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248 - Entfesselte Gewalten

248 - Entfesselte Gewalten

Titel: 248 - Entfesselte Gewalten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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entfernt im Gebüsch. Sie fuhr herum. Es raschelte im Unterholz, Schritte näherten sich. Elloa schwankte zwischen Erleichterung und Angst. Jemand bog die Zweige eines Farnstrauches zur Seite. Ein Mann. Die Pilzwucherungen wichen vor ihm zurück und bildeten eine Gasse, durch die er auf Elloas Steinbrocken zukam.
    Er hatte keine Eile, wirkte vollkommen entspannt. Eine zweite, größere Gestalt folgte ihm.
    Elloa stieß einen unterdrückten Schrei aus und fasste sich ans Herz, als sie Daa'tan erkannte. Jetzt gab es keinen Zweifel mehr: Er war es wirklich! Obwohl er viel älter aussah als an jenem Tag, da man ihn betäubt und in den Kerker gesperrt hatte. Wie konnte es sein, dass ein Mensch innerhalb so kurzer Zeit derart alterte? Und sein Begleiter war der Daa'mure, jenes schuppige Monstrum, das die Kaiserlichen zusammen mit Elloas ehemaligem Gatten eingekerkert hatten.
    »Hab ich dich also doch noch erwischt«, feixte Daa'tan. Er trug sein kostbares Schwert und ein schwarzes, längliches Futteral an seinem Gürtel. Er kam heran, bis zu dem Bruchstück, auf dem sie saß. »Was für eine Freude, dich wieder zu sehen.« Er blieb stehen und stemmte grinsend die Fäuste in die Hüften. Elloa war überzeugt davon, dass er sie töten würde. »Du verfluchtes Biest!«, blaffte er. Elloa zuckte zusammen. »Du weißt, was dich jetzt erwartet, nicht wahr?«
    Elloa begann zu zittern. Pilztentakel wuchsen rund um ihren ehemaligen Gatten aus der weißgrauen Masse. Sie umringten Daa'tan, schwankten, pendelten hin und her, und fast sah es aus, als würden sie ihm zuwinken, ihm huldigen, sich vor ihm verbeugen. Elloa starrte das scheußliche Schauspiel an und rang um ihre Fassung. Das Schuppenmonster hinter Daa'tan blieb stumm. Dieser Kerl machte ihr fast noch mehr Angst. Tränen schossen aus ihren Augen.
    »Hör auf zu heulen, du Biest!«, fuhr Daa'tan sie an. Von jetzt auf gleich verwandelte sich seine feixende Miene in eine Maske der Wut und des Hasses. »Weg mit den Tränen! Spitz die Ohren und hör zu, verfluchte Schlampe!« Elloa wischte sich die Tränen ab, schluckte und wurde ganz steif.
    »Nicht mehr lange und man wird dich hier finden. Du wirst einem blonden Kerl begegnen, einem Weißen. Eine weiße Frau wird bei ihm sein, mit Zeichnungen auf ihrem nackten Körper, mit blauschwarzen Locken und hundertmal schöner als du. Hast du das verstanden?«
    Elloa nickte hastig. Kaum traute sie ihren Augen, als Daa'tan die Arme ausstreckte und die pendelnden Tentakel zu streicheln begann, die ihn umgaben. »Du wirst den beiden eine Nachricht von mir ausrichten. Sag ihnen, ich hätte ihren weißhaarigen Albino-Freund in meiner Gewalt. Wenn sie zweifeln, erklär ihnen, dass mein mächtiger Verbündeter, der überall gleichzeitig sein kann, ihn gefangen hat.« Er lächelte auf die Tentakel herab, fast zärtlich streichelte er sie nun. »Von ihm weiß ich auch, an welcher Stelle des Dschungels und in welchem Dorf er gerade zu verdursten droht. Hast du das alles verstanden?«
    Elloa nickte hastig. Daa'tan verlangte von ihr, seine Botschaft Wort für Wort zu wiederholen. Als er zufrieden war, deutete er auf sie, und einer der Pilztentakel kippte gegen das Trümmerteil, auf dem sie saß, und begann zu ihr hinauf zu wachsen.
    »Wir werden jetzt zu diesem Dorf aufbrechen«, fuhr Daa'tan fort. »Wenn die beiden ihn noch retten wollen, sollten sie sich beeilen.«
    Daa'tan und das Schuppenmonster hinter ihm drehten sich um. Durch die Lücke im Pilzgewucher stapften sie zurück in den Wald. »Wartet doch, wartet…!«, rief Elloa ihnen hinterher. Panik hatte sie ergriffen, weil der Pilz ihre Beine umschlang. »Bitte…!« Sie schrie und weinte und wusste sich nicht zu helfen.
    Elloa stach nach der Ranke, versuchte sie durchzuschneiden, doch das Pilzgewebe bildete neue Fäden aus und hielt ihren Arm und den Dolch fest.
    Irgendwo im Nachthimmel brummte ein Motor. Licht fiel plötzlich auf die Ruine der Stadt. Die Silhouette eines flachen, silbernen Luftschiffes schob sich über die Trümmer. Elloa wollte schreien, doch der Pilz verschloss ihr Mund und Nase. Schon schwand ihr das Bewusstsein.
    ***
    Hoch über Wimereux-à-l'Hauteur
    Thgáan kreiste am Nachthimmel. Die Mondsichel senkte sich bereits dem Horizont entgegen. Er wusste, dass die Überlebenden tief unter ihm in der abgestürzten Stadt schrien und jammerten, doch er hörte sie nicht. Hier herauf, wo er mit kräftigen Schwingenschlägen und in majestätischer Ruhe seine Kreise zog, drang kein

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