2458 - Der zweite Dantyren
dem Versuchslabor einer Skapalm-Bark oder als ehrenamtlicher Agent des Terranischen Liga-Dienstes verstand. Krieg war ein dreckiges Geschäft, und zwar immer für beide Seiten.
Da stieß ihn sein Hintermann an. „Obacht, Energiesensoren!"
Ein Blick auf die Anzeige des Analyse-Geräts bestätigte: In der Bürodecke war eine Art Feuermelder installiert, so fein geeicht, dass er auf die bei einem Thermo- oder Desintegratorschuss freiwerdende Strahlungsmenge angeschlagen und eine Alarmmeldung abgesetzt hätte.
„Nun gut, dann eben auf die harte Tour", gab Trainz zurück. „Mir nach!"
Er bog das Gitter auseinander, holte Schwung und stieß sich ab.
*
Als es vorüber war, arrangierten sie die Leichen der Kopfjäger auf eine Weise, die nahelegte, dass sich zwei Streithähne gegenseitig umgebracht hatten.
Schon während der kurzen Augenblicke, in denen die Humanoiden zur Gegenwehr fähig gewesen waren, hatten die Mikro-Bestien darauf geachtet, ihnen die letalen Verletzungen so zuzufügen, dass hinterher dieser Eindruck erweckt werden konnte. Der eine Awour, so schien es, hatte dem anderen den Schädel just im selben Moment zerschmettert, in dem ihm der andere ein scharfkantiges Metallstück durch die Brust rammte.
Nicht gerade alltäglich, doch nachvollziehbar. Dass beim Kampf auch das Sendemodul der Kommunikations-Konsole zu Bruch gegangen war, würde sowieso niemanden befremden.
Im wohlweislich funktionstüchtig belassenen Speicher des Terminals deponierte Senego das Fragment eines Dokuments, worin der jüngere Awour den älteren bezichtigte, mit dem Gedanken an Desertion zu liebäugeln.
Das erklärte sowohl die abgebrochene Kontaktaufnahme zum Zentralrechner als auch, weshalb der Raufhandel ausgebrochen war.
„Saubere Arbeit", sagte Trainz. „Und jetzt – nichts wie weg!"
*
Wenige Minuten nach dem größeren Trupp traf auch der kleinere, von Doray Celvius geführte, in der Ausweichzentrale von Registereinheit 1.199.188 ein.
Roi Danton, der auf Nadeln gesessen war, hörte sich mit wachsender Begeisterung die Berichte der Mikro-Bestien an. Schließlich gab es gleich zwei Erfolgsmeldungen.
Die Bedrohung durch die misstrauischen Kopfjäger war abgewendet worden. Darüber hinaus wusste man nun dank Celvius, dessen Gruppe sich ebenfalls via Versorgungsleitungen abgesetzt hatte, wie man zu Dantyrens Privatunterkunft gelangen konnte.
Der stellvertretende Anführer der Mikro-Bestien hatte sogar einen weiteren Treffer gelandet. Im Rahmen des Rückzugs war es ihm gelungen, eine winzige, gut getarnte Peilsonde am in der Pyramidenspitze geparkten Gleiter anzubringen.
Da dieses Fluggerät mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließlich vom Dualen Kapitän benutzt wurde, gaben die Positionsdaten der Sonde einen brauchbaren Hinweis darauf, ob er sich im Stützpunkt aufhielt oder nicht.
Hundertprozentig sicher durfte man sich freilich nicht sein.
„Aber ich dachte mir, das könnte uns noch zupasskommen", sagte Celvius bescheiden. „Ich hoffe, ihr legt mir diese Eigenmächtigkeit nicht als Anmaßung aus. Rückfrage zu halten, bestand leider keine Gelegenheit."
Im Kontrast zur etwas gestelzten Sprechweise klang seine Stimme blechern. Das lag daran, dass ihm in der Bestien-Akademie auf Luna eine Metallplatte in die Lautbildungsorgane eingepflanzt worden war; davor hatte er lediglich unartikuliertes Gestammel hervorgebracht.
Seither hatte Celvius die Sprachfähigkeit außerordentlich rasch perfektioniert und sich nebenbei eine leicht altertümlich anmutende „terranische Höflichkeit" angeeignet.
Roi Danton beruhigte ihn. „Du hast absolut richtig gehandelt, mit vorbildlicher Umsicht. Das gilt auch für dich, Senego. Ich möchte euch und euren Kameraden mein allergrößtes Lob aussprechen. Ohne den heldenhaften Einsatz von Mitgliedern der Armee der Mikro-Bestien wäre unsere Expedition nun schon zum zweiten Mal gescheitert."
Die Assassinen strahlten. Vor versammelter Führungsmannschaft belobigt zu werden, tat ihnen sichtlich gut.
Schließlich kämpften sie nicht allein aus Hass auf die Kolonne, die ihnen ein furchtbares Los bereitet hatte, sondern sie kämpften mindestens ebenso sehr um Anerkennung.
„Wie geht es weiter?", fragte Goran Frownie.
„Trödeln sollten wir jedenfalls nicht", empfahl Lipica Atabinmek.
„Die Episode mit den Awourinnen hat deutlich gezeigt, auf welch dünnem Eis wir uns hier bewegen."
Doray Celvius strich sich tapsig über die rötlich marmorierte Kopfhaut.
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