachte er inbrünstig. Vielleicht ...
Er gab den Gedanken auf, als in der Mitte der Hohlkugel ein wabernder Nebel erschien.
Er kannte das bereits. Das Wabern war eine Folge extremer Feldstärken des Vibra-Psi, die mitten in der Arkade herrschten, keineswegs eine Manifestation des Chaotarchen Xrayn.
Dann aber wurde es immer intensiver. Die Streustrahlung des Vibra-Psi, die aus dem Mittelpunkt der Arkade zu ihnen drang, schien sich mit einem Mal zu multiplizieren ...
... und Glorithlin Pal begriff entsetzt, dass sich in diesem Augenblick eine fatale Änderung der Pläne vollzog.
Das ist kein Feldstärken-Wabern, keine Täuschung ... sondern Realität!
Möglicherweise zumindest. Denn ... ein Chaotarch war nach Pals Wissen eine unendlich überlegene, unsterbliche Entität, die unter völlig anderen Bedingungen existierte und agierte als gewöhnliche Geschöpfe. Pal hatte Xrayn in seiner Lebenszeit selbstverständlich noch nie zu Gesicht bekommen. Daher konnte er doch gar nicht sagen, wie die Ankunft Xrayns im Detail vonstattengehen würde!
Doch es geschah, vor seinen Augen!
Eine monströse, paranormal aufgeladene Gestalt schälte sich aus dem Wabern, eine dampfende, veränderliche Schimäre, die in langsamen Metamorphosen die äußeren Merkmale humanoider und reptiloider Wesen durchlief, aber ins Riesenhafte vergrößert ...
Xrayn!
Das muss Xrayn sein!
Es ist Xrayn!
Der Chaotarch erscheint!
Aber ... Glorithlin Pal vergaß die aktuelle Schrittfolge, führte sie rein instinktiv durch, weil er sie so gut beherrschte, Null! Null! Null!, die Peinlichkeit ersten Ranges.
Aber ... Xrayn erschien, ohne vom Chaopressor gerufen worden zu sein?
Unmöglich!
Xrayn, der Chaotarch ...
Glorithlin Pal blieb nicht die Zeit, Erscheinung und Größe des unfassbaren Wesens zu begaffen. Schluss mit all dem Nachdenken, Schluss mit Furcht oder Euphorie, er war ein Korpsbeamter der Neganen Stadt! Und als solcher trug er Verantwortung! Verantwortung für seine Untergebenen. Hauptsächlich aber Verantwortung für seinen ureigenen, kleinen und doch so bedeutungsvollen Beitrag zur Tempolaren Zeremonie!
Schritt 4455.
Schritt 4456.
Schritt 4457.
Die letzten drei Schritte beherrschte er natürlich. Und dann ... War es das?
War die Zeremonie tatsächlich abgeschlossen? War auf höchster Ebene eine Änderung der Pläne vorgenommen worden, und Xrayn war tatsächlich erschienen?
Er blickte auf ... und erlebte gerade noch mit, wie der vermeintliche Testlauf, der so unerwartet zum Ernstfall geworden war, urplötzlich abbrach. Die gigantische, ständig zwischen den Wesensmerkmalen eines Humanoiden und eines Reptiloiden changierende Gestalt des Chaotarchen verflüchtigte sich unvermittelt und verlosch.
Stattdessen erschien in der Tempolaren Arkade – und gleichzeitig auch an zahlreichen Orten mitten im Gepränge der Zeremonie – ein holografisches Abbild des Zeremonienmeisters.
Glorithlin Pal wäre am liebsten gestorben. Friedlich. In seinem Becken und nicht unter den Qualen des Assomga-Bisses.
Das alles war nur ein Trick gewesen!
Xrayn war mitnichten gekommen!
Glorithlin Pal konnte sich zusammenreimen, was geschehen war. Der Zeremonienmeister hatte schlicht und einfach die Techniker gebeten, ein wenig mehr Vibra-Psi als gewöhnlich per Streustrahlung in die Umgebung entweichen zu lassen. Er hatte eine Projektion erstellen lassen, um seine hochgestellten Korpsbeamten unter allergrößten Realbedingungen zu testen, beim Eintreten einer Planveränderung durch Xrayn selbst!
Dann hatte er den Lauf der Dinge verfolgt ...
Pal zitterte vor Entkräftung, aber auch vor Furcht. Seinen Untergebenen erging es nicht anders. Jeder wusste, wie anspruchsvoll diese Probe gewesen war, jeder wusste, dass er mindestens einen Fehler begangen hatte, vielleicht einen unbedeutenden, aber dennoch.
Die Überraschung hatte sie aus dem Konzept gebracht ...
Was für eine perfide Idee! Die ultimative Möglichkeit, die Befähigung
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