248 - Entfesselte Gewalten
verlangt nach dir.«
An ihr vorbei huschte Pilatre de Rozier in das Fluggerät. Aruula wandte sich an ihren Gefährten. »Uns beide will sie ebenfalls sprechen, Maddrax.«
»Uns?«, wunderte sich Matt. »Aber wir kennen sie doch gar nicht.«
»Sie sagt, sie habe eine Botschaft von Daa'tan für uns…«
***
Der Kaiser ließ einen Sessel in das eilig errichtete Zelt bringen. Dort hinein half er Elloa, als sie wieder vollständig zu sich gekommen war. Matt Drax musste de Rozier nicht lange beobachten, bis er durchschaute, was mit ihm los war: Sein Mienenspiel, seine Gestik und seine Stimme waren die eines verliebten Mannes; sogar noch angesichts der sie umgebenden Konfusion. Persönlich fächelte er der schwarzen Schönheit Luft zu, während sie erzählte.
»Plötzlich stand er vor mir«, berichtete Elloa mit schwacher Stimme. »Ich erkannte ihn gar nicht sofort, er hat sich sehr verändert. Er ist älter geworden, möchte ich sagen. Auch wenn es sich unglaublich anhört.« Mit großen Augen blickte sie in die Runde.
»Du irrst dich nicht, cherie«, sagte de Rozier. Er blickte zu Matt und Aruula. »In den letzten Wochen hat Daa'tan einen… Entwicklungsschub gemacht, wie der Daa'mure es nannte. Die Ärzte vermuten, dass es mit seinen Pflanzenkräften zusammenhängt. Er hatte sich in Sand und Decken eingehüllt wie in einen Kokon, und als er wieder zu sich kam, war er um gut fünfzehn Jahre gealtert.« Der Kaiser schüttelte sich, als ihn die Erinnerung überkam. »Qui sait… vielleicht hat er dabei neue Kräfte entwickelt, für die wir nicht gewappnet waren.«
»Was hat er gesagt?«, wollte Matt von Elloa wissen. Er hielt Aruulas Hand fest.
»Er bedrohte mich.« Elloa biss sich auf die Unterlippe. »Und dann war da noch dieses Schuppenmonster bei ihm. Ich hatte solche Angst…« Tränen schossen ihr aus den Augen. Sofort war der Kaiser mit einem Taschentuch zur Stelle und wischte ihr die Tränenspuren von den Wangen.
»Er bedrohte dich?«, wunderte sich Aruula. »Hatte er denn einen Grund dafür?«
»Dieser Unmensch braucht keinen Grund, um zu töten! Allen Frauen des Harems hat er die Kehlen durchgeschnitten!«
»Was sagst du da?« Der Kaiser wurde aschfahl. »Ist das wirklich wahr?«
»Aber ja, mein Geliebter! Er oder sein Schuppenmonster. Nur Babagaya, Naakiti und ich konnten entkommen.«
Der Kaiser sank auf einen Stuhl und schlug die Hände vors Gesicht. Elloa langte hinüber, streichelte seine Wange und sagte: »Armer Pilatre, wenigstens hast du mich noch.« Er nahm ihre Hand, bedeckte sie mit Küssen und hielt sie fest.
»Er hat alle Frauen des Kaisers grundlos getötet?« Aruula schüttelte ungläubig den Kopf. »Das kann doch nicht sein«, flüsterte sie fassungslos.
Matt, der merkte, wie sehr sie unter dem Bericht der künftigen Kaiserin litt, zog sie an sich und drückte sie. »Was hat er gesagt?«, fragte er zum zweiten Mal. »Was sollst du uns ausrichten?«
»Sie sind uns gefolgt, Daa'tan und sein grässliches Schuppenmonster. Plötzlich standen sie im Dschungel vor uns«, erzählte Elloa weiter. »Ich dachte, meine letzte Stunde hätte geschlagen. Zuerst tötete er Babagaya und Naakiti. Ich hatte schon mit meinem Leben abgeschlossen… doch dann verschonte er mich. Weil ich eine Nachricht überbringen sollte. Einem blonden Weißen und einer schwarzhaarigen weißen Frau mit Zeichnungen auf ihrem Körper, die bald hier eintreffen würden.«
Matt und Aruula sahen einander an. Kein Zweifel – damit waren sie gemeint. Aber wie hatte Daa'tan wissen können, dass sie zu ihm unterwegs waren?
»Weiter!«, verlangte Matt Drax.
»Die Botschaft lautet, dass er euren weißhaarigen Albino-Freund in seiner Gewalt hat –«
»Rulfan?!«, entfuhr es Matt. Ein Blitz schien durch seinen Körper zu fahren.
»Er nannte den Namen nicht«, sagte Elloa. »Wenn ich alles richtig verstanden habe, hält sein Verbündeter den Mann in einem Dorf im Dschungel gefangen. Ich glaube, er meinte den Pilz damit. Angeblich ist der Albino schon halb verdurstet. Euch bleibt nicht viel Zeit, um ihn zu finden.«
Eine Falle, dachte Matt sofort, sprach es aber nicht aus.
»Das war alles«, schloss Elloa ihren Bericht. »Danach verschwanden er und das Schuppenmonster im Dschungel.« Sie wandte sich an Pilatre de Rozier. »Wie schrecklich das alles ist! Wo sollen wir nun heiraten? Wo sollen wir in Zukunft wohnen?«
Der Kaiser richtete sich auf und blickte in die Runde. Seine nächsten Worte waren an alle gerichtet, und sie
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