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2459 - Komplex Astrovent

Titel: 2459 - Komplex Astrovent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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anhaben.
    Aber so, wie der Wurm nicht nur Wurm war, war der Stahl der Klinge nicht nur Stahl. Myriaden von Rechenprozessen liefen an der Schneide ab, Datenströme schossen hervor, kristallisierten und verhakten sich in der Schuppenstruktur des Drachen. Sie wühlten sich in die virtuelle Substanz des Wurms, vermehrten sich explosionsartig, versanken in den Tiefen seiner Strukturen und wurden doch wieder und wieder identifiziert, gestellt, neutralisiert oder liefen ins informationelle Leere.
    Niemandswurm wechselte sein Fleisch und Blut im Nanosekundentakt, generierte Häute, Organe, Sekrete, Enzyme.
    Er nahm die Luft und den Sand auf, schnappte nach den Schweißtropfen, die der Mann abschüttelte, verwandelte Wasser und Salz in Uran, Plutonium und Lawrencium und spie all das auf den Mann mit dem Schwert.
    Herzeisenlos wich den Flammenströmen aus, wie er immer wieder den Kopfstößen des Lindwurmes auswich und seinen Prankenhieben.
    Der Drache ächzte vor Anstrengung, Verdauungsgase entwichen, es stank nach Schwefel, Chlor und scharfem Urin.
    Herzeisenlos dagegen wirkte unberührt und jungfräulich.
    Da wirbelte der Drache herum und fuhr mit seinem langen Schwanz wie mit einem Pflug durch den Sand, dass er aufstob und wie eine Lawine auf Herzeisenlos niederging. Als der Mann einen Schritt aus der Sandwolke nach vorne trat, stieß der Niemandswurm mit seinen drei Hörnern zu. Der Mann setzte mit einem Sprung zur Seite, aber einer der Auswüchse traf ihn tief in die linke Schulter.
    Der Mann seufzte leise. Sein Gesicht leuchtete förmlich auf vor Schmerz.
    Mit einem Ruck riss der Drache sein Horn heraus. Die Wunde in der Schulter des Mannes war tief, die Ränder beinahe rein.
    Wieder seufzte Herzeisenlos.
    Der Dreifachschädel des Drachen befand sich auf Augenhöhe mit ihm, keine Armlänge entfernt. Sein aufgerissener Rachen stank wie eine Kloake.
    Der Mann hob den rechten Arm, das Schwert über den Kopf.
    Der Drache führte eine kurze Nickbewegung nach oben aus und schlug damit, fast spielerisch, dem Mann das Schwert aus der Hand.
    Das Publikum schrie auf, zugleich begannen sämtliche Stelen der Stadt Terrania zu brüllen: „Terra darf nicht fallen!"
    Mit unbegreiflicher Geschwindigkeit hatte der Mann das wirbelnde Schwert gepackt, nicht am Heft, sondern an der Spitze der Klinge.
    Er hielt es so.
    Erst in diesem Moment endete die Aufwärtsbewegung des Drachenkopfes. Der Schuppenlatz hatte sich gehoben und so die Kehle entblößt.
    Die Hand des Mannes hatte sich fest um die Schneide geschlossen, Blut troff herab. Aber der Mann achtete nicht darauf, sondern schlug mit dem umgekehrten Schwert zu und trieb die zugespitzte Parierstange in die einzige ungeschützte Stelle – die Kehle.
    Für einen Atemzug stand alles still.
    Dann riss Herzeisenlos die Parierstange wieder aus dem Fleisch des Drachen und trat einige Schritte zurück. Der Blutstrahl spritzte aus der Wunde, überschlug sich und bildete im Sand eine Pfütze, die sich rasch ausbreitete.
    Langsam sank der Lindwurm in die Knie.
    Herzeisenlos griff um und hielt das Schwert wieder am Heft. Er näherte sich dem sterbenden Wurm.
    „Warum", fragte der Mann und beugte sich zum Niemandswurm hinunter, „warum hast du diese Inkarnation benutzt?
    Soweit ich es sehe, war in der terranischen Mythologie am Ende jeder Drache einem Drachentöter unterlegen. Warum hast du diese aussichtslose Rolle gespielt, Hyperinpotronik?"
    Der Drache lächelte schmerzhaft und sagte mit rasselnder Stimme: „Weil jeder Drachentöter nur ein Diener ist. Ein Engel seines Herrn. Ein Cherub, ja, aber unfrei. Ein Diener. Deswegen fiel diese Rolle dir zu, Supratronik."
    Ohne darauf einzugehen, warf die Allegorie der Supratronik ihre Locken in den Nacken. „Du hast verloren."
    Das imaginäre Terrania erlosch allmählich, verlor seine Konturen in der zunehmenden Dunkelheit des virtuellen Raumes.
    „Ich hätte verloren?", echote die Hyperinpotronik. „Wie definierst du mein Ich?"
    „Du bist das komplexe Bewusstsein, das die Posbi-Zivilisation regiert. Oder habe ich etwas verpasst?"
    Der Drache löste sich auf in leuchtenden Rauch, der über der Ebene wallte. „Ja. Du hast tatsächlich etwas verpasst.
    Im engeren Sinn mag ich das Produkt des Zentralplasmas sein, das mit den maschinellen Arealen dieses Platzes hypertoyktisch verzahnt ist. Aber im weiteren Sinn, eigentlich, bin ich diese ganze Zivilisation, bin ich die Summe und mehr als die Summe aller meiner Elemente. Allerdings habe ich dir nicht

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