248 - Entfesselte Gewalten
bewiesen, dass er trotz allen Schmerzes und der erlittenen Verluste schon wieder in die Zukunft blicken konnte. »Sobald die Verletzten versorgt sind, werden wir nach Toulouse-à-l'Hauteur umziehen«, verkündete er. »Es wird ohnehin höchste Zeit, dort einmal aufzuräumen und die Umtriebe der Mistress Crella Dvill zu beenden.«
Matt konnte ihm nur beipflichten, eingedenk dessen, was er und Rulfan dort erlebt hatten. Er wunderte sich nur darüber, dass de Rozier das nicht längst schon erledigt hatte. Nun, lieber spät als nie…
»Sobald wir in Toulouse-à-l'Hauteur sind, werde ich mich an die Arbeit machen und eine neue Wolkenstadt konstruieren«, fuhr der Kaiser fort und fügte hinzu: »Eine neue Generation von Wolkenstädten, die gegen Angriffe wie den heutigen gewappnet sind. Lernen wir aus den Fehlern der Vergangenheit, um uns eine bessere Zukunft zu bauen!«
Gern wären Matt und Aruula sofort aufgebrochen, um nach Rulfan zu suchen. Elloa hatte es in aller Deutlichkeit gesagt: Wenn sie ihn nicht bald fanden, würde der Freund sterben! Und natürlich mussten sie sich Daa'tan und seinem daa'murischen Komplizen stellen. Aber solange es Verwundete aus den Trümmern zu bergen galt, wurden sie beide hier noch gebraucht.
Während der Kaiser Boten entsandte, um Hilfe bei den anderen Wolkenstädten anzufordern, ließ Matthew erneut den Gleiter aufsteigen. Effektiver als mit jeder Roziere konnte er, auf einem Magnetfeld schwebend, Trümmer anheben und Überlebende an Bord nehmen. Victorius stand in der offenen Luke und unterstützte ihn dabei. Aruula half derweil den Frauen, Vorräte aus der havarierten Stadt zu bergen.
Matt ließ sich von Victorius auf der Karte die Position zeigen, an der er Rulfan vor Wochen abgesetzt hatte. Dort wollten sie mit Kurs auf Taraganda mit der Suche beginnen. Angesichts des dichten Dschungels eine fast unlösbare Aufgabe. Aber natürlich würden sie sich ihr stellen. Sie hatten keine Wahl.
***
Alle vier oder fünf Atemzüge gab ihm der Daa'mure zu trinken. Nach und nach verzog sich der Nebel aus Rulfans Bewusstsein, und mit dem Nebel die Gleichgültigkeit.
»Gebt auch meinen Gefährten zu trinken«, krächzte Rulfan, als seine Zunge ihm endlich wieder gehorchte. Jedes Wort bereitete ihm Schmerzen.
Weder der gealterte Daa'tan, noch sein echsenartiger Gefährte antworteten. Stumm musterten sie den Albino. Beider Augen kamen Rulfan eiskalt vor. Wieder reichte die schuppige Hand ihm den Wasserschlauch. Der weißhaarige Mann aus Euree trank gierig. Und schon entzog ihm die Hand den Schlauch wieder.
Von jetzt auf gleich fiel ihm der Name des Daa'muren ein: Grao'sil'aana.
»Den anderen auch«, krächzte Rulfan. »Gib auch ihnen zu trinken, bitte…«
Daa'tan grinste. Ranken wucherten aus der Baumkrone herab, unter der das riesige schwarze Wesen gelandet war. Ein Todesrochen, schoss es Rulfan durch den Kopf. Nicht weit vom Dorf der Waldwilden entfernt und inmitten eines Pilzfeldes war er auf einer Lichtung an einem Fluss niedergegangen. Der Pilz machte keine Anstalten, anzugreifen. Er steht mit Daa'tan im Bunde, schoss es Rulfan durch den Kopf.
Die Ranken und Fasern aus dem Baum schlangen sich um seine Beine und Arme. Sie fesselten ihn, bis er seine Glieder nicht mehr bewegen konnte. Aus den Augenwinkeln beobachtete der Albino, wie das wuchernde Gestrüpp auch Lay und Zarr einschnürte. Er begriff, dass Daa'tan auch den Baum beherrschte. Er benutzte ihn, um sie zu fesseln. Natürlich – Maddrax' Sohn hatte ja Macht über Pflanzen.
»Du musst ihnen zu trinken geben, Daa'tan«, krächzte er wieder. »Sie werden sonst verdursten.«
»So? Muss ich das?« Breitbeinig stellte Daa'tan sich zwischen Rulfans Geliebte und den Zilverbak.
»Lay bekommt ein Kind. Es wird sterben, wenn sie nicht schnell zu trinken bekommt.«
»Und was geht mich das an?«
»Bitte…«
»Du machst dir Sorgen, wie mir scheint.« Daa'tan lächelte völlig entspannt. »Und glaube mir – du machst dir zurecht Sorgen.«
Grao'sil'aana stand auf, schob Daa'tan beiseite und kniete neben Rulfans schwarzer Geliebten nieder. Er hob ihren Kopf an und tränkte auch sie.
»Was fällt dir ein, Grao?« Daa'tan legte seine Rechte auf den Knauf seines prachtvollen Schwertes, aber er zog es nicht. Zumindest vor dem Daa'muren schien er so etwas wie Respekt zu haben.
Der Echsenartige wandte nur kurz den Kopf und fauchte ein paar Worte, die Rulfan nicht verstand. Doch als Grao'sil'aana Anstalten machte, auch dem
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