2460 - Soldaten der Nacht
längst gut genug, um zwischen Ehrlichkeit und Heuchelei zu unterscheiden. Und das, was der Offizier hier vor ihm abzog, war eindeutig das, was die Menschen „Honig ums Maul schmieren" nannten.
„Die Freude ist ganz auf meiner Seite", stammelte der Mom’Serimer. Jeder andere von seiner Art hätte ihn gefragt, ob er noch wach wäre oder schon schliefe – der Terraner aber hob wie abwehrend die Hand. Er ließ sich nicht provozieren. Freundlich bleiben!
„Ich heiße übrigens Unamato und bin gekommen, um mich zu erkundigen, ob ..."
„Deine Freiwilligenmeldung!" Der Oberst nickte.
„Ja, mein Freund, wir waren sehr geehrt und haben sie mit aller gebotenen Gründlichkeit geprüft. Du möchtest ..."
„Ich habe mich freiwillig zu einem Einsatz mit Atlan gemeldet", half der Leutnant mit leicht anschwellender Ungeduld aus.
„Nein!"
Er zuckte heftig zusammen. Sein Herz schlug noch immer ... aber plötzlich irgendwie anders.
Das war nun auf einmal Wut-Klopfen.
„Nein?"
„Leider ..." Der Oberst tat einen tiefen Seufzer und verzog scheinheilig das Gesicht. „Mein lieber Leutnant Umamato, zu unser aller ..."
„Mein Name ist Unamato! Mit n!"
„... aller Bedauern hat sich die Schiffsführung gegen dein großzügiges Angebot entschieden. Wir wissen es alle zu schätzen, dass du ... äh ... Atlan dein Leben weihen würdest, wie du es in deinem Antrag so plastisch ausgedrückt hast. Er lässt dir auch seine persönlichen Grüße ausrichten und ..."
„Er weiß es gar nicht!"
Der Oberst starrte ihn an. „Weiß es nicht? Was?"
„Ihr habt es ihm gar nicht gesagt!"
Unamato konnte nichts dafür. Er hatte versucht, cool zu bleiben und sich nicht aus der Reserve locken zu lassen.
Aber das war es wieder! Genau das!
Auf der SOL hatten sie sich ja an sie gewöhnt. Dort waren sie überhaupt toleranter. Da versuchte man auch, sie zu verstehen. Man wusste ihre Qualitäten zu schätzen! Man förderte sie sogar, schickte sie – die Besten von ihnen – zur Fortbildung nach Winola ...
... wo man sie überdeutlich spüren ließ, dass sie nervten. Dao-Lin-H’ay war ja freundlich und wirklich toll, aber die anderen ...
„Ich hab das so satt!", schmetterte er dem Offizier entgegen, der ihn um eine halbe Körperlänge überragte. Wie ein Fels stand er vor ihm, und aus Stein war auch sein Herz – falls er überhaupt eins besaß.
„Ihr nehmt uns nicht ernst! Ihr sagt, dass ihr uns fördern wollt, und lobt uns sogar für die Fortschritte, die wir machen. Aber das sind nur Worte! Ihr seid nicht ehrlich und ..."
„Leutnant, ich ... wir ...!" Theonta war einen Schritt zurückgewichen und hatte abwehrend die Hände gehoben.
„Ich bin ..."
„Stopp!"
Es wirkte wie bei Kadett Inteuker und vielen anderen.
„Ihr habt Atlan gar nicht gefragt", klagte der Mom’Serimer an. „Er weiß auch nicht, dass ich jetzt hier bin. Denn ihr habt Angst, dass er mein Angebot annimmt. Atlan ist nicht so kleingeistig wie ihr, er ist ein Mann von Format!"
Unamato hüpfte auf und ab vor Wut.
„Ich werde mit ihm in den Einsatz gehen, Oberst Theonta, so wahr ich hier vor dir stehe! Ich verspreche es dir! Du wirst von mir hören, auch darauf gebe ich dir mein Wort!"
„Leutnant Umamato, ich ... So warte doch! Das ist ein Missverständnis!
Ich ... Wir sind ..."
Er hörte nicht mehr, was ihm der Offizier weiter vorheucheln wollte. In seinen Ohren rauschte das Blut. Er drehte sich um und schwirrte so flink aus dem Raum, dass Kadett Inteuker bei seinem Anblick vor Schreck in Trance gefallen wäre.
*
Sein nächster Weg führte zu Dao-Lin-H’ay.
„Das kann ich nicht glauben, Leutnant", sagte die Kartanin, die in Hangay längst ebenfalls zu einer Legende geworden war – natürlich nicht eine solche wie Atlan.
„Es war so!", bestand der Mom’Serimer. Seine Tentakel vibrierten vor Erregung. Er fühlte sich so, wie es feine Leute nicht sagten, und wünschte sich etwas terranische Pfefferminze, ein kleines Stückchen nur, roh oder gepresst, aufgelöst oder am Stück. Na ja, vielleicht hatte er etwas übertrieben, aber im Kern war es richtig gewesen.
„Ihr habt kein Recht, uns Mom’Serimer so zu behandeln, nur weil wir etwas ... äh ... lebendiger sind.
Ihr wolltet uns fördern, hieß es. Ihr wolltet uns neue Horizonte eröffnen, weil wir uns auf der SOL so positiv entwickelt haben. Jetzt sitzen hundert von uns hier auf Winola III fest und gehen an der Untätigkeit kaputt. Seit über zwei Wochen schon! Wir wollen uns
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