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245 - Geisterstadt Washington

245 - Geisterstadt Washington

Titel: 245 - Geisterstadt Washington Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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Roots mit unsachlichen Vorwürfen zu attackieren. Blacks Finger trommelten nervös auf die blank polierte Tischplatte. Das führte doch zu nichts. Warum griff die Präsidentin nicht ein? Er warf Dr. Alexandra Cross einen strengen Blick zu. Doch die schien nicht ganz bei der Sache zu sein. Ihre blauen Augen starrten auf den leeren Stuhl des abwesenden Stabsmitglieds Faith.
    Seit sie hier unten im Bunker waren, verweigerte Bruder Faith seine Anwesenheit bei den Sitzungen. Was nicht weiter schlimm war. Die Gruppe, die er zu vertreten hatte, bestand nur noch aus einem knappen Dutzend Rev’rend-Anhängern. Der Kerl fehlte Black ganz und gar nicht. Doch die üblen Nachreden des Novizen auf Alexandra Cross machten die Leute verrückt: »Bevor die Präsidentin nicht öffentlich bekennt, dass sie schuldig am Tod von Bruder Mercy ist, komme ich nicht mehr!«, hatte er verkündet. Ihr Amt sollte sie niederlegen und Buße tun.
    Bei dem Gedanken daran zog sich dem Richter der Magen zusammen. Er selbst war dabei gewesen, als die Cross sich bei ihrer gemeinsamen Flucht den Handgreiflichkeiten Bruder Mercys erwehren musste. Wenn sie ihn nicht beiseite gestoßen hätte, säße sie jetzt nicht hier. Trotzdem plagten Alexandra Cross Schuldgefühle. Sie hatte ihre ganz persönliche Sühne für den Unfall gewählt: Sie schlief kaum noch, aß zu wenig, und neben der Organisation des Bunkers arbeitete sie oft nächtelang in der Krankenstation. Zu oft!
    Bleich sah sie aus. Bleich und ausgemergelt. Nur noch ein Schatten ihrer selbst. Wenn sie so weiter machte, würde sie demnächst zusammenbrechen. Black musste mit ihr reden. Heute noch.
    Und es gab noch jemanden, mit dem er dringend sprechen musste: Bürgermeister Louis Stock! Dessen Frau hatte den Angriff des Schleimmonsters mehr tot als lebendig überstanden. Seither war der Bürgermeister zu nichts mehr zu gebrauchen.
    Wie ein Gespenst geisterte er tagtäglich zwischen Krankenstation und seiner Unterkunft hin und her. Kam zu den regelmäßigen Sitzungen, wann er wollte, und weigerte sich, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Seine Leute, die Bürgerschaft von Waashton, machten hier unten allen das Leben schwer. Sie hielten sich nicht an die Sicherheitsbestimmungen und nahmen keine Rücksicht auf die besondere Situation. Bald schlimmer erträglich als die Rev’rend-Anhänger waren sie. Sie akzeptierten weder die Präsidentin, noch Black als Autorität. Bei allem Verständnis: Bürgermeister Stock musste endlich wieder durchgreifen oder mindestens vorübergehend jemanden bestimmen, der für Ruhe und Ordnung unter seinen Leuten sorgte.
    Und jetzt musste jemand hier für Ordnung sorgen. Denn Garrett und Roots verstrickten sich mehr und mehr in ihre sehr persönlichen Konflikte. »Du weißt doch gar nicht, was Loyalität und Verantwortung bedeutet!«, rief der General gerade lauter als nötig. Honeybutt Hardy neben ihm verdrehte angenervt die Augen.
    Black straffte die Schultern. »Präsidentin Cross, Sie erlauben.« Ohne ihre Antwort abzuwarten, wandte er sich direkt an die beiden Streithähne. »Dies ist weder die Zeit, noch der richtige Ort für Ihre persönlichen Auseinandersetzungen.« Er machte eine Pause, bis er sich der Aufmerksamkeit der beiden Männer sicher war. Betreten schauten sie ihn an. »Was Takeo und Shiro betrifft, schlage ich vor, ihnen die vierundzwanzig Stunden zu geben«, fuhr Black fort. »Ihnen, und auch den Menschen hier unten. Denn die Öffnung des Schotts wird vermutlich wieder Erschütterungen auslösen. Wenn Sie alle mit diesem Vorschlag einverstanden sind, würde ich damit die Sitzung gerne beenden. Es ist spät und wir alle haben wenig…«
    Ein Klopfgeräusch unterbrach den Hohen Richter. Die Tür öffnete sich und ein junger Bunkersoldat betrat hastig den Raum. Er sah aufgeregt aus. »Mr. Black, kommen sie schnell ans Funkgerät. Es gibt Ärger beim U-Bahnschacht.«
    ***
    »Hey, Sultan, gib den Weg frei oder ich schieß dir deinen roten Turban vom Schädel.« Der breitschultrige Mann mit dem Narbengesicht fuchtelte mit einem Gewehr vor Ben-Bakrs Nase herum. Der ehemalige Steuermann der EUSEBIA kraulte seelenruhig seinen wilden grauen Bart. Seine kleinen klugen Augen betrachteten eingehend sein Gegenüber und das Dutzend Männer, das sich um den Wichtigtuer geschart hatte. Sie waren mit Messern und Knüppeln bewaffnet und sahen zu allem entschlossen aus. Zahlenmäßig waren sie den Bunkersoldaten überlegen, mit denen Ben-Bakr den Zugang zum

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